Sicher auf dem Motorrad:"Leider das letzte Sicherheitstraining"

Instruktor Hans Heinzelmann blickt voraus auf die Motorrad-Veranstaltung des MSC und bedauert, dass der Fliegerhorst künftig wohl nicht mehr zur Verfügung steht. An fünf Tagen werden 900 Biker erwartet

interview Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Hans Heinzelmann aus Bruck ist wieder vom ersten bis zum letzten Tag als Instruktor dabei: An diesem Freitag und den beiden darauffolgenden Wochenenden erwartet der ausrichtende Motorsportclub mehr als 900 Biker. Die 20. Auflage könnte jedoch die letzte sein.

SZ: Fünf volle Tage, von morgens bis abends, geben die Motorräder wieder den Ton an im Fliegerhorst. Warum nehmen so viele auch weite Anfahrten in Kauf?

Hans Heinzelmann: Ich denke schon, dass einer der Gründe die anerkanntermaßen hohe Qualität ist, ohne alles Oberlehrerhafte. Natürlich ist es auch die ganze Atmosphäre. Man kommt ins Gespräch mit Gleichgesinnten, es macht einfach Spaß. Vor allem ist es aber eine gute Gelegenheit, sich auf die Motorradsaison vorzubereiten und sich einzugewöhnen. Nach der Winterpause muss man sich auch an die in möglichen Gefahrensituationen erforderliche Schräglage oder das richtige Bremsen herantasten. Dieses Jahr ist auch wieder Detlef dabei. Der fährt am Samstag aus Bad Salzuflen bei Bielefeld los, nimmt am Sonntag am Training teil und fährt am Montag wieder zurück.

Was ist dran an den Gerüchten, dass es die letzte Veranstaltung dieser Art ist?

Ja, so wie es aussieht, ist es leider das letzte Sicherheitstraining. Der Grundeigentümer wird das Gelände wohl nicht mehr zur Verfügung stellen. Das ist sehr schade, aber die Bima will vor dem geplanten Abzug der Bundeswehr 2019 offenbar keine vertragliche Bindung mehr eingehen. Auch dieses Jahr war es schon schwer. Der Zweite Bürgermeister Erich Raff und Stadtrat Herwig Bahner haben sich für uns eingesetzt und letztes Jahr hat ja auch der Oberbürgermeister selbst teilgenommen. Die Luftwaffe mit Brigadegeneral Bernhardt Schlaak an der Spitze war immer sehr kooperativ. Vor zwei Jahren habe ich einmal den Fahrer einer Ducati Diavel angesprochen, weil dieser zwischen den elf verschiedenen Übungsstationen gependelt ist, was eigentlich nicht erlaubt ist. Der Fahrer hat sich dann als Standortkommandant entpuppt, der sich einfach ein Bild machen wollte und das alles recht gut fand. Wir brauchen für die elf Übungsstationen ein riesiges Gelände. Eine entsprechende Anfrage an BMW wurde abschlägig beschieden, geeignete Alternativen sind nicht in Sicht.

Sind noch Plätze beim diesjährigen Motorradtraining frei?

Eher nicht, denn es gibt bereits Wartelisten. Wegen der Wettervorhersage haben in der Tat einige Schönwetterfahrer abgesagt. Das verstehe ich eigentlich nicht, denn wenn es auf einer Motorradtour mal zu regnen anfängt, kann man sich ja auch nicht gleich irgendwo einmieten. Viele Motorradfahrer reagieren gerade auf einer nassen Fahrbahn zu ängstlich und bringen sich in solchen Situationen in Gefahr.

Welche weiteren Übungsstationen werden eingerichtet?

Zum Beispiel Ausweichen, Lenkimpuls oder Wenden am Berg. Außerdem gibt es abgesteckte Slalomstrecken, an denen man sich gefahrlos an die eigene Grenze herantasten kann. Und es gibt einen Theorieteil, in dem auch Unfallursachen zur Sprache kommen. Weitere Stationen sind TÜV, Rotes Kreuz und Polizei.

Was sollten Motorradfahrer beim Start in die Saison besonders beherzigen?

Steigende Unfallzahlen

Unfallursache Nummer eins bei Motorradfahrern bleibt überhöhte Geschwindigkeit. Viele Autofahrer unterschätzen diese, ebenso wie den größeren Ausweichweg von Zweiradfahrern und die Beschleunigung: Von null auf hundert brauchen manche Maschinen, die 200 Kilo wiegen und 200 PS leisten, lediglich drei Sekunden. Motorradfahrer wiederum unterschätzen oft die kürzeren Bremswege der Autos. Insgesamt sind die Unfallzahlen mit Motorradbeteiligung 2014 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Von einem Trend will Brucks Polizeisprecher Michael Fischer aber nicht reden. Auch lange Schönwetterperioden, wie 2014 rund um Pfingsten, können eine Rolle spielen. Dennoch könne man Sicherheitstrainings wie jenes des MSC "nur begrüßen". 2014 gab es 72 Motorradunfälle - im Vergleich zum Vorjahr ein Plus um 31 Prozent. 2013 waren bei 55 Unfällen 45 Personen verletzt worden, zwölf davon schwer.

Dieses Jahr gab es im Landkreis bereits mehrere Unfälle mit einem ähnlichen Verlauf: Während Motorradfahrer vor ihnen fahrende Autokolonnen überholten, scherte ein Autofahrer aus der Kolonne aus. slg

Natürlich sollte die Maschine technisch auf einem guten Stand sein, auch was Reifen, Beleuchtung und Bremsen angeht. Fahrer müssen mit Split auf der Straße und mit temperaturbedingt weniger Grip auf der Fahrbahn rechnen. Bei einer unserer Übungen wird deutlich, dass man solche Situationen mit der nötigen Erfahrung und Ruhe gut meistern kann.

Worauf sollte man beim Kauf eines Motorrads achten?

Ich halte ein Antiblockiersystem für unabdingbar, und das gilt auch für geübte Fahrer. Denn wenn man in eine Gefahrenlage gerät und erschrickt, dann wird oft überbremst und es kommt zu vermeidbaren Stürzen, die durchaus tödlich enden können. Auch ein Antischlupfsystem ist bei leistungsstärkeren Maschinen sinnvoll. Das wissen Fahrer zu schätzen, wenn sie bei Nässe über die weißen und oft rutschigen Fahrbahnmarkierungen fahren. Airbags sind noch nicht ganz ausgereift. Das wird aber noch kommen.

Wie sieht die richtige Kleidung aus?

Ich schwöre auf Protektoren, vor allem aber auf die klassische Lederkombi. Die ist vielleicht nicht so bequem wie Textilvarianten. Aber sie schützt am besten. Ich verstehe nicht, wie vor allem junge Fahrer ohne Handschuhe fahren können. Und statt einer normalen Stoffhose sollte man zumindest eine kevlarverstärkte Jeans tragen.

Wie groß ist bei jüngeren Fahrern das Bewusstsein, dass Training wichtig ist?

Leider beteiligen sich relativ wenig junge Fahrer am Training, mein Sohn zählt zu dieser Gruppe. Die meisten Teilnehmer sind zwischen 35 und 55 Jahre alt. Dieses Jahr ist aber auch wieder ein 70-Jähriger dabei.

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