Tierschutz:Schlachthof in Fürstenfeldbruck stellt Betrieb ein

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  • Wegen des Vorwurfs der Tierquälerei stellt der Schlachthof in Fürstenfeldbruck vorübergehend den Betrieb ein.
  • Der verantwortliche Mitarbeiter soll freigestellt worden sein.
  • Die Vorfälle, die von einer Tierrechtsgruppe gefilmt wurden, sollen nun mit Hilfe des Veterinäramts und externer Experten geklärt werden.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Der Brucker Schlachthof stellt aufgrund der Vorwürfe der Tierquälerei seinen Betrieb vorübergehend ein. Zudem habe man den verantwortlichen Mitarbeiter freigestellt, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Um wen es sich handelt, wollte Geschäftsführer Max Keil nicht verraten. "Wir bedauern die Verfehlungen einzelner Mitarbeiter außerordentlich. Diese sind in keinster Weise zu rechtfertigen", heißt es in der Erklärung, die am Freitagnachmittag veröffentlicht wurde.

Zuvor hatte die Tierrechtsgruppe "Soko Tierschutz" dem Landratsamt das gesamte belastende Filmmaterial, auf das sich die Vorwürfe stützen, zur Untersuchung angeboten. Die Kreisbehörde hat bereits verfügt, dass bei weiteren Schlachtungen ein zweiter amtlicher Tierarzt zugegen sein muss.

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Der Schlachthof wolle während der vorübergehende Schließung mit Hilfe externer Experten und dem Veterinäramt eine "eingehende Schwachstellenanalyse" vornehmen, heißt es in der Pressemitteilung. Derzeit sei es noch nicht möglich, "belastbare Erklärungen" über Ursachen und Einzelheiten "für das inakzeptable Fehlverhalten abzugeben". Wann der Betrieb wieder aufgenommen werde, hänge vom Ergebnis der Untersuchungen und den erforderlichen Maßnahmen ab. Mit Rücksicht auf Lieferanten und Kunden solle dies "zeitnah" geschehen.

Die Betreiber räumten "nach eingehender Prüfung" am Freitagnachmittag ein, dass die Filmaufnahmen der Soko Tierschutz im Schlachthof angefertigt wurden, was sowohl sie selber als auch das Landratsamt zunächst nicht hatten bestätigen wollen. Ein Sprecher der Soko Tierschutz hatte das als "typische Taktik des Mauerns" bezeichnet. Auf einigen Bildern sind Geschäftsführer Max Keil sowie Betriebsleiter Alexander Hill zu erkennen, wobei sie auf den Bildern, die der SZ vorliegen, nicht im Kontext von Misshandlungen zu sehen sind.

In der Mitteilung des Schlachthofes wird nun erneut darauf hingewiesen, dass die Aufnahmen vermutlich illegal entstanden sind. Die Soko Tierschutz hatte das Material von einem Insider bekommen und anschließend überprüft und bestätigt. Eine Kurzfassung mit den unkenntlich gemachten Gesichtern der Metzger ist auf Youtube sowie auf der Homepage der Soko Tierschutz zu sehen.

Tiere sollen unnötig unter Stress gesetzt worden sein

Die Soko wirft den Betreibern vor, Elektroschocker, deren Einsatz von Bioverbänden untersagt wird, exzessiv einzusetzen. Tiere in Panik seien geschlagen und unnötig unter Stress gesetzt worden. Außerdem habe man Starkstrom-Betäubungszangen für Schweine verwendet, um ein Rind anzutreiben. In den Filmaufnahmen ist zu sehen, wie der Schwanz eines Rindes umgebogen wird. Dass es sich zumindest dabei sowie beim Einsatz der Elektroschocker um Verstöße gegen das Tierrecht handelt, bestätigt Ines Roellecke, Sprecherin des Landratsamts.

Die Aufnahmen sind klar und deutlich, es wurde aus verschiedenen Perspektiven und Einstellungen gefilmt. Manche Schweine zucken und zappeln noch, während sie am Haken ausbluten. "Das kann vegetativer Art sein, aber da muss man dann genauer hinschauen", sagte Roelleck. Zu sehen ist, wie ein Metzger mit Stiefeln über Schweine läuft, ein anderer tritt ein Schaf mit dem Stiefel gegen den Kopf, den das Tier zwischen die Gitterstäbe herausgestreckt hat. Außerdem wurde Munition, die für Rinder eingesetzt werden darf, für Kälber verwendet.

Die Kreisbehörde hatte 2015 und 2016 bei Kontrollen bereits tierrechtliche Mängel festgestellt. Auch dabei ging es um fehlerhafte Betäubungen. Der korrekte Ablauf und die richtige Betäubung sollen sicherstellen, dass die Tiere von der bevorstehenden Schlachtung nichts mitbekommen und nicht leiden müssen. Während das Landratsamt diese Mängel als Einzelfälle bewertet, sprechen die Vertreter der Tierrechtsgruppe von einem "Schlachthof außer Kontrolle".

Der Betrieb wirbt mit hoher Qualität

Im Brucker Schlachthof arbeiten 15 Metzger, überwiegend Meister. Bei ihnen handelt es sich um Anteilseigner des Betriebes oder deren Mitarbeiter. Fest angestellt ist der Betriebsleiter Alexander Hill, außerdem werden Metzger laut Keil stundenweise auf 450-Euro-Basis beschäftigt. Der Betrieb wirbt mit regionaler Ausrichtung, kurzen Wegen, hoher Qualität und ethisch vertretbarer Schlachtung. 30 Prozent der Tiere stammen aus Ökobetrieben.

Das Unternehmen wurde 1998 gegründet, um kleinen Metzgern, für die sich eine eigene Einrichtung nicht rentieren würde, eine Schlachtstätte zu geben. Die Kapazität liegt nach Angaben Keils ungefähr bei 200 Schweinen, 20 Schafen und 30 Rindern in der Woche, das entspricht dem Durchlauf mancher Großbetriebe pro Stunde.

Die GmbH & Co. KG gehört insgesamt 80 Anlegern. Der Landkreis Fürstenfeldbruck hält als stiller Teilhaber mit mehr als 150 000 Euro einen Anteil von 21,4 Prozent, erklärte Peter Falk, der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion. Er kritisiert, dass im Beteiligungsbericht, den die Kreisräte bekommen haben, die Mängel nicht erwähnt worden seien. Falk und Kreisrat Jan Halbauer (Grüne) verlangten von Landrat Thomas Karmasin (CSU) umgehend Aufklärung über die Vorgänge. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre das "sehr traurig", sagte Halbauer.

Im Landratsamt sieht man kein Problem darin, einerseits als Aufsichtsbehörde, andererseits als stiller Teilhaber zu fungieren. Aufsicht führe das staatliche Landratsamt, Teilhaber sei der Landkreis als kommunale Selbstverwaltungskörperschaft, erklärt Roellecke. Eine Reihe von Bauern und Direktvermarktern sagten der SZ, sie hätten nur positive Erfahrungen mit dem Schlachthof gemacht.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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