Sportverein im Umbruch:Mia san mia

Der Sportclub Fürstenfeldbruck nimmt es mit Formalien nicht so genau. Und lässt zu, dass sich der Abgesandte des Investors in die Jugendarbeit einmischt

Heike A. Batzer

Bruck: Jahreshauptversammlung SCF im Riblets'

Die Führungsriege des SCF applaudiert sich selbst.

(Foto: Johannes Simon)

Fürstenfeldbruck - Ein lauter Pfiff, dann sind die Anwesenden still. Ein wenig archaisch muten die Umgangsformen beim Sportclub Fürstenfeldbruck an, dessen neuer Vereinschef Eckart Lutzeier am Mittwoch zum ersten Mal eine Jahreshauptversammlung leitet. Lutzeier, 49 und beruflich im Sicherheitsgewerbe tätig, führt den Sportclub seit kurzem kommissarisch als Präsident, weil der Vorgänger Siegfried Müller hingeworfen hat. Lutzeier hat große Pläne. Den abstiegsgefährdeten Fußball-Bayernligisten erst mal "mit aller Macht in der Liga halten", wie er den Mitgliedern am Mittwoch sagt. Seinen größten Wunsch hat er kürzlich so formuliert: "einmal mit dem SCF aufsteigen". Die Zeit dafür scheint günstig zu sein, seit die höchstklassigen Fußballer im Landkreis einen Sponsor aus dem fernen Kanada haben, mit dessen Hilfe sie ihr Bayernligateam bereits kräftig umgekrempelt haben.

Dass das neue Präsidium gerade dabei ist, den Verein auf dieses Ziel hin zuzuschneiden, wird bei der Versammlung in der Sportgaststätte deutlich, ohne dass es jemand explizit ausspricht. Im Zentrum steht dabei Dylan Hughes, der Abgesandte des Investors. Ein schmaler, junger Mann von 28 Jahren, der sein Geld als Spielerberater verdient und die erste Mannschaft des SCF mit Fußballern bestücken darf. Sie haben ihm die Bezeichnung Sportdirektor verliehen, als Beisitzer gehört er jetzt kommissarisch auch zum SCF-Vorstand. Mittlerweile reichen seine Kompetenzen bis in die Jugendabteilung.

Der amtierende Jugendleiter Jakob Ettner, der sich wiederholt mit der Vereinsführung angelegt hat, gilt als entmachtet. Seine Dienste und Verdienste um den geplanten Bau eines Kunstrasenplatzes will sich der SCF noch zunutze machen, sportlich hat Ettner nichts mehr zu melden. "Es wird hier keinen Alleinunterhalter mehr geben", ruft Vizepräsident Johannes Mühlberger laut in den Raum: "Es wird jetzt alles im Kollektiv gemacht." Das Kollektiv heißt Präsidium - mit Dylan Hughes. Die ersten vier A- und B-Jugendlichen aus Kanada hat er schon nach Fürstenfeldbruck gebracht. Die sollen bis Ende der Saison in den SCF-Nachwuchsteams spielen. Den Sportclub sieht er als "Plattform für meine Jugendschule", sagt er der SZ. Ein Geschäftsmodell, raunen Kritiker, für das sich der SCF instrumentalisieren lasse.

Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass die Vereinsführung gegen einen Antrag des Ehrenpräsidenten Hans Hahn stimmt, wonach sämtliche Abteilungen finanziell unabhängig bleiben sollen. Der Antrag findet dennoch eine Mehrheit (nicht aber sein Antrag, dass kein Vereinskonto mehr ins Minus rutschen darf). Doch wer soll in der Jugendabteilung die Unabhängigkeit durchsetzen, wenn der Jugendleiter nichts mehr zu sagen hat?

Dann wäre auch der Antrag für die Katz gewesen und die Historie des SCF um ein weiteres Beispiel reicher, dass es der Verein mit Formalien und Regularien nicht so genau nimmt. Die Liste der Auffälligkeiten beginnt schon mit Eröffnung der Versammlung. Eine Tagesordnung, die der Präsident zu Beginn verliest und dann von den Anwesenden absegnen lässt, wie andernorts üblich? Fehlanzeige. Später stellt sich heraus, dass Revisor Georg Stockinger den Termin für die Kassenprüfung gar nicht erfahren hat. Also prüfte der forsche Stefan Julier, der auch Revisor ist, die Kasse für das Jahr 2012 mal eben stichprobenartig ganz allein. Fazit? Klar, alles in Ordnung. Eine Entlastung empfiehlt er trotzdem nicht, weil eine ordnungsgemäße Übergabe vom bisher kommissarisch agierenden Gerhard Fischer nicht möglich gewesen sei. Der sollte eigentlich offiziell zum Kassier, Geschäftsführer und Vizepräsidenten gewählt werden. Jetzt ist er krank und seine Ämter werden kommissarisch vom Vermögensberater Alfred Kirr (Vizepräsident und Kassier), vom Gastronomen Antonio Di Gorga (Vizepräsident) und von SCF-Urgestein Gerhard Knöchel (Geschäftsführer) wahrgenommen. Oberbürgermeister Sepp Kellerer mahnt vor den Versammelten baldige Neuwahlen an ("möglichst in wenigen Wochen").

Doch auch bei Wahlen kann man Fehler machen. Im Vorjahr verstieß der SCF mit dem Prozedere gleich in drei Punkten gegen die eigene Satzung. Zum Beispiel bei der Wiederwahl von Siegfried Müller als Präsident. Auch ans Vereinsregister wurden die Wahlergebnisse von 2012 nicht gemeldet. Der letzte Eintrag beim Registergericht München datiert vom 26. April 2010 und nennt Müller als Vereinschef. 2010 war er zum ersten Mal gewählt worden.

Einer von Müllers Vorgängern, Albrecht Huber, der den Verein zwölf Jahre lang geführt hatte und sich jetzt als Schlichter in die Arbeit der Jugendabteilung einbringen sollte, hat indes die Nase gründlich voll von dem Verein, der ihn vor fünf Jahren zum Ehrenpräsidenten ernannt hat. Weil ihn Hughes einen "Störenfried" und "nicht erwünscht" genannt habe, ziehe er sich wieder zurück, wettert Huber. Gleichzeitig übt er heftige Kritik am Weg, den die Jugendfußballer nun einschlagen sollen: "Dass die U17 und U19 künftig zum Erwachsenenbereich gehören, ist ein Fehler. Das passt nicht zum SCF und auch nicht zum DFB-Stützpunkt hier."

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