Der Eingang zu Gerlinde und Ewald Zachmanns Reich führt über das neue Seniorenwohnheim im Schwaigfeld. Vor sechs Jahren ist das Ehepaar in das dahinter liegende, damals neu eröffnete "seniorengerechte Wohnen" gezogen. Viele Bekannte würden da erst einmal stutzen, manchmal auch nachfragen, ob sie sich mit Anfang 70 nicht noch zu jung fühlen würden für diese Wohnform, die gleich hinter dem sogenannten "Seniorenwohnen" beginnt, der Pflegeeinrichtung für Senioren des Bayerischen Roten Kreuzes BRK. Zachmanns seniorengerechte, also barrierefreie Wohnung ist an das Gebäude, in dem Senioren gepflegt werden, angebaut. Gemeinsam bildet das Ensemble nur wenige Meter hinter dem Sozialzentrum ein leicht verzerrtes U. Die Grünfläche im Inneren vermittelt so den Eindruck eines geschützten Raumes. Doch gleich dahinter liegt schon die Kindertagesstätte, Gymnasium und Mittelschule sind auch nicht weit entfernt.
Gerlinde Zachmann steht auf ihrem Balkon im zweiten Stock, deutet auf die Betreuungseinrichtungen und die Silhouette der Dächer. Bei schönem Wetter sehe man von hier aus sogar noch ein Stück der Alpen, freut sich die gelernte Kinderkrankenschwester, die in der vierten Legislaturperiode für die Freien Wähler im Stadtrat von Olching sitzt - wie auch ihr Mann, der früher einmal Bürgermeister in Olching war. Gerlinde Zachmann ist außerdem Ehrenmitglied des Sozialdienstes Olching, den sie maßgeblich zu dem gemacht hat, was er heute ist. Als Sozialreferentin im Stadtrat ist sie auch Mitglied im Seniorenbeirat des Landkreises. Vor fünf Jahren ist die Sozialmanagerin für ihr soziales Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden.
"Wir hatten früher ein Riesenhaus mit 280 Quadratmeter Wohnfläche", dem trauere sie gar nicht nach. Die jetzige Wohnung genüge ihren aktuellen Bedürfnissen und die Hausgemeinschaft, die sich über die Jahre im seniorengerechten Wohnen entwickelt hat, trägt nach Zachmanns Schilderung durchaus familiäre Züge. Die 71-Jährige war noch recht jung - etwa 50, als sie begann, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie sie das älter werden erleben möchte. Um die Motivation dahinter zu verstehen, hilft ein Blick auf ihr Leben. Als die Mutter von drei Kindern nach mehr als 15 Jahren Pause wieder arbeiten wollte, landete die Kinderkrankenschwester in der Altenpflege. Ihr gefiel die Arbeit, obwohl "es eine schwere Arbeit ist, eine nicht besonders anerkannte Arbeit". Aber der Vorsitzenden des Vereins "Älter werden in Olching", den sie auch mitbegründete, fielen damals auch die Defizite auf, die in der Altenpflege herrschen - aber auch schon in der Phase davor, wenn die Menschen älter werden und sich die Bedürfnisse verändern.
"In Olching gibt es keine Tagespflege", betont die fünffache Großmutter. Auch weitere barrierefreie Wohnungen kennt sie nicht. Die 35 von ihrem "Baby", dem seniorengerechten Wohnen, sind alle belegt, die Warteliste lang. Einen Vorteil sieht sie in der Nähe zum BRK-Pflegeheim, von der die Bewohner des seniorengerechten Wohnens bei Bedarf profitieren. Auch Synergieeffekte wie bei einer WG werden genutzt. So hat das seniorengerechte Wohnen einen großen Aufenthaltsraum mit Kochecke. Wer will, kocht mit, es wird gemeinsam gegessen. Die Hausgemeinschaft finanziert eine Sozialpädagogin, die ein Monatsprogramm erstellt, etwa mit Gedächtnistraining oder Spielenachmittag. Einmal im Monat, beim "Monaki" wird ein Kinofilm auf Leinwand gebeamt. Im Keller gibt es Sauna und Fitnessraum. Über die Jahre haben sich schöne Rituale entwickelt, zum Beispiel kochen manche gelegentlich für die Hausgemeinschaft. Zachmanns etwa laden zum Jahresanfang alle zum Weißwurstessen ein. Und Zachmann hat Schafkopfen gelernt, einmal in der Woche treffen sie sich. Aus der Politik will sie sich aber noch nicht verabschieden. Ihr Ziel: ein weiteres solches Wohnprojekt in Olching.