Stadtbibliothek Aumühle:Der Weg in die Einsamkeit

Demenz-Theater

"Ich erinnere mich genau": Hannah, gespielt von Liza Riemann (links), und ihre demenzkranke Mutter, gespielt von Christine Reitmeier.

(Foto: Günther Reger)

Berührendes Theaterstück widmet sich der Demenz

Von Katharina Proksch, Fürstenfeldbruck

Demenz sei ein "Bildhauer", der die Erfahrungen der Jahre abtrage und den jugendlichen Charakter zum Vorschein bringe. So beschreibt Hannah die Krankheit ihrer Mutter Martha im Anfangsstadium, als sie noch viel zusammen lachen und in Erinnerungen schwelgen. Nach und nach gewinnt die Verwirrtheit die Oberhand und bei Hannah reißt der "Lebensfaden". Ganz aus dem Leben gegriffen erzählt das Zwei-Personen-Stück "Ich erinnere mich genau", wie Hannah, gespielt von Liza Riemann, ihre demenzkranke Mutter, gespielt von Christine Reitmeier, pflegt.

Im Publikum in der Stadtbibliothek Aumühle sitzen am Freitagabend zahlreiche pflegende Angehörige, die "das alles schon durchgemacht" haben. Natürlich ist jedes Schicksal einzigartig, aber das Theaterstück, weder dramatisierend noch beschönigend, stellt auf gefühlvolle Art und Weise eine Allgemeingültigkeit dar, die berührt. Das erste Vergessen und Erzählen empfindet Hannah als gemeinsames Erlebnis und ist dankbar, Vergangenes noch mal zu erfahren. Später sind es nur noch Neuigkeiten für Martha. Hannah muss feststellen: "Gute Nerven hatte ich mal." Was Gemeinsam beginnt, verliert sich in einem Begleiten und endet im Alleinsein. "Zuschauer erkennen sich in der Einsamkeit der Hannah wieder", weiß Riemann von Gesprächen. Um sie zu vermeiden, kann Annette Koller nur ermutigen, sich frühzeitig Unterstützung zu suchen. "Der Weg bis zur Pflegehilfe ist lang", so die Fachreferentin für Seniorenbildung beim Brucker Forum. Mit Ehrenamtlichen, der Unterstützung vom LiB-Mehrgenerationenhaus und der ökumenischen Nachbarschaftshilfe konnten sie das Stück auch für zwei folgende Abende im kommenden Jahr in den Landkreis bringen. Besonders die Pflege von Dementen sei belastend, da keine Dankbarkeit gezeigt werden könne, so Ingrid Weichenhammer-Keck vom Puchheimer Podium. Auch hier wird das Tabuthema Demenz angesprochen. Die Aufklärung solle Berührungsängste zu Erkrankten abbauen und die Angst vor der Demenz nehmen.

Die Angst, die "Selbstständigkeit" zu verlieren, lastet Martha Gott an und bangt um ihre Persönlichkeit. Das könne sie ihrer Tochter doch nicht antun. Hannah und Martha haben eine Vorstellung, was auf sie zukommen wird, doch rettet die Vorbereitung nicht vor der Wirklichkeit. Hannah kann sich noch so gut informieren - wie ihr dies der Arzt geraten hatte, der sie dann doch mit der Situation allein lässt.

Das Theaterstück habe das Arztgespräch gut eingefangen, findet Larissa Leutheußer, 24 , angehende Ärztin. Der Beruf verlange, eine professionelle Ebene zu bewahren, doch werde das der Situation nicht gerecht. Sowohl Patienten als auch Ärzte, die oftmals nur die medizinischen Aspekte beachten, müssten aufgeklärt werden. Das Theaterstück gibt Denkanstöße, doch die Angst vor der Krankheit kann es nicht nehmen. Das Gefühl der Verlassenheit schon: als das Licht ausgeht, herrscht stilles Innehalten.

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