Transparente Gemeinderat:Der gläserne Gemeinderat

Mehr Transparenz für den Bürger: Gröbenzell will die Sitzungsunterlagen ins Internet stellen. In Germering wird dieser Informationsservice bereits gut angenommen. Kleinere Gemeinden halten ihn für überflüssig

Von Gerhard Eisenkolb

Der neue Gröbenzeller Bürgermeister Martin Schäfer macht Ernst mit mehr Bürgernähe und Transparenz der Gemeinderatsarbeit. Von kommendem Juni an können sich die Gröbenzeller eine Kopie der kompletten schriftlichen Unterlagen der Verwaltung zu den jeweiligen Gemeinderatssitzungen im Rathaus abholen. Nach den Sommerferien soll es dann in einem zweiten Schritt ermöglicht werden, die Sitzungsvorlagen im Internet einzusehen. Damit soll erreicht werden, dass die Bürger den gleichen Informationstand haben wie der Gemeinderat. Interessierte könnten dann auf Augenhöhe mit den Kommunalpolitikern über Bauangelegenheiten oder Fragen der Ortsentwicklung diskutieren. Die Gemeinderäte hätten keinen Informationsvorsprung mehr. Germeringer können bereits seit einem Jahr die Sitzungsunterlagen im Internet einsehen und sich so umfassend über die Arbeit im Stadtrat informieren.

Eine bessere Bürgerbeteiligung und mehr Informationen waren im Gröbenzeller Kommunalwahlkampf von allen Gemeinderatsfraktionen und Spitzenkandidaten versprochen worden. Das neue Angebot ist auch eine Reaktion auf das große Interesse der Gröbenzeller an der Kommunalpolitik. Die Gröbenzeller mischten sich in der abgelaufenen Amtsperiode oft ein und setzte mit Protesten und Aktionen wiederholt durch, dass der Gemeinderat Entscheidungen revidierte. Allerdings werden die Unterlagen nur für öffentliche Tagesordnungspunkte und für solche Angelegenheiten zur Verfügung gestellt, die nicht dem Datenschutz unterliegen. Deshalb müssen vor der Freigabe der Unterlagen Namen und andere Angaben geschwärzt werden. Die Sitzungsunterlagen sind oft sehr umfangreich und von Verwaltungsmitarbeitern in einer Sprache verfasst, die für Laien nur schwer verständlich ist. Ohne Kenntnis der Vorlage ist es für Zuhörer, die nicht dem Gemeinderat angehören, oft fast unmöglich, den Diskussionen in den politischen Gremien zu folgen.

Wer gut informiert sein will, muss sich vorerst noch selbst ins Rathaus begeben. Laut Martin Schäfer können dort von Juni an die Unterlagen am Tag der jeweiligen Sitzung von zehn Uhr an im Bürgerbüro abgeholt werden. Der Bürgermeister geht jedoch davon aus, dass das Interesse der Gröbenzeller am normalen Geschäftsbetrieb im Rathaus nur sehr begrenzt sein werde. Deshalb rechnet damit, dass es nur bei bestimmten Themen wie der Ortsentwicklung, dem Verkehr, Schulangelegenheiten und der Planung für das Ortszentrum mit dem Schwerepunkt Bahnhofstraße eine größere Nachfrage nach den Vorlagen geben werde. Und der neue Bürgermeister weist auf Vorbehalte und Probleme technischer Art hin. Da auch die Gemeinderäte in Zukunft ihre Unterlagen über das Internet und nicht mehr in Papierform erhalten sollen, sei noch nicht geklärt, wie dieser Schritt mit der Bürgerinformation zu vereinbaren sei. In diesem Zusammenhang sei auch noch eine Reihe von datenschutzrechtlichen Fragen abzuklären.

Germering

Vielleicht kann die Gröbenzeller Verwaltung hier von den Erfahrungen in Germering profitieren. Die Stadt ist im Landkreis führend auf dem Gebiet der Bürgerinformation. Dort gibt es schon seit vier Jahren ein sogenanntes Ratsinformationssystem, über das die Stadträte ihre Sitzungsunterlagen und Ladungen erhalten. Dieses System wurde im April 2013 für die Bürger geöffnet. Das war laut Karl Raster, dem Leiter des Bürgermeisterbüros, nur noch ein kleiner Schritt. Letztlich habe es nur eines kleinen, weiteren Zusatzwerkzeugs bedurft, sagt Raster. Auch hohe Kosten seien damit nicht mehr verbunden gewesen. So weit es unter Wahrung des Datenschutzes möglich ist, können die Germeringer direkt auf Unterlagen zugreifen, die mit denen identisch sind, die an die Kommunalpolitiker gehen. Einen Nachteil hat das System. Die Verwaltungsvorlagen sind auf der Homepage der Stadt (www.germering.de) nicht leicht zu finden. Interessierte müssen auf der Startseite in der Rubrik "Veranstaltungen, Termine" den Hinweis "zum Sitzungskalender" anklicken, dort die gewünschte Sitzung aufrufen und dann auf der Tagesordnung die zu jedem Punkt extra aufgeführte Vorlage öffnen. Eine Stadträtin konnte sich die Prozedur nicht merken, sie ließ sich die Schritte in fast jeder Sitzung von der Verwaltung erklären.

