Türkenfeld:Ritterspiele auf dem Dorfweiher

Seit 30 Jahren veranstalten die Türkenfelder ein Fischerstechen. Selbst die Übungsstunden geraten zum Spektakel.

Manfred Amann

Über den Dorfweiher, ein Fischgewässer, in dem sich im Sommer schon mal Jugendliche erfrischen, zieht kaum ein Lüftchen. Spiegelglatt zeigt sich die Wasseroberfläche. Es könnte eine richtige Idylle sein. Dieser Tage freilich bleibt es nicht lange ruhig in Türkenfeld. Am Sonntag wird der Dorfweiher Schauplatz des Fischerstechens sein, das die Freiwillige Feuerwehr in Türkenfeld seit nunmehr 30 Jahren organisiert. Was nicht heißen soll, dass es alljährlich stattfindet.

"Wir machen das wegen des großen Aufwands nur alle vier Jahre", erzählt Wilhelm Schauer, zweiter Kommandant der Feuerwehr, während sein Kollege Herbert Thalmayr vom Festausschuss die Anmeldelisten kontrolliert. In diesem Jahr findet das Fischerstechen zum sechsten Mal statt. Und damit die Protagonisten am Sonntag nicht sofort ins Wasser fallen, müssen sie üben. Eine ganze Woche lang gibt es dazu Gelegenheit.

Dem Spektakel ist seine Verwandtschaft zum klassischen Lanzenstechen aus dem Mittelalter nicht abzusprechen. Vier Ruderer und ein Steuermann - sie starten für den Schützenverein - setzen sich gerade ins Boot. Die Holzkähne schaukeln ein wenig. Türkenfelds Feuerwehrleute hatten sie eigens aus Laufen an der Salzach geholt, wo Fischerstechen häufiger veranstaltet werden. Mittlerweile haben sich schon zahlreiche Zuschauer eingefunden. Sie geben Ratschläge, feuern an oder machen einfach Brotzeit.

Während die einen versuchen, ihre Geschicklichkeit als Fischerstecher oder Ruderer zu verbessern, werden in einer Holzhütte Würstel gebraten. "Das wird jetzt jeden Tag so sein, bis zum Kampftag selbst", sagt Thalmayr. Die Übungswoche hat am Montag begonnen und dauert noch bis Samstag an (Beginn jeweils 17.30 Uhr). Für die Bewirtung ist an allen Tagen gesorgt.

Christof Widmann geht an Bord und klettert auf das Podest. Von dort aus soll er den Fischerstecher des Sportvereins mit einer Lanze vom Boot stoßen, das sich am anderen Ende des Weihers soeben in Position bringt. Sein direkter Rivale ist Julian Lampl, der noch etwas unsicher wirkt und nach Standfestigkeit sucht. Dann legen beide Boote ab. Die Steuermänner geben wie auf einer Galeere den Takt vor, denn je konzentrierter und geschlossener die Ruder ins Wasser staken, desto ruhiger gleitet das Boot, auf dem etwas erhöht die Lanzenstecher auf ihre Chance warten. "Ruder hoch", kommandieren die Steuerleute schließlich, als die Boote in der Weihermitte auf gleicher Höhe schwimmen.

Kaum sind die Ruder wie bei einem Spalier in der Senkrechten, heben die Stecher ihre Lanzen und beginnen einen Balanceakt, bei dem sie den Rivalen ins Wasser befördern wollen und gleichzeitig versuchen, selbst der gegnerischen Lanze auszuweichen und nicht das Gleichgewicht zu verlieren. "Solche Situation werden die Zuschauer am kommenden Sonntag oft erleben", verspricht Hauptorganisator Andreas Keller. Die Lanzenduelle sind es, die das Publikum sehen will.

Dass der Rahmen passt, dafür werden wir schon sorgen", sagt Keller noch. Nach dem Einmarsch der Gladiatoren um zwölf Uhr mittags wird zu den Wettkämpfen das Türkenfelder Blasorchester aufspielen. "Das wird sicher wieder eine Riesengaudi, weil das Orchester von einer Tribüne aus das Geschehen musikalisch kommentieren wird", erläutert Keller. Da werde dann schon Mal der "Alte Kamerad" gespielt, wenn der Fischerstecher des Veteranenvereins unfreiwillig ein Bad nehmen muss, oder "Schau hi, do liegt a toter Fisch im Wasser".

Trotz aller Gaudi werde aber eine Jury sehr genau darauf achten, dass alles nach den ausgegebenen Regeln abläuft, "denn schließlich geht es um Pokale und Gutscheine". Außerdem wollen Teilnehmer und Zuschauer am Sonntagabend noch gemeinsam feiern. Die Würstelbude wird dann zu später Stunde zur Bar und die ganze Gegend um den Weiher zur Feiermeile. In Türkenfeld können sie es kaum noch erwarten, bis es so weit ist. Auf der Internetseite fischerstechen-tuerkenfeld.de läuft eine Uhr mit und zählt die Tage, Stunden, Minuten und Sekunden bis Sonntagmittag.

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