SZ-Serie Energiewende 2030 (Teil 14):Kleine Schritte in die Unabhängigkeit

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Vergangenes Jahr wurde in Hattenhofen nach anfänglicher Skepsis eine Fotovoltaikanlage errichtet, jetzt gibt es Vorbehalte gegen die Windkraft

Von Julia Berghofer

Ein Veto des Gemeinderats und eine Unterschriftensammlung der Anwohner hat die Energiezukunft nicht verhindern können: Im Vorjahr wurde die Freiflächenanlage dann doch errichtet (Foto: Johannes Simon)

An der Bahnstrecke zwischen München und Augsburg liegt das derzeit wichtigste Projekt der Hattenhofener in Sachen Energiewende. Kurz vorm Ortseingang, von der B2 aus gut sichtbar, steht die Freiflächen-Fotovoltaikanlage Mühlberg, die im Juli 2012 in Betrieb genommen wurde. Abgesehen von einigen privaten und landwirtschaftlichen Gebäuden, auf deren Dächern ebenfalls Solarzellen angebracht sind, markiert die Anlage den ersten größeren Schritt in Richtung der geplanten Energie-Autonomie der Gemeinden bis 2030. Die Leistung der zwölf Reihen Solarzellen, die von der Energiebauern GmbH aus Sielenbach installiert wurden und an der sich die Gemeinde mit zehn Prozent der Kosten beteiligt hat, beträgt etwa 3635 Kilowatt-Peak. Der kWp-Wert beschreibt die optimale Leistung einer Solaranlage unter bestimmten Voraussetzungen, wie Temperatur der Solarmodule und Sonneneinstrahlung. Selbst für eine kleine Kommune wie Hattenhofen mit gut 1400 Einwohnern, reicht die Leistung der Anlage natürlich nicht aus, um die Einwohner mit Strom zu versorgen. Seit zwei Jahren ist daher die Planung von Energiegewinnung aus Windkraft im Gespräch, bisher ohne greifbaren Erfolg. Denn der Standort ist zwar mehr als geeignet - selbst an drückend heißen Tagen weht hier ein stetes Lüftchen -, doch der Gemeinderat hatte sich zunächst gegen den Bau von Windrädern vor der eigenen Haustür ausgesprochen. Erst in einer zweiten Sitzung wurde dem gemeinsamen Konzept des Landkreises dann doch zugestimmt.

Problematisch sei der zu geringe Abstand zwischen Wohngebäuden und Windrädern, erklärt Bürgermeister Mathias Ettenberger (Wählergruppe Dorfgemeinschaft Hattenhofen). "Für mich wäre das in Ordnung, wenn es für die Anwohner keine Beeinträchtigung darstellt", sagt er mit Blick auf die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, dass der Mindestabstand zwischen Wohnfläche und Windrad mindestens das Zehnfache der Rahmenhöhe betragen müsse. Bei einem 200 Meter hohen Windrad wären das ganze zwei Kilometer - selbst in einem weniger dicht besiedelten Gebiet wie dem Brucker Westen sähe es damit für die Windkraft schlecht aus.

Trotzdem hat man auch in der kleinen Kommune bereits Maßnahmen getroffen, um dem Ziel, bis 2030 Autarkie von fossilen Energien, zumindest nahe zu kommen. 2011 hat die Gemeinde ihre Grundschule, die dazugehörige Turnhalle und den Kindergarten energiesaniert. Die Schule selbst wurde 1958 gebaut, die Sporthalle kam fünf Jahre später dazu. Fenster und Dächer sind nun komplett gedämmt, so dass weniger Wärme nach außen entweichen kann. Außerdem ist man bei der Beheizung der Einrichtungen von Öl- auf Pelletheizungen umgestiegen. Insgesamt hat der Umbau bisher etwa eine Million Euro gekostet. Zudem hat die Gemeinde ihrem bisherigen Stromlieferanten Eon gekündigt und bestätigte im Juli die Lieferung von 100 Prozent Ökostromanteil von den Stadtwerken Fürstenfeldbruck. Ettenberger gibt sich keiner Illusion hin. Die Energiewende bis 2030 wünscht auch er sich, "aber ob das machbar ist", lässt er leicht zweifelnd im Raum stehen.

Gleichzeitig versuchen die Anwohner auch in Eigenregie Strom zu gewinnen. Auf vielen Privathäusern und auf einigen gewerblichen Bauten sind Solarzellen angebracht. Dächer, die der Gemeinde gehören, nutzen derzeit noch keine Sonnenenergie. "Hier befindet sich nichts auf Südseite", sagt Ettenberger. Dafür habe man bei der Straßenbeleuchtung durch die Umstellung auf Energiesparlampen deutliche Einsparungen verzeichnen können. Auf lange Sicht wird die Kommune das Ziel der Energiewende ohne weitere größere Projekte jedoch nicht erreichen können.

Das Thema Windkraft ist aber nach dem Umschwenken des Gemeinderats noch nicht endgültig vom Tisch, schließlich gab es auch in Sachen Fotovoltaik im Vorfeld regen Widerstand. 2008 hatte sich der Gemeinderat gegen die Verschandelung des idyllischen Ortsrands ausgesprochen, ein Jahr später protestierten die Bürger mit einer Unterschriftenaktion. Selbst als die Anlage bereits stand, war es ein langwieriger Prozess, bis sich die Gemeinde dazu durchringen konnte, sich mit den erwähnten zehn Prozent zu beteiligen. Im Falle der Windräder stehen die Chancen daher gar nicht so schlecht, dass sich die Hattenhofener in den nächsten Jahren doch noch mit dem Projekt richtig anfreunden könnten.

© SZ vom 20.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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