SZ-Serie Energiewende 2030 (Teil 8):In der Solarbundesliga

Die Gemeinde Althegnenberg hat viele Klimaschutzziele schon erreicht, bis auf das Feuerwehrhaus sind alle öffentlichen Gebäude auf regenerative Energien umgestellt. Sogar der Täuferbrunnen wird von der Sonne angetrieben

Von Erich C. Setzwein

Althegnenbach / Hoerbach: Energiewende Althegnenberg/Gespräch mit Umweltreferent Jakob Drexler

Mit Solarstrom von der Ankündigungswand wird in Hörbach eine Brunnenpumbe betrieben

(Foto: Johannes Simon)

Im Grunde müsste sich niemand in Althegnenberg mehr anstrengen, um die Energiewende zu schaffen. Längst hätten die Bewohner der Ortsteile Althegnenberg und Hörbach die Hände still halten und die Füße hoch legen können, denn seit 2006 haben sie zumindest bei der Erzeugung von Strom mittels Fotovoltaik keinen Nachhofbedarf. Damals ging als zweite Freiflächensolaranlage nach Mittelstetten der PV-Park an der Bahnlinie München-Augsburg in Betrieb und erzeugt seither Strom für 700 Haushalte. Die Gemeinde, auf deren Flur die Siliziumplatten montiert sind, hat aber nur 650 Haushalte. Doch Pioniergeist und eine gewisse Portion Ehrgeiz haben die Althegnenberger schon vor langer Zeit angetrieben, die Sonne als Kraftwerk zu nutzen und in die nötige Technik zu investieren. Wie im Kulturellen auch, scheint dabei Hörbach das Kreativzentrum zu sein. Deutlich sichtbar sind rund um den fast ein wenig verträumt daliegende Ort die kapitalen Kunstwerke, und wer den Kopf ein wenig hebt, sieht die Spiegelungen der Sonne auf so manchem mit PV-gedeckten Hausdach.

So kam es eben nicht von ungefähr, dass sich die Althegnenberger schon bald, als anderswo noch Bedenken vorgebracht und Probleme gewälzt wurden, in der Solarbundesliga wiederfanden. Dahinter stand Jakob Drexler, Hörbacher, Umweltreferent und beruflich mit dem Thema Solaranlagen eng verbunden. Er trug damals jede neu erzeugte Kilowattstunde in die Bundesligatabellen ein. Drexler selbst montierte sich schon 1993 Paneele für die Erwärmung von Wasser sowie Fotovoltaik im Rahmen des damaligen 1000-Dächer-Programms aufs Dach.

1998 folgte die erste PV-Anlage mit einem Kilowatt Spitzenleistung auf dem Rathausdach. Im Vergleich zu heute eigentlich ein Witz, allein die PV-Anlage auf dem neuen Kinderhaus hat 50 Kilowattstunden Spitze. 2006 kam Phoenix Solar und rammte auf elf Hektar Fläche zwischen Waldrand und ICE-Strecke Metallkonstruktionen in den Boden und stellte eine 2,2-Megawatt-Fotovoltaikanlage auf. Seither werden (theoretisch) alle Althegnenberger Haushalte mit Sonnenstrom versorgt.

Deutlich mehr Leistung von den Freiflächenanlagen kommt von den privaten Dächern. Auf den 106 Häusern in Hörbach zum Beispiel sind laut den Unterlagen Drexlers 38 Solarthermieanlagen für die Warmwasserbereitung installiert und 20 PV-Anlagen mit einem Spitzenwert von 2,6 Megawatt. Insgesamt kommen von den privaten Anlagen drei Megawatt.

Bei solchen Überkapazitäten für eine Gemeinde wäre es naheliegend zu wissen, warum der Gemeinderat sich nicht am interkommunalen Teilflächennutzungsplanes für die Windkraft beteiligen wollte. Doch so einfach machen es die Althegnenberger ihren Kritikern nicht. Wie Moorenweis auch, möchte Althegnenberg nicht, dass über die im Gemeindegebiet ausgewiesenen Konzentrationsflächen für Windräder alle anderen Gemeinden im Landkreis mitbestimmen. "Wir verfolgen andere Ziele", sagt Drexler, der damit einer Meinung mit Bürgermeister Reiner Dunkel ist. Der steht nämlich selbst, wie er schildert, mit den Nachbargemeinden jenseits der Landkreisgrenze in Kontakt und versucht im Verbund Flächen zwischen seiner Gemeinde sowie Mering, Merching und Steindorf zu finden, auf denen Windräder aufgestellt werden können. Nach den Worten von Drexler gibt es dort mehr Berührungspunkte - und möglicherweise schnellere und einfachere Entscheidungswege.

"Beim Teilflächennutzungsplan des Landkreises muss immer alles einstimmig sein", verdeutlicht der Umweltreferent das Problem, dem sich die Althegnenberger von vorneherein entzogen haben, um eine eigene Lösung anzustreben. Möglicherweise eine, die schneller umzusetzen ist als mit dem komplizierten Verfahren des Landkreises.

Was auch immer die Windanlagen auf den sanften Hügeln an der nordöstlichen Landkreisgrenze einmal liefern werden, sie werden die Energiemenge der Althegnenberger deutlich vermehren. Ohnehin scheinen fast alle Klimaschutzziele schon erreicht worden zu sein. Bis auf das Feuerwehrhaus sind alle öffentlichen Gebäude auf erneuerbare Energie umgestellt worden. Nur bei der Feuerwehr wird noch eine Flüssiggasheizung betrieben. Bereits seit 2004 ist eine Holzhackschnitzelheizung in Betrieb, Rathaus und Kindergarten wurden energetisch saniert, die PV-Anlage auf dem Rathausdach erweitert. Eine Holzpelletheizung versorgt die öffentlichen Gebäude. Auch auf dem Schulhaus produziert eine PV-Anlage bei Sonneneinstrahlung Strom, das Dach ist an einen privaten Betreiber verpachtet.

Ganz offensichtlich wird die Verbindung von moderner Energietechnik und Kunst mitten in Hörbach an der Kirche, dort sprudelt ein kleiner Brunnen. Jakob Drexlers Bruder Toni Drexler, der Kreisheimatpfleger, hat den Täuferbrunnen anlässlich seines 50. Geburtstages gestiftet. Menschen, die dort vorbeikommen, können die Sonne quasi hören - nämlich wenn's Wasser sprudelt. Die Pumpe wird mit Solarenergie betrieben.

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