Sommerzeit ist Radlsaison:Rostige Ketten, lockere Schrauben

Fischbeck Fahrräder

Ab und zu mal die Kette zu ölen, rät Marc Loest Fahrradbesitzer. Weil dem aber nicht so ist, kann sich der 21-Jährige in der Werkstatt von Zweirad Fischbeck nicht beklagen.

(Foto: Günther Reger)

Bei Zweirad Fischbeck in Fürstenfeldbruck herrscht auch in der Urlaubszeit Dauerbetrieb. Denn gerade mit der Pflege ihres Gefährtes nehmen es die wenigsten genau. Und das führt zu Schäden

Von Emil Kafitz, Fürstenfeldbruck

Von der Decke hängen zwei Fahrräder. Eine Installation, die so oder so ähnlich auch in einem Szene-Café als Einrichtungselement fungieren könnte. An einer Wand sind seltsame Werkzeuge mit Namen wie SN.72-F neben einer verblichenen Deutschlandfahne befestigt. Von der letzten EM? "Eher von der vorletzten." Auf einem Tischchen steht zwischen ein paar Notizen und dem knallgelben "Fahrrad News Magazin" ein halb voller, inzwischen bestimmt kalter Milchkaffee. In der Ecke lehnt ein Einrad. An einem der hängenden Zweiräder überprüft Marc Loest mit einem sogenannten Drehmoment- Schlüssel gerade Schraube für Schraube. Seit mittlerweile drei Jahren arbeitet der 21-Jährige schon in der Fahrradwerkstatt des "Zweirad Fischbeck", in der er auch schon seine Ausbildung absolviert hat. "Ich bin einfach schon immer gerne Fahrrad gefahren. Und als es dann Zeit wurde, sich für einen Beruf zu entscheiden, habe ich hier ein Praktikum gemacht. Die Arbeit hier hat mir sehr gut gefallen. Schon ein halbes Jahr vor meinem Schulabschluss habe ich den Lehrvertrag unterschrieben. Eine gute Entscheidung: Was zu tun, gibt's hier immer."

Und das, obwohl Fahrräder nicht mal sonderlich anfällig für Schäden sind, wie Loest erklärt: "Das Problem ist eher, dass die meisten Leute einfach nur von A nach B fahren, ihr Fahrrad aber nie pflegen." Er empfiehlt zum Beispiel, ab und zu die Kette zu schmieren. "Und das Rad nicht immer nur im Sommer bei uns vorbeizubringen", wirft Marcs Kollege Axel Richter ein. Daraufhin sprechen sich die beiden kurz wegen der eingetroffenen Reparatur-Aufträge ab, heute steht einiges an. "Die meisten Leute sind zwar noch im Urlaub, dafür müssen wir aber auch mit weniger Personal auskommen. Von unseren Kollegen haben ja auch viele zur Zeit frei", sagt Richter, der schon seit 1989 in der Werkstatt tätig ist. "Wirklich stressig wird es dann aber erst wieder kurz vor Schulbeginn. Viele Jugendliche stellen ihr Rad ja nach dem letzten Schultag irgendwo in den Schuppen und merken dann erst sechs Wochen später, dass etwas kaputt ist."

In der Zwischenzeit hat Loest draußen einen neuen Kunden betreut und schleppt jetzt einen dicken, prall aufgepumpten Mountainbike-Reifen herein. "Der ist schlauchlos. Das hat ein paar Vor-, aber auch viele Nachteile. Und jetzt muss da wieder ein Schlauch rein." Routiniert öffnet der junge Mann mit den knallig türkis gefärbten Haaren das Ventil, zischend entweicht die Luft. Wie er erzählt, spielt er in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne Videospiele, auf seinem T-Shirt steht "Lasst mich durch, ich bin Heiler", eine Anspielung auf das Rollenspiel "World of Warcraft." Mit schiefem Grinsen sagt er dazu: "Einer muss es ja machen."

Dann zieht er den Reifen von der Felge ab, im Inneren steht eine milchige Flüssigkeit. "Das ist das Dichtmittel. Eine üble Sauerei gibt das immer." Während Loest den Reifen reinigt und beginnt, einen Schlauch für die Montage vorzubereiten, überlegt er, welche Fahrradtouren er empfehlen könnte. Er verweist an Richter, der kenne sich da besser aus. "Wirklich toll ist es vom Tegernsee aus zur Schwarzentennalm zu radeln. Mit der "Bob" kommt man ganz einfach hin und zurück. Es ist eine ganz lockere Tour, aber in wunderschöner Umgebung." Richter schwärmt noch von den Vorzügen der Tour, da stellt Loest schon den inzwischen fahrbereiten und gerade aufgepumpten Reifen an die Wand und widmet sich wieder dem von der Decke hängenden Fahrrad. Mit Kraft versetzt er das Vorderrad in Rotation, lässt es durch seine linke Hand schnellen und überprüft so die Felge. Er nimmt sich kurz Zeit zum fühlen und stellt dann fest, dass ein kleiner Achter im Reifen ist. Mit einem unscheinbaren Werkzeug werden die Speichen an der Problemstelle kurzerhand fester gezogen. "Das Rad hier wurde zur Überprüfung abgegeben, ein E-Bike von 2012."

Der Entwicklung des Fahrradmarktes in diese Richtung steht Marc positiv gegenüber. Mit Elektrofahrrädern könnten ältere Menschen länger im Straßenverkehr teilnehmen. "Irgendwann sollten sie es aber doch lassen, denn 25 Stundenkilometer sind schon ganz schön was." Sich selbst würde er aber nie ein E-Bike kaufen: "Ich bin und bleibe guter alter, oder vielleicht eher junger, Mountainbiker."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: