SCF spielt nach eigenen Regeln:Blind Date

Unbekannte Kandidaten und eine Wahl ohne Stimmenzählung. Der Fürstenfeldbrucker Sportclub gibt sich einen neuen Vorstand.

Heike A. Batzer

Alfred Januschke blickte in das Rund des Konzertsaals und zeigte erst in die eine, dann in die andere Richtung: "Da waren welche, und dort." Er notierte sich "drei bis fünf Enthaltungen". Drei bis fünf? Nein, genau gezählt hatten sie nicht, als sie am Donnerstagabend einen neuen Vorstand wählten beim Sportclub Fürstenfeldbruck. Eine deutliche Mehrheit der 113 Mitglieder hatte die Hand gehoben und ihre Zustimmung signalisiert. Das musste reichen.

Die Mühe, die optische Überlegenheit in eine numerische Angabe zu fassen, machten sie sich nicht, und auch die Frage, ob die Zahl der Ja- und Nein-Stimmen und Enthaltungen am Ende mit der Zahl der abgegebenen Stimmen korrespondierte, erweckte nicht einmal nebensächliches Interesse. "So etwas habe ich noch nie erlebt", kommentierte der Kreisvorsitzende des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV), Eckart Schafferus, der im Publikum saß. Schafferus ist immerhin seit 40 Jahren Funktionär.

Ist die Wiederwahl von Vereinschef Siegfried Müller und seinem Team damit überhaupt rechtens? Kopfschüttelnd verließ CSU-Kreisrat Hubert Ficker den Sparkassensaal, wohin der Sportclub wegen des vermeintlich erwarteten Andrangs seine Hauptversammlung verlegt hatte. Die Wahl könnte anfechtbar sein, mutmaßte Ficker, Handlungsbedarf sah er freilich nicht. Ficker hat als Mitglied der Tischtennisabteilung selbst mitabgestimmt. Auch Fürstenfeldbrucks Zweiter Bürgermeister Hans Schilling (CSU), der leutselig die Grüße der Stadt übermittelte und dem SCF "Durchhaltevermögen, ein gutes Miteinander und Gottes Segen" wünschte, wollte die Wahl nicht in Frage stellen. "Ich halte mich da raus. Ich bin froh, dass sich der SCF so gefunden hat", sagte er am Freitag der SZ.

Gefunden hatten sich der wiedergewählte Präsident Müller und seine neuerdings vier Stellvertreter: Eckart Lutzeier, der bereits seit zehn Jahren dem Vorstand angehört, Frank Demmer, der vor zwei Jahren ausgeschieden und nun zurückgekehrt ist, Osman Akyüz, der die Abteilung Frauenfußball leitet, und Hannes Mühlberger. Alfred Januschke bleibt Geschäftsführer und übernimmt für die zwanzig Jahre lang amtierende Sieglinde Schmid die Kassenführung, die Abteilungsleiter Seniorenfußball und Jugend heißen Alfred Thurner und Jakob Ettner. Über alle acht Personen wurde im Paket per Handzeichen abgestimmt, nicht einmal für den Vereinsvorsitzenden gab es einen eigenen Wahlgang. Für die Mitglieder war es ein Blind Date: Auch vorgestellt hatte sich keiner der Kandidaten.

Die Vereinssatzung sehe nicht unbedingt die Bildung eines Wahlausschusses vor, sagte Müller am Freitag, er habe sich da "schlau gemacht". Es reiche, wenn die Versammlung einverstanden sei, dass ein Wahlleiter das übernehme. Stefan Julier, der Kassenprüfer und ehemalige Geschäftsführer, traute sich das zu und ließ eine Wahl geschehen, ohne sich um allgemein anerkannte Regularien zu scheren.

Vereinschef Müller hatte sich zuvor in seiner halbstündigen Rede über Kritiker aus den eigenen Reihen beschwert und die Berichterstattung in den Medien, die einem doch so bemühten Präsidium gleichermaßen die Arbeit erschwerten. An mehreren Fronten steht zudem juristischer Ärger ins Haus: Der Nachbarverein TSV Fürstenfeldbruck-West fordert mittels Klageschrift eine Ablösesumme ein, der dauerverletzte Fußballer Christian Schmid laut Müller nicht nur das bereits an ihn ausbezahlte Drittel der 33 000 Euro, die der SCF aus einer Versicherung erhalten hat, sondern die ganze Summe. Über den gekündigten Vereinswirt, der kaugummikauend im Auditorium saß, sagte Müller, dass möglicherweise "noch ein Gericht bemüht" werden müsse. Und das, obwohl der Verein schon jetzt nicht das Geld aufbringen kann, das er braucht: Der Seniorenfußballabteilung fehlen für die laufende Saison rund 30 000 und für die neue Spielzeit weitere 20 000 Euro.

Wie das dann alles verbucht sein wird, darf künftig Georg Stockinger überprüfen. Der ehemalige Kiesgrubenbesitzer, der für die Freien Wähler im Kreistag sitzt, hob die Hand, als Wahlleiter Julier nach einem Kandidaten suchte, der den Revisor Julier bei der Arbeit unterstützt. Stockinger habe sich vor der Wahl angeboten und wolle dem SCF helfen, sagte Müller der SZ. Stockinger selbst erklärte, er habe sich spontan gemeldet. Der 51-Jährige galt vor einem Vierteljahr als Kandidat für den Vereinsvorsitz. Als sich auch der ehemalige Präsident Albrecht Huber wieder ins Gespräch brachte, zog Stockinger zurück. Nun ist er doch in Amt und Würden beim Sportclub. Der Ablauf der Wahl kam ihm deshalb auch nicht sonderbar vor: "Es ist schnell und ruhig durchgegangen."

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