Städtepartnerschaft:Lust auf Deutsch

Städtepartnerschaft: Mit der S-Bahn nach München: Wie das auf Deutsch heißt und wie das geht, erklärt Lehrer Aljoscha seinen Schülern in der Josef-Dering-Schule Eichenau.

Mit der S-Bahn nach München: Wie das auf Deutsch heißt und wie das geht, erklärt Lehrer Aljoscha seinen Schülern in der Josef-Dering-Schule Eichenau.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Junge Ukrainer aus der Partnerstadt Wischgorod besuchen zwei Wochen lang Eichenau. Die meisten sind schon zum wiederholten Mal in der Gemeinde, in der sie auch täglich Sprachunterricht haben

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Aljoscha weiß genau, wie seine Schüler in Fahrt kommen. "Wenn der Benz bremst, brennt das Benzbremslicht", schreibt er an die Tafel, und alle im Raum sagen den Satz nach. "Benzbremslicht" würde in Eichenau niemand sagen, nur die sieben Schüler aus Wischgorod üben damit schwierige deutsche Wörter. Die Gruppe aus 13- bis 16-Jährigen aus Eichenaus Partnerstadt in der Ukraine lernen seit der vergangenen Woche zusammen mit Übersetzerin Tatiana und Lehrerin Irina jeden Vormittag drei Stunden Deutsch. Nach dem Pflichtprogramm steht jeder Nachmittag unter einem anderen Motto, der Dienstagsausflug führte die jungen Ukrainer nach München, wo sie das BMW-Werk besichtigten. Noch bis Montag sind sie in Eichenau bei ihren Gastfamilien, und so wie die Stimmung in der zweiten Woche ihres Aufenthaltes ist, scheinen sie alle mal wiederkommen zu wollen.

Nasahy ist zum ersten Mal in Eichenau. Der 13-Jährige lernt seit drei Jahren Deutsch und es ist ihm anzumerken, dass er das sehr ehrgeizig macht. Auch der drei Jahre ältere Denys ist sehr am Unterricht interessiert, sein Wortschatz umfangreich, die Aussprache schon sehr sicher. Er sagt, er habe schon viele Freunde in Eichenau. Ihm gegenüber sitzt Anastasia, 14. Auch sie schwärmt vom Aufenthalt in der bayerischen Partnergemeinde, die so überschaubar ist. München ist ebenso nahe an Eichenau wie es für die Wischgoroder die ukrainische Hauptstadt Kiew ist. München fasziniert nicht nur Anastasia, auch die anderen Jugendlichen machen den Eindruck, dass sie gern durch die bayerische Landeshauptstadt schlendern - zum Shoppen oder einfach nur zum Schauen.

Damit sie sich zurechtfinden und auch einmal um Hilfe fragen können, lernen sie am Dienstagvormittag, wie sie sich im "Notfall" verhalten sollten: "Ich habe mich verlaufen, können Sie mir bitte helfen?", sagen die Schüler ihrem Lehrer nach. Es geht ihnen ganz leicht über die Lippen, alle haben ja Deutsch in der Schule ganz bewusst gewählt.

"Wir fördern das, dass die Jugendlichen mehrmals hintereinander nach Eichenau kommen, damit eine Kontinuität gewährleistet ist", sagt Michael Gumtau, früherer SPD-Gemeinderat und engagierter Wischgorod-Freund. So soll die Partnerschaft des 12 000 Einwohner zählenden Eichenau mit der Stadt am Dnjepr, 35 000 Einwohner, belebt und in die Zukunft geführt werden. Es ist auch kein Zufall, dass die 24 Jahre alte Sprachenlehrerin Irina nun schon zum zweiten Mal dabei ist. Tatiana, Deutschlehrerin am Gymnasium in Wischgorod, hat schon 1989 die erste Eichenauer Delegation unter Führung des damaligen Bürgermeisters Sebastian Niedermeier am Flughafen Kiew in Empfang genommen und kennt die bayerische-ukrainischen Beziehungen bestens. Jetzt ist sie 67 Jahre alt und sieht in Irina eine Nachfolgerin. Als Übersetzerin in Wischgorod, wenn Eichenauer kommen, die meist über wenig oder gar keine Ukrainisch-Kenntnisse verfügen, und eben für den kontinuierlichen Jugendaustausch.

25 Jahre wird heuer die Partnerschaft, und die Feierlichkeiten finden zuerst im August in Wischgorod statt. Später wird es auch in Eichenau eine Jubiläumsveranstaltung geben. Eine gute Gelegenheit für alle Eichenauer, sich für den Verein um Dieter Berg zu informieren und vielleicht auch darüber nachzudenken, ihn zu unterstützen. Berg sucht dringend nach einem jüngeren Nachfolger, der sich zum Beispiel um die Organisation der Jugendaufenthalte kümmert, der Kontakt hält zu den Freunden in der Ukraine. Zur dreitägigen Jubiläumsfeier im August wird aus Eichenau eine achtköpfige Gruppe nach Wischgorod reisen. Drei Tage würden für einen Aufenthalt nicht reichen, sagt Tatiana und wirbt für einen längeren Urlaub in der Partnerstadt.

Wie eng die Verbindungen sein können, beweist der 39 Jahre alte Lehrer Aljoscha, der nach seinem ersten Aufenthalt in Eichenau mit 15 Jahren beschloss, Deutsch zu lernen. Später studierte er in Kiew Germanistik, schloss das Studium an der Münchner Universität ab und unterrichtet heute am Goethe-Institut in Kiew. Wenn er nicht gerade in Eichenau Zungenbrecher vorsagt.

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