UMSTRITTENER SUPERMARKT:Bausünde am Ortseingang

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Bei einem Bürgerentscheid stimmen die Eichenauer über das geplante Einkaufszentrum ab. (Foto: Entwurf: Höldrich Architekten/oh)

"Abstimmung über Supermarkt" (16. April)

Das Bauvorhaben weist Mängel beziehungsweise Unstimmigkeiten auf, die in der Präsentation leichtfertig übergangen beziehungsweise beschönigt wurden. Stellvertretend für viele Problempunkte greife ich einen einzigen heraus. Die Pseudo-Tiefgarage: Der Architekt stellte die sogenannte Tiefgarage in halbabgesenkter Form vor, das heißt, die Garage ragt 1,30 Meter über das Straßenniveau heraus. Begründung: Eine von natürlichem Licht "durchflutete" Garage wird von Kunden besser akzeptiert.

Der wahre Grund: Eine völlig abgesenkte Tiefgarage würde in unserer Gegend die Baukosten wesentlich verteuern, da das Untergeschoss ja wasserdicht und wegen des enormen Grundwasserdrucks hocharmiert ausgeführt werden müsste. Außerdem würden durch die verlängerten Ein- und Ausfahrtsrampen diverse Parkplätze - es sind sowieso zu wenige - wegfallen. Eine weitere Verteuerung entstünde durch aufwendige Be- und Entlüftungsanlagen.

Konsequenz: Der ganze Baukörper wird sehr wuchtig und der Zugang ist nicht ebenerdig. Frage: Kennen Sie einen modernen Supermarkt, dessen Verkaufsraum man über eine der Witterung ausgesetzte, achtstufige Freitreppe oder eine 12 bis 15 Meter lange, ungeschützte Rampe erreichen muss? Scheinbar gibt es für den Architekten in unserer Region keinen Regen oder Schnee.

Baugröße: Um die wahre Dimension des Bauvorhabens zu kaschieren, hat man bei allen Präsentationen das Gebäude in Vogelperspektive dargestellt. Ein begrüntes Dach zur "Staubbindung" soll dabei Umweltverträglichkeit vorgaukeln. Tatsache: Stellen Sie sich vor, sie kommen von Süden auf der Staatsstraße 2069. Am Ortseingang von Eichenau empfängt sie inmitten der üblichen Wohnbebauung ein 7,30 Meter hohes Gebäude, das an einen wuchtigen, stumpfen Schiffsbug erinnert. Am nördlichen Ortseingang befindet sich mit dem "Schlegel-Hochhaus" bereits eine Bausünde, anscheinend benötigt man am südlichen Ortseingang eine weitere.

Walter Bauer, Eichenau

Baugrund für Projekt ungeeignet

Das für den Edeka-Supermarkt vorgesehene Tankstellengrundstück besitzt Dreiecksform und hat circa 2700 Quadratmeter Fläche. Es soll dabei nahezu völlig überbaut werden.

Bei genauer Betrachtung ist dieses Grundstück sowohl in Form als auch in Größe für einen sogenannten Vollsortimenter moderner Prägung nicht geeignet, da die erzielbare Verkaufsfläche von 1100 Quadratmetern den heutigen Bedürfnissen eines Einkaufserlebnisses nicht gerecht werden kann. Moderne Vollsortimenter verfügen üblicherweise weit über 2500 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Einen gravierenden Mangel stellt das Fehlen jeglicher Oberflächenparkplätze dar. Die vorgesehene Tiefgarage bietet lediglich 59 Stellplätze. Zum Vergleich: Aldi verfügt über 110 Parkplätze. Alle Kunden, die nur schnell etwas besorgen wollen, werden die Tiefgarage nicht annehmen. Ebenso ist allgemein bekannt, dass Frauen nur ungern in Tiefgaragen fahren. Daher wird sich die schon heute angespannte Parksituation gerade in den umliegenden Nebenstraßen noch weiter verschärfen.

Vorhersehbar sind auch die Verkehrsprobleme im Bereich der Hauptstraße (Staatsstraße 2069). Aus Platzgründen können keinerlei Abbiegespuren für die Tiefgarage als auch für die Lastwagen-Ausfahrt realisiert werden. Das führt zwangsweise bei jedem abbiegenden Fahrzeug zu einem Rückstau auf der Staatsstraße. Bei einer Verkehrsfrequenz von 13 000 Kraftfahrzeugen pro Tag sind chaotische Zustände vorprogrammiert.

Vorgestellt wurde uns der Baukörper mit umlaufender Glasfassade. Rein optisch und aus Kostengründen mag dies zunächst zweckmäßig erscheinen. Der Architekt hat dabei nicht berücksichtigt, dass der gesamte Verkehrslärm an der Glasfront völlig reflektiert wird. Für die Anwohner der Haupt- und Allinger Straße bedeutet dies einen weiteren Anstieg der Schallbelästigung im Wohngebiet.

Weiterhin plant man sämtliche Lüftungs-, Klima- und Kühlaggregate (24-Stunden-Betrieb ) im Dachbereich der Nordseite zu installieren. Dass sich hier aber unmittelbar Wohnhäuser anschließen, hat man unberücksichtigt gelassen. Ein weiteres Problem stellt die Versickerung des Regenwassers auf dem nahezu völlig überbauten Grundstück dar, da für Sickerschächte und -kanäle keinerlei Platz vorhanden ist.

Für die Planung des Edeka-Markts hat die Gemeinde rein vorsorglich für Zehntausende von Euro Gutachten erstellen lassen ( Schall-, Verkehrs-,Verträglichkeitsgutachten ). Erwartungsgemäß haben alle Gutachten ergeben, dass sowohl der Standort verträglich ist, als auch alle Grenzwerte nicht überschritten werden. Dabei hat man aber den gesunden Menschenverstand außer Acht gelassen. Scheinbar wurden auch hier die Gutachten nach dem Motto "Wes' Brot ich ess', des' Lied ich sing" erstellt.

Abschließend muss man noch den negativen Einfluss auf die Ortsstruktur anführen: Durch die Ansiedlung eines Supermarkts am südlichen Ortsrand bildet sich ein Versorgungs-Nebenzentrum (Aldi, dm, Edeka) aus. Dies ist aus Sicht einer Städteplanung nur für selbstständige Stadtviertel sinnvoll.

Für Eichenau bedeutet dies aber eine massive Konkurrenzsituation für den Ortskern und muss entschieden abgelehnt werden.

Gabriele Krmek, Eichenau

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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