S-Bahn-Misere:Ein Hauch von Stuttgart 21

Die Brucker, Eichenauer und Puchheimer sind nicht die einzigen, die mit der Verkehrspolitik im Großraum München unzufrieden sind. Der Widerstand gegen die zweite S-Bahn-Stammstrecke wächst.

Wolfgang Krause

Ein bisschen hilflos wirkt es schon, wenn zwei Bürgermeister, die sonst gerne die großen Macher markieren, die Bürger zum Protest gegen den Freistaat und die Bahn aufrufen. Und tatsächlich haben der Brucker OB Sepp Kellerer und sein Puchheimer Kollege Herbert Kränzlein der Untätigkeit des Wirtschaftsministeriums und des Verkehrsunternehmens kaum mehr entgegenzusetzen als die Pendler, die Tag für Tag den Verspätungen und Pannen auf der überlasteten S-Bahn-Strecke nach Fürstenfeldbruck ausgeliefert sind. Jahrelang mussten sie sich vertrösten lassen, um nun zu erfahren, dass das Projekt auf absehbare Zeit ganz gestrichen ist.

S-Bahn-Misere: Haidhauser Bürger protestieren gegen die zweite S-Bahn-Stammstrecke.

Haidhauser Bürger protestieren gegen die zweite S-Bahn-Stammstrecke.

(Foto: Stephan Rumpf)

Andererseits darf man die Wirkung so eines Aufrufs nicht unterschätzen - in Zeiten, in denen der Bau eines Bahntunnels in Stuttgart Tausende von Leuten auf die Straße treibt, die nie zuvor auf einer Demonstration waren. Natürlich können die Brucker, Eichenauer und Puchheimer alleine nichts ausrichten.

Aber sie sind nicht die einzigen, die mit der Verkehrspolitik im Großraum München unzufrieden sind. Die unter Politikern seit langem umstrittene zweite Stammstrecke stößt zunehmