SZ-Serie: Älter werden, alt sein, Folge 10:Begleiter am Lebensende

Hospizhelfer leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass schwerkranke Menschen möglichst lange zu Hause bleiben können.Ihre Dienste werden künftig aufgrund des demografischen Wandels noch öfter nachgefragt werden

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die Mehrzahl der Menschen wünscht sich, zu Hause zu sterben. In der vertrauten Lebensumgebung, versorgt von Angehörigen, die letzten Lebensmonate zu verbringen, das gelingt jedoch nur einer kleinen Minderheit. Wenn schwere Erkrankungen das Lebensende ankündigen, klaffen Wunsch und Wirklichkeit besonders weit auseinander. Oft sind Krankenhaus oder Pflegeheim der letzte Aufenthaltsort. Hospizvereine, wie der in Germering, wollen dies ändern. Ihre Mitglieder helfen mit, den Wunsch nach einem Sterben zu Hause Wirklichkeit werden zu lassen. Hospizhelfer erleichtern Sterbenskranken als Gesprächspartner die letzten Tage und entlasten die Angehörigen, die durch die Pflege eines Kranken oftmals bis an ihre Grenzen belastet werden. Neben den Hospizvereinen gibt es Hospizdienste, zumeist getragen von Kirchengemeinden oder Sozialverbänden wie der Caritas, so auch in Fürstenfeldbruck. Die verschiedenen Gruppen arbeiten bei Ausbildung und Schulung der Sterbebegleiter zusammen.

Im Landkreis Fürstenfeldbruck gibt es nur einen Hospizverein, den in Germering. Gegründet wurde er im Jahr 2000 aus der Erkenntnis heraus, dass in der "schwierigen Lebensphase" Hilfe nötig sei, wie Peter Braun sagt, der Vorsitzende des Germeringer Hospizvereins. 29 ehrenamtliche Sterbebegleiter leisten momentan diese Hilfe. Sie setzten ihre Fähigkeiten und ihr Wissen ein, damit Patienten und Familien nicht allein gelassen werden. Den Einsatz von Helfern können Kranke oder deren Angehörige im Büro im Zenja-Haus, Planegger Straße 9, anfragen. Zum ersten Besuch kommt eine beim Verein angestellte Fachkraft. Sie stellt den Kontakt zu den Betreuten und ihren Familien her und vermittelt den ehrenamtlichen Helfer.

Kritik am Sterbehilfe-Film ´Komm, schöner Tod"

Eine Berührung, Kontakt zum Todkranken suchen, ist die nicht immer einfache Aufgabe von Hospizhelfern. Die Begegnung mit Sterbenden, sagen die Betreuer, kann das eigene Leben ändern.

(Foto: dpa)

Um die häusliche Begleitung Sterbender zu bewerkstelligen, reichen die Leistungen der ambulanten Hospizhelfer allerdings nicht aus. Denn die Arbeit der Helfer richte sich ausschließlich nach den seelisch-geistigen Wünschen der Kranken, sagt Braun. Die Pflege und die ärztliche Versorgung der Patienten ist dagegen Aufgabe von ambulanten Pflegediensten und Palliativmedizinern. Die Palliativmedizin - ihr Hauptgebiet liegt in der Linderung von Schmerzen - blieb lange Zeit auf die Krankenhäuser beschränkt, was es freilich sehr schwer machte, Sterbenskranke zu Hause zu pflegen.

Vor vier Jahren ist dieser Zustand im Landkreis Fürstenfeldbruck beendet worden. Damals wurde der Aufbau einer "Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung", kurz: SAPV, beschlossen - unter Mithilfe der Hospizdienste und des Germeringer Hospizvereins. Sehr schmerzvolle Krankheiten können nun auch außerhalb von Kliniken behandelt werden. Daneben gibt es freilich eine Palliativstation im Kreisklinikum. Dieser bestätigt Braun ein "sehr hohes Niveau".

SZ-Serie: Älter werden, alt sein, Folge 10: Peter Braun, Germerings ehemaliger Oberbürgermeister, ist Vorsitzender des Hospizvereins.

Peter Braun, Germerings ehemaliger Oberbürgermeister, ist Vorsitzender des Hospizvereins.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Was jetzt noch im Landkreis fehlt, um Schwerstkranke in einer privaten Umgebung umfassend betreuen zu können, ist ein stationäres Hospiz. Um den Bau einer derartigen Einrichtung bemüht sich Braun seit Jahren. Er ist Kuratoriumsvorsitzender einer Germeringer Stiftung für diesen Zweck. Nun hat er erste Erfolge erzielt. Die Krankenkassen haben in Aussicht gestellt, zehn Hospizplätze in Germering zuzulassen. Zudem gibt es ein Grundstück für eine solche Einrichtung. Bei der Stadtverwaltung habe die Stiftung beantragt, den entsprechenden Bebauungsplan so zu ändern, dass ein Hospiz errichtet werden kann, sagt Braun.

Bayern, so kritisiert der Vorsitzende des Hospizvereins, hinke beim Bau von Hospizen hinterher. Nur 18 der bundesweit 236 Einrichtungen stehen im flächenmäßig größten und einwohnermäßig zweitgrößten Bundesland. Im Freistaat bestehe also ein "großer Bedarf", sagt der Germeringer Alt-Oberbürgermeister. Aus der Antwort des bayerischen Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsabgeordneten Diana Stachowitz im Jahr 2015 ergibt sich, dass in Bayern auf rund 74 000 Einwohner ein Hospizplatz kommt. Rechnerisch heißt das, dass neben dem Landkreis Fürstenfeldbruck auch die Kreise Starnberg, Landsberg und Dachau zum Einzugsgebiet eines Germeringer Hospizes gezählt werden.

In einem stationären Hospiz können Menschen ihre letzten Lebensmonate in einer privaten Umgebung verbringen, wie sie keine Klinik bieten kann. Zehn Plätze, so viele sind Germering in Aussicht gestellt worden, erfordern ein größeres Haus, denn nicht nur Zimmer für die Schwerstkranken müssen eingeplant werden, sondern beispielsweise auch eine Kochgelegenheit für Angehörige. Denn ein Hospizgebäude soll eine möglichst private Wohnatmosphäre bieten. Wichtig ist ein Hospiz vor allem für Alleinlebende, die keine Familienangehörigen haben, oder für Angehörige, die beispielsweise einen alleinlebenden Elternteil in ihre Nähe holen möchten, zu Hause aber nicht genügend Platz haben. Braun rechnet damit, dass die Eröffnung eines stationären Hospizes einhergehen wird mit einer Mehrarbeit für den Verein und die Helfer. Zwar verfügt ein Hospiz über angestelltes Pflegepersonal, doch vor allem zuziehende Schwerstkranke, die am Ort keine Verwandten haben, benötigten voraussichtlich den Einsatz von Hospizhelfern. Auch deshalb ist Braun überzeugt, dass sich die Arbeit des Hospizvereins ausweiten wird.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: