Ungewöhnliche Mission:Testgelände Olchinger See

Mit dem Seehamster fischt Günther Bonin Algen aus dem Gewässer. Auf den Weltmeeren bringt er ein größeres Gefährt zum Einsatz: Die Seekuh soll dort Plastikmüll aus dem Wasser holen

Von Christian Lamp, Olching

Der Seehamster von Günther Bonin hat ganze Arbeit geleistet. Am Olchinger See waren die für die Wasserqualität zwar unbedenklichen, aber ästhetisch störenden Schlammfladen und Algen an der Seeoberfläche in diesem Jahr nicht zu sehen. Der See bekam deshalb bei den Tests durch das Gesundheitsamt Fürstenfeldbruck in diesem Jahr eine "einwandfreie Wasserqualität" bescheinigt. Außerdem wurden während der Messungen Sichttiefen bis auf fünf Meter bei einer Gesamttiefe des Sees von sechs bis sieben Metern festgestellt.

Mit Günther Bonin arbeitet die Stadt Olching seit dem Jahr 2014 auf jährlicher Vertragsbasis zusammen, wie Pressesprecherin Julia Henderichs berichtet. Bonin ergänzt, dass die Zusammenarbeit auf Auftragsbasis geschehe. Je nach Verschmutzung würde der Einsatz seines Seehamsters mehr oder weniger regelmäßig angefordert. Besonders die "älteren Damen und Herren" würden sich, so Bonin, an den Schlammfladen und Algen stören. Der Seehamster fischt bis zu einer Tiefe von zehn Zentimetern die Wasseroberfläche ab. Das reiche auch völlig aus, die Algen trieben zur Fotosynthese an die Oberfläche und könnten deshalb problemlos mit dem kleinen Seehamster abgefangen werden, erläutert Bonin. Der See würde dadurch heller werden, möglicherweise sei auch die Sichttiefe darauf zurückzuführen. "Mehrere Tonnen" Algen holt das kleine Boot seinen Aussagen zufolge aus dem Olchinger See heraus. So lange, bis das Budget, das Henderichs auf ungefähr 24 000 Euro brutto im Jahr veranschlagt, aufgebraucht sei.

Germering: GÜNTHER BONIN - One Earth - One Ocean

Seehamster im Einsatz: Günther Bonin auf seinem Müllsammelschiff

(Foto: Johannes Simon)

Im Vergleich zu Bonins Ambitionen sind das aber Peanuts. Die Seekuh, die nach demselben Prinzip statt Algen Plastik aus den Weltmeeren fischen soll, hat etwa 400 000 Euro gekostet, die von einem Sponsor übernommen wurden. Der zwölf mal zehn Meter große Katamaran ist ein Forschungs-, Reinigungs- und Aufklärungsschiff in Sachen Plastikmüll auf den Weltmeeren. Es funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie der Seehamster. Zwischen den beiden Rümpfen ist ein speziell entwickeltes Netz mit zweieinhalb Zentimeter großen Maschen befestigt, das Plastikmüll in bis zu vier Meter Tiefe einholen kann. Pro Fahrt beziehungsweise Netz lassen sich derzeit laut Bonin bis zu zwei Tonnen Müll einsammeln.

"In den nächsten Wochen" soll die Seekuh von der See-Berufsgenossenschaft abgenommen werden, sagt der Germeringer der SZ. Zwei Monate lang geht sie auf Testfahrt in die Ostsee, im Winter wird sie dann nach Asien verschifft. Das soll nur der Anfang sein. Seekühe sollen das Plastik sammeln und zu einem Sammelschiff transportieren, das Plastik direkt vor Ort weiterverarbeiten kann: den Seeelefanten. Bonin schätzt die Kosten auf 20 bis 25 Millionen Euro, aber es sei bereits ein Sponsor gefunden, den er nicht nennen will. Ein etwa 130 Meter langer Containerfrachter würde so zur "maritimen Müllabfuhr" umfunktioniert werden.

Seekuh von vorne

Auf den Meeren daheim: Bonins Seekuh, ein Forschungs-, Reinigungs- und Aufklärungsschiff

(Foto: Picasa/oh)

Der Seeelefant soll nach einem modularen Baukastenprinzip konstruiert werden: Wohnquartiere, Wassertanks, Wärmetauschanlagen und schließlich auch das Kernstück, die Verölungsanlage, sollen in eigenen Containern Platz finden. Durch die Verölungsanlage kann circa die Hälfte des gesammelten Plastiks zu schwefelfreiem Öl weiterverarbeitet werden. Eine solche Anlage lässt sich laut Bonin auf vier Container verteilen und sei in der Lage, pro Tag zehn Tonnen Plastik zu verarbeiten. Damit sollen die Seekühe direkt wieder betankt werden. Das sei weniger umweltschädlich und zudem auf diese Art billiger in der Herstellung als das in der Schifffahrt üblicherweise verwendete Schweröl. Das restliche Plastik soll laut Bonin sortiert als "Social Plastic" wieder an Land abgegeben werden. Damit lassen sich umweltfreundlich Kleidungsstücke, Tragetaschen oder Verpackungsmaterialien herstellen.

Die Recyclingflotte soll sich dadurch finanzieren, für reiche Hafenstädte wie Hong Kong, Singapur oder Shanghai direkt im Hafen das Plastik abzunehmen, weiterzuverarbeiten und wieder mit Gewinn zurückzuverkaufen. Und auf Lastwägen könnten die Anlagen, da sie in Containern untergebracht sind, in technikärmere Gegenden ins Landesinnere transportiert werden. Das Konzept sei eine "mobile Lösung für unser Müllproblem", wie Bonin euphorisch meint.

Diese lukrativen Kooperationen könnten schließlich die zumindest momentan finanziell nicht rentable Säuberung der Weltmeere finanzieren. Ohne finanzielle Tragfähigkeit geht nichts, irgendwer müsse dafür aufkommen. Und wer bezahle schon freiwillig die Reinigung von Meeresflächen, die weit weg von den Küsten sind? Aber wenn Bonin ins Erzählen kommt, klingt das alles sehr einfach und vor allem: sehr machbar.

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