Sozialprojekt:Verjüngungskur im Altenheim

Viscardischüler und Senioren

Bunte Bilder von gemeinsam verbrachten Stunden: Ihre Erfahrungen haben die Schüler der Klasse 6 f auf Plakaten zusammengefasst.

(Foto: Günther Reger)

Sechstklässler des Brucker Viscardi-Gymnasiums kümmern sich eine Woche lang um alte Menschen. Statt Mathe und Deutsch stehen Respekt, soziales Miteinander und achtsames Zuhören auf dem Lehrplan

Von Melanie Fritsch, Fürstenfeldbruck

Eine Brücke zwischen Jugendlichen und Senioren zu bauen, das war das Ziel eines Projekts des Viscardi-Gymnasiums in Fürstenfeldbruck. Doch es wurde mehr draus, denn am Ende erwuchsen daraus sogar Freundschaften. Entstanden war die Idee einer Zusammenarbeit zwischen der Brucker Schule und dem Seniorenwohnheim Buchenau im Elternbeirat. Eine Woche lang trafen sich die 24 Elf- und Zwölfjährige der 6 f jeden Tag mit den Bewohnern des Heims an der Otl-Aicher-Straße, um mit ihnen gemeinsam spazieren zu gehen, zu spielen und ihre Lebensgeschichten kennen zu lernen. Ihre Erfahrungen haben die Schüler auf Plakaten zusammengefasst, die sie zum Abschluss des Projekts im Seniorenheim ausstellten.

Beim Ausstellungsfest trafen die Schüler noch einmal auf die Senioren, um ihnen ein Geschenk als Dank für die erlebnisreichen Tage zu überreichen. Eine Seniorin war sichtlich ergriffen, als ihr "ihre" Schüler ein Erinnerungsfoto übergaben. Jedes Team bestand aus zwei Jugendlichen und einem alten Menschen. Überglücklich berichtete die alte Dame: "Ich hab' zwei so liebe Mädchen."

Die Leiterin der sozialen Betreuung des Heims, Monika Keck, sprach von einer Verjüngungskur der Bewohner. "Mein Eindruck war, dass unsere Senioren, wir alle und auch die Kinder miteinander aufgeblüht sind." Immer wieder sei sie gerührt gewesen, wenn sie die Reaktionen der Senioren beobachtet habe. So erzählte sie von einer Frau, die beim Morgenbesuch der Pfleger über eine schlechte Nacht klagte. Als Keck ihr dann mitteilte, dass vor ihrer Tür zwei Schüler auf sie warteten, griff die Bewohnerin in ihren Nachttisch zu Kamm und Spiegel. Dann habe sie sich in ihrem Bett in Position gebracht und die Schüler hereingebeten. Im Nu seien die Probleme der vergangenen Nacht vergessen gewesen. Eine Nachtschwester erzählte sogar von "aufgekratzten Senioren", die begeistert von ihren Erlebnissen mit den Schülern schwärmten. Bei einem anderen Bewohner seien bisher alle Versuche gescheitert, ihn außerhalb seines Zimmers sozial zu integrieren. Beim Ausstellungsfest jedoch war er der erste, der gekommen sei.

Raphaela Starringer, Lehrerin und Schulpsychologin des Viscardi-Gymnasiums, erzählte, dass die Schüler sofort "Feuer und Flamme" gewesen seien, als sie das Konzept vorgestellt habe. Dank des Generationenprojekts standen für eine Woche nicht Mathematik und Deutsch auf dem Lehrplan, sondern Respekt, soziales Miteinander und achtsames Zuhören. Ziel war, die Schüler für ältere Menschen und ihre unterschiedlichen Lebensgeschichten zu sensibilisieren. Im Vorfeld wurden zusammen mit Pflegekräften des Seniorenheims Regeln für den gemeinsamen Umgang erarbeitet.

Raphaela Starringer erstellte gemeinsam mit den Sechstklässlern Projektmappen, in denen sie unter anderem auf die Kunst des richtigen Zuhörens eingingen und das Leben von früher und heute thematisierten. Es wurden Interviewhefte erstellt und in Rollenspielen erprobt, bevor es zu dem Treffen mit den Senioren kam. Eine Schülerin erzählte: "Die alten Leute sind gar nicht so langweilig, wie ich immer gedacht habe." Ein anderer Jugendlicher berichtete darüber, wie "seine" Seniorin ihm beibrachte, dass Frieden nichts Selbstverständliches sei. Die Schulpsychologin schwärmte: "Es war richtig schön zu sehen, wie lieb die Kinder mit den Senioren umgegangen sind".

Dass das Generationenprojekt über das Kennenlernen ältere Menschen hinaus weitere positive Auswirkungen für die Schüler hatte, verdeutlicht die Aussage des Sechstklässlers Moritz Riker: "Unser Klassenklima war schlecht. Das Projekt mit den alten Leuten hat uns aber gestärkt, unsere Bindung ist viel enger geworden."

Beim Ausstellungsfest im Buchenauer Seniorenheim bekamen die Schüler dann auch die Möglichkeit, sich bei den Senioren für eine erlebnisreiche Projektwoche zu bedanken. So sangen die Schüler mehrere Lieder, darunter auch eine abgeänderte Form des Kirchenlieds "Danke für diesen guten Morgen". Eines bleibt von diesem Projekt auch nach der einen Woche ganz sicher: die Freundschaften. So erzählte ein Schüler stolz: "Ich habe mit meiner Seniorin schon ausgemacht, dass ich sie nach der Schule wieder besuchen komme."

Schulleiter Walter Zellmeier sagte, die Frage sei nicht, ob das Generationenprojekt fortgeführt werde, sondern wie. Heimleiter Martin Fichtner bekundete bereits sein großes Interesse an einer Fortsetzung. Schließlich sei das Projekt, so seine Einschätzung, eine "Bereicherung für alle Beteiligten" gewesen.

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