Schloss:Die Schlammschlacht zu Kaltenberg

Lesezeit: 2 min

Schwere Rüstungen, durchtrainierte Pferde: Bei den Kaltenberger Ritterspielen ist alles so authentisch wie möglich. (Foto: Johannes Simon)

Die spektakulären und für alle Altersklassen geeigneten Ritterspiele auf dem Schloss sind in diesem Jahr vor allem vom Regen geprägt. Eindrucksvoll ist die Veranstaltung trotzdem

Von Ralf Tögel, Kaltenberg

"Volk zu Kaltenberg, ihr seid wahrlich heldenhaft." Als der Herold diese Worte sprach, hatte er wahrlich allen Grund dazu. Der Herold, alias Mathias Kopetzki, ein auf Festspielen erprobter Schauspieler und Sprecher, führt die Zuschauer der Kaltenberger Ritterspiele durch die Geschichte, jetzt hielt selbst er kurz inne. Denn kaum hatte das Schauspiel begonnen, öffnete der Himmel - um im mittelalterlichen Sprech zu bleiben - seine Schleusen. Das ist das große Risiko bei Veranstaltungen unter freiem Himmel, doch derart intensiv wie am vergangenen Samstag hat es das ritterliche Treiben auf dem Schlossgelände noch selten getroffen. Und gerade als der heldenhafte Prinz Erec den bösen schwarzen Ritter Vladorak in einem epischen Zweikampf niedergerungen und den "Kampf um Kaltenberg" zu einem guten Ende geführt hatte, ließ der Regen nach. Zweimal, so erinnert sich Pressesprecher Markus Wiegand, sei es sogar noch schlimmer gewesen - in 37 Jahren.

Wenn man die feuchte Störung auszublenden in der Lage war, was vor allem den Darstellern gelang, die sich mit besonders viel Verve in die kleinen Seen zu schmeißen schienen, blieb indes ein Ritterfest, das weltweit seinesgleichen sucht. Natürlich ist zuvorderst das Ritterturnier zu nennen, das längst viel mehr ist, als ein Actionspektakel in Hollywood-Qualität. Ritter, die sich in halsbrecherischer Manier und vollem Galopp gegenseitig mit Lanzen aus den Sätteln rammen und von denen mancher auch noch am Steigbügel durch die Arena, respektive Pfützen, geschliffen wird. Doch es wird auch eine Geschichte erzählt, die von Kabale, Liebe, Mord, Eifersucht und Entführung handelt und sich in einem Happy End auflöst. Es ist sehenswert, was der preisgekrönte schweizer Regisseur Till Wyler von Ballmoss, die Dramatikerin Rebekka Kricheldorf, die unter anderem zum festen Autorenkreis am Deutschen Theater Berlin zählt und für Geschichte und Dialoge verantwortlich zeichnet, sowie der Blockbuster-erprobte Stuntpferdetrainer Mario Luraschi in diesem Jahr auf die Beine gestellt haben. Die Zuschauer werden mit immer neuen Wendungen und Pyro-Effekten in den "Kampf um Kaltenberg" hineingezogen, ständig ändern sich die Szenerien, in allen Ecken der Arena wird gekämpft, mehr als 300 Darstellern bespielen das Oval. Dabei werden Vollprofis wie die Fechtkünstler der tschechischen Stuntgruppe Merlet, die schon im Film "Der Herr der Ringe" mitwirkten, oder die Reitakrobaten des Stuntteams Cavalcade, bekannt durch ihre Lanzenkämpfe in Hollywood-Filmen, stimmig mit den leidenschaftlichen Amateuren der vielen Mittelalter-Gruppen zusammengebracht. Die wohl größte Herausforderung einer derart umfangreichen Produktion.

Aber das Geschehen in der immer weiter aufgerüsteten Arena ist nur der Höhepunkt einer Veranstaltung, die ihre Besucher in die Welt des Mittelalters mitnimmt. Man bewegt sich unter Rittern, Gauklern, Narren und Barbaren, kann mittelalterliches Handwerk an Marktständen bestaunen oder sich in den Tavernen und im Gelände der Völlerei hingeben.

Besonders bei Kindern hinterlässt diese Zeitreise einen bleibenden Eindruck, wenn sie das Lanzenstechen erlernen oder bei Peter von Schwabing und seinen edlen Rittern eine Knappenschule absolvieren und anschließend zum Ritter geschlagen werden. Auf der Waldbühne werden märchenhafte Geschichten erzählt, man begegnet Hexen und allerlei anderen so unterhaltsamen wie absonderlichen Gestalten.

Am kommenden Wochenende kann das größte Mittelalterfest von Freitag bis Sonntag noch einmal miterlebt werden. Eindrucksvoll ist das Nachtturnier am Freitag, bei dem Lichteffekte und Pyro-Einlagen ihre volle Wirkung entfalten. Für Familien eignet sich der Sonntag, um vor der Show das mittelalterliche Gelände ausführlich zu erkunden oder im Anschluss das Kinderritterturnier zu sehen. Und das beste: Die Wetteraussichten sind richtig gut.

Kaltenberger Ritterturnier, Freitag, 29. Juli, Samstag, 30. Juli, und Sonntag, 31. Juli. Karten und genauer Zeitplan unter www.ritterturnier.de.

© SZ vom 29.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: