Überteuere Miete in Wolfratshausen:Schlechtes Geschäft

Überteuere Miete in Wolfratshausen: Königlich bayerisch gerechnet: Das Vermessungsamt neben dem Rathaus.

Königlich bayerisch gerechnet: Das Vermessungsamt neben dem Rathaus.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Stadt Wolfratshausen zahlt für eine Etage des Alten Vermessungsamts mehr, als sie fürs ganze Haus an Pacht einnimmt.

Von Matthias Köpf

Die Stadt Wolfratshausen mietet sich im ersten Stock des Alten Vermessungsamts direkt neben dem Rathaus ein. Das viergeschossige Haus am Untermarkt gehört ihr selbst, allerdings hat sie es 2011 für 99 Jahre in Erbpacht an den Investor Jürgen Kindervater übergeben, der so lange alle Rechte und Pflichten eines Eigentümers hat. Alleine für die erste Etage wird die Stadt an Kindervater in Zukunft mehr Miete bezahlen, als sie von ihm für das gesamte Gebäude an Pacht erhält.

Bürgermeister Helmut Forster (BVW) wollte zu diesem Geschäft bisher nicht öffentlich Stellung nehmen. Am Mittwochabend informierte er die Mitglieder des Bauausschusses hinter verschlossenen Türen darüber. Den Mietvertrag hatte er allerdings nach SZ-Informationen schon am vergangenen Freitag unterschrieben, was den Zorn einiger Ratsmitglieder in der Sitzung nicht verkleinerte.

Insbesondere aus den Reihen der SPD soll es heftige Kritik gegeben haben. Von den Stadträten will jedoch niemand offen zu dem Thema Stellung nehmen, weil der Bürgermeister derlei Vertrags- und Immobilienfragen grundsätzlich als nicht öffentlich einstuft und in früheren Fällen mit harten Konsequenzen gedroht hat, wenn Stadträte gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen, die mit dieser Einstufung einhergeht. Zugleich waren vor der Sitzung allem Anschein nach keineswegs alle Ausschussmitglieder auf dem gleichen Kenntnisstand. Während einige auf entsprechende Fragen vollkommen verblüfft reagierten, war das Schweigen anderer dazu eher beredt.

Für die 215 Quadratmeter im ersten Stock des Gebäudes zahlt die Stadt einen marktüblichen Mietpreis - also um einiges mehr als sie von Kindervater an Pacht für das ganze Haus erhält. Diese Pacht entspricht etwa der Wolfratshauser Durchschnittsmiete für eine Dreizimmerwohnung, wie es 2011 nach der Einigung mit Kindervater hieß. Nach damaligen Angaben hat der Investor etwa 1,2 Millionen Euro in die Sanierung des denkmalgeschützten Hauses gesteckt, in dessen zweiter und dritter Etage seit dem vergangenen September die Wolfratshauser SZ-Lokalredaktion ihren Sitz hat.

Die Stadt hatte vor der Vergabe an Kindervater mehrere Jahre lang nach einem Investor für das Haus gesucht, das sie für ihre eigenen Zwecke schon längere Zeit nicht mehr nutzen konnte, nachdem die Anforderungen an den Brandschutz und die Fluchtwege für öffentliche Gebäude verschärft worden waren. Eine Sanierung des zusehends verfallenden Gebäudes auf eigene Rechnung hatte die Stadt all die Jahre abgelehnt, weil ihr dazu das Geld fehlte. Angesichts der mittlerweile besseren Haushaltslage regt sich daran nun Kritik. In der Rückschau fühlen sich vor allem einige SPD-Stadträte bestätigt, die stets davor gewarnt hatten, die einzige Expansionsmöglichkeit direkt neben dem Rathaus überhaupt und dann gleich für 99 Jahre aus der Hand zu geben.

Die Stadtverwaltung hatte vor dem Erbpacht-Beschluss 2011 versichert, für den eigenen Bedarf auf absehbare Zeit keine neuen Flächen zu benötigen. Wenige Monate später begann die Diskussion über einen laut Stadtverwaltung schon seit Jahren dringend nötigen Neubau für das Stadtarchiv, der nun neben dem bisherigen Archiv nahe der Andreasbrücke am Loisachufer entstehen soll. In der frisch angemieteten ersten Etage des Alten Vermessungsamts will die Stadtverwaltung unbestätigten Angaben zufolge nun ihre Informationsverarbeiter und Computertechniker unterbringen.

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