Unzureichende Betäubung:Neue Mängellisten

Bruck: Aussenansicht Schlachthof

Nur für die Jahre 2007 bis 2017 gibt es angeblich noch Unterlagen zu Schlachthof-Kontrollen, für die Zeit vorher ist die Aufbewahrungsfrist abgelaufen.

(Foto: Johannes Simon)

Kontrolleure stellten im Brucker Schlachthof immer wieder Defizite bei Hygiene und Betäubung fest, was Unterlagen der Kreisbehörde auch für die Jahre 2007 bis 2012 aufzeigen. Schon vor längerer Zeit bat der Tierarzt um Verstärkung

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Defizite bei der Hygiene und Betäubung von Tieren beanstandeten amtliche Kontrolleure im Brucker Schlachthof auch im Zeitraum von 2007 und 2012. Bei einer Untersuchung wurde gerügt, dass Metzger bei der Tötung von Rindern selbst in Gefahr sind, weil der Raum so eng sei. Das geht aus neuen Mängellisten hervor, die das Landratsamt Fürstenfeldbruck der SZ zur Verfügung stellte. Die Verstöße wurden von den Behörden jedoch als geringfügig eingestuft, so dass die Zulassung nie gefährdet war. Erst aufgrund der Vorfälle, die die Soko Tierschutz auf Video dokumentierte, hat die Kreisbehörde den Betrieb vorläufig untersagt.

Insgesamt liegen damit Mängellisten aus den Jahren 2007 bis 2017 vor. Sie umfassen die Ergebnisse von Kontrollen des amtlichen Tierarztes der Hygiene- und Prüf GmbH (HP), die vom Landkreis beauftragt war, sowie des Veterinäramtes, der Regierung von Oberbayern und des Bayerisches Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL).

Bei fast allen aufgeführten Kontrollen gab es Beanstandungen, die sich in drei Kategorien aufteilen lassen: Probleme bei der Hygiene, unzureichende Betäubungen und bauliche Mängel. Regelmäßig, teilweise im Monatsrhythmus, verfassten die Kontrolleure ein Mängelprotokoll, oft mit Fristsetzungen und mündlichen Anordnungen. Allerdings wurden auch Kleinigkeiten wie nicht geleerte Papierkörbe registriert, wie Ines Rollecke, Pressesprecherin des Landratsamtes betonte. Unterlagen aus den ersten zehn Jahren existieren angeblich nicht mehr, weil die zehnjährige Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist.

In der Mängelliste von 2007 bis 2012 ist davon die Rede, dass das "Eigenkontrollsystem unvollständig" sei oder der "Plan für Eigenkontrollen" nicht eingehalten werde. Der amtliche Tierarzt notierte "altverschmutzte" Messer, Fliesen und Oberflächen der Brühanlage, nicht richtig gereinigte Abflüsse, verschmutzte Schürzen im Hygienebereich sowie eine defekte Stiefelwaschanlage oder, dass saubere und schmutzige Kleidung "unzureichend" getrennt würden. Oder Metzger benutzten den Notausgang als Abkürzung und umgingen dabei die Hygieneschleuse. Mängel bei der Betäubung sind für die Jahre 2007 und 2008 vermerkt. Bei Rindern sei diese "in mehreren Fällen nicht vollständig wirksam" gewesen. In einem Befund ist über Schweine vermerkt: "Betäubung fraglich, da bei einigen Tieren mehrfach positive und deutlich ausgeprägte Schmerzreflexe zu verzeichnen waren." Schafe wurden mit Zangen für Schweine betäubt. Positiv bewertet und gelobt wurde die Betäubungspraxis hingegen in Berichten aus den Jahren 2010 und 2011.

Als Reaktion auf die Vorwürfe der Soko Tierschutz hatte das Landratsamt kurz vor der Schließung des Betriebes Anfang Mai 2017 angeordnet, dass ein zweiter Tierarzt an jedem Schlachttag anwesend sein müsse. Bereits im Juni 2007 hatte der amtliche Tierarzt um Verstärkung gebeten: Weil kontinuierlich Schweine angeliefert würden, müsse er seinen Arbeitsplatz bei der Fleischuntersuchung mehrmals verlassen, um die Schlachttiere zu untersuchen. Wegen des engen Zeitplans und der baulichen Situation könne er aber seine komplette Schutzkleidung nicht wechseln. Die Betäubung der Schweine könne er nur am Anfang beobachten und die Kennzeichnung und Lagerung von tierischen Nebenprodukten nicht "engmaschig kontrollieren".

Im November 2009 stellte eine "Spezialeinheit" des LGL und der Regierung geringe bauliche und hygienische Mängel fest und vermerkte, dass eine Fressstelle für Tiere, die über Nacht im Stall stehen mussten, fehle. Bei einem Audit der Firma HP vom August 2011 ist die Rede davon, dass Häute auf dem Boden lagen und Dachfenster ohne Fliegengitter offen standen. "Aufgrund der räumlichen Enge gestaltet sich die Durchführung des Bruststichs als äußerst gefährlich für die durchführende Person", heißt es weiter.

Ziemlich eklig muss es in der Kadaversammelstelle ausgesehen haben, als Kontrolleure der Regierung im Oktober 2011 vorbeischauten. Dort stünden Tonnen mit Därmen und Rinderköpfen: Deckel seien wegen der Gärung schon aufgedrückt. Darmpakete lägen auf dem Fußboden und es herrsche ein "übler Fäulnisgestank". Die Betäubung lobten die Prüfer zwar als "ruhig und routiniert", fanden aber auch Hinweise auf eine unzureichende Betäubung von Tieren.

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