Die hohe Zahl an Rückfragen ist für Raster ein Indiz dafür, dass dieses zuerst nur für Stadträte geschaffene Angebot auch von den Bürgern gut angenommen wird. Nur in welchem Umfang das geschieht, das kann der Leiter der Bürgermeisterbüros nicht mit Zahlen oder Klicks belegen. Laut Raster sind die Sitzungsunterlagen im Internet jedoch nur eine Ergänzung zum sonstigen breiten und niedrigschwelligen Informationsangebot der Stadt Germering.

Fürstenfeldbruck

In Fürstenfeldbruck sind seit einem Jahr unter dem Bürgerinformationsportal www.ffbinfo.de Stadtratsbeschlüsse zu finden. Inzwischen hat die Verwaltung ebenfalls damit begonnen, ein eigenes Ratsinformationssystem aufzubauen. Die ersten Stadträte sollen demnächst geschult werden. Hauptamtsleiter Roland Klehr hält eine Öffnung dieses Systems für Bürger für erstrebenswert, sofern die strikte Trennung zwischen öffentlichen und nicht öffentlichen Bereichen beibehalten wird. Da auch im Landkreis in den Verwaltungen der Trend in diese Richtung gehe, sei die Grundstimmung im Fürstenfeldbrucker Rathaus positiv. Aber bevor erste konkrete Schritte unternommen werden können, muss laut Klehr mit dem neuen Oberbürgermeister Klaus Pleil (BBV) und dann im Stadtrat über dieses Thema gesprochen werden.

Landkreis

Einen weiteren Schritt in Richtung mehr Offenheit und Transparenz der Kreistagsarbeit sieht auch die Geschäftsordnung des neuen Kreistags vor. Hier ist in der aktuellsten, noch vom Kreistag zu beschließenden Fassung die Möglichkeit vorgesehen, die in öffentlichen Sitzungen gefassten Beschlüsse künftig auch im Internet Interessierten zugänglich zu machen. Dies kann umgesetzt werden, sofern der Kreistag dem zugestimmt hat. Die Option, auch die oft sehr umfangreichen Sitzungsvorlagen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, stand im Landratsamt bisher noch nicht zur Diskussion. Eine von den Grünen beantragte Informationsfreiheitssatzung, nach der Bürgern Akteneinsicht im Landratsamt unter Berücksichtigung des Datenschutzes gewährt werden müsste, fand im alten Kreistag keine Mehrheit.

Mammendorf

In den acht Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf ist die Einbindung der Bürger in ein elektronische Rathausinformationssystem noch kein Thema. Laut dem neuen Mammendorfer Bürgermeister Josef Heckel (FW) sind für die nächste Zeit auch keine konkreten Schritte geplant. Und er verweist auf rechtliche Bedenken sowie darauf, dass in den kleineren Gemeinden nicht alle Ratsmitglieder mit den Feinheiten der elektronischen Datenverarbeitung vertraut seien.

VG-Geschäftsführer Robert Kaiser hält es noch nicht für erforderlich, den Bürgern kleinerer, überschaubarer Kommunen Sitzungsunterlagen im Internet zur Verfügung zu stellen. Er weist darauf hin, dass in den kleineren Gemeinden schließlich noch die direkte Kommunikation funktioniere. "Bürger, die etwas wissen wollen, gehen zum Bürgermeister oder in die Verwaltung und erhalten dort die entsprechenden Auskünfte", sagt Kaiser.

Allerdings wird bereits daran gearbeitet, zumindest den Gemeinderäten über das bestehende Dokumentenmanagementsystem der Verwaltungsgemeinschaft Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Ohne zu Ergebnissen zu kommen, wurde bereits über die Bekanntgabe von Beschlüssen oder Sitzungsprotokollen im Internet diskutiert. Kaiser hält einen solchen Schritt noch für zu aufwendig - und er weist auf ungelöste datenrechtliche Probleme hin. Im westlichen Teil des Landkreises müssen sich an der Gemeindepolitik Interessiert als wohl noch für längere Zeit auf Informationsmöglichkeiten wie Aushänge, Mitteilungsblätter und Presseberichte verlassen - oder selbst als Zuhörer die Beratungen verfolgen.

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