Schöngeising:Auferstehung einer Tradition

Beim ersten Lichtmess-Markt auf dem Jexhof freuen sich die Besucher über das dargebotene Kunsthandwerk

Von Manfred Amann, Schöngeising

Lichtmessmärkte, wie sie vor gut hundert Jahren noch in vielen Dörfern abgehalten wurden, sind mittlerweile zur Seltenheit geworden. "In Oberbayern und besonders in der stadtnahen Region zu München gibt es fast gar keinen mehr", erzählt Günter Mayr. Der Förderverein Jexhof wolle alte Traditionen bewahren oder wieder aufleben lassen und habe es daher erstmals gewagt, auf dem Gelände des Bauernhofmuseums zu einem Lichtmessmarkt einzuladen. "Und wenn ich das so betrachte, dann wird sich der Markt wohl etablieren", freute sich der Vorsitzende des Fördervereins schon am Samstagnachmittag. Und da es auch am Sonntag nicht an Besuchern mangelte, wird sich Mayrs Prophezeiung wohl erfüllen.

An Maria Lichtmess, ging früher das bäuerliche Arbeitsjahr zu Ende und die Dienstboten konnten ihre Stellung wechseln. Und ein ungeschriebenes Gesetz gewährte in den meisten Gegenden den Knechten und Mägden bis zum Agatha-Tag am 5. Februar eine Zeit des Nichtstuns und des Faulenzens, die man "Schlenkelweil" nannte. Am Lichtmess- oder Schlenkeltag zahlten die Bauern auch den Lohn für das ganze Jahr aus. Und so hatten die Dienstboten etwas Geld, um sich auf den vielen Lichtmess- oder Schlenkelmärkten etwas zu gönnen. Auch die Wirtshäuser profitierten, Überlieferungen nach soll so mancher Knecht in diesen Tagen seinen gesamten Jahreslohn in Speis und mehr noch in Trank umgewandelt haben.

Jexhof

Am Stand von Ruth Pollinger können die Besucher Naturseife und die passenden Behälter aus Keramik kaufen.

(Foto: Günther Reger)

26 Kunsthandwerker und seltene Berufe waren auf dem Jexhof vertreten, wo der alte Stadel und der Museumshof eine perfekte Kulisse bildeten. Knopf- und Kerzenmacher, Schmuckbastler und Seifensieder, Grußkartengestalter und Schneiderinnen boten ihre Produkte an. Es gab Leinenstickereien, wollige Maschenmode, Stofftiere, Engelkerzen, Keramik und auch Marmeladen, Honig und Gourmet-Kräutersalze. Aus Mittenwald waren Hans Schober und Christoph Wörnle angereist, um das aufwendige Gamsbartbinden vorzuführen. Immer wieder mit Staunen quittiert wurden Schobers Aussagen, dass man für einen Gamsbart je nach Größe und Qualität Haare von fünf und mehr Gamsböcken benötige, um daraus in 50 bis 250 Stunden eine prächtige Hutzierde zu binden. Helmut Brunner aus Olching zeigte an einem Rundgrill, dass man in einer Schmiede robustes Grillwerkzeug wie Messer, Fleischheber- oder -gabeln und Pfannen herstellen kann.

Lichtmess beendet 40 Tage nach dem ersten Weihnachtsfeiertag auch die besinnliche Zeit. Bis 1912 war dieses Fest ein kirchlicher Feiertag, der auch die Weihe von Kerzen einschloss, wobei das Licht Christus symbolisierte. Die katholische Kirche feiert diesen Tag auch als Mariä Lichtmess zur Erinnerung an die Darbringung Jesu durch Maria im Tempel. Nach alter Sitte werden noch heute Kerzen und Wachsstöckl am Lichtmesstag geweiht. Auf dem Lichtmessmarkt deckte man sich früher mit dem Jahresvorrat an Kerzen ein. So mancher Dienstbote bekam vom Bauern ein Wachsstöckl und auch Knechte bedankten sich bei den Mägden damit für deren Dienste wie Aufbetten und Wäsche waschen.

Jexhof

Kleine Figuren aus Wolle gibt es ebenfalls beim Lichtmess-Markt auf dem Jexhof.

(Foto: Günther Reger)

Auf dem Jexof boten Christiane Senger aus Freising und Christine Weichenrieder aus Arzbach traditionell gefertigte und mit Heiligenbildchen oder Kreuzmotiven verzierte Wachsstöckl, Kerzen und Klosterarbeiten an. Dienstboten gebe es ja kaum noch, doch viele Menschen würden noch Wachsstöckl kaufen und weihen lassen, um Haus und Hof unter Gottes Schutz zu stellen, sagte Senger. Anneliese Winkler aus Holzhausen erwarb bei ihr christliche Motive aus goldener Dresdner Pappe, die man gut auf Geschenke oder Glückwunschkarte kleben kann. Bewundert wurde an Weichenrieders Stand auch das "Stabei", das man einer Gebetstrommel gleich früher zum Rosenkranzbeten verwendete. Das Stabei war mit Medaillons mit christlichen Motiven behängt. "Diese nennt man Gweichtl", erklärte dazu Angela Schwarzenberg.

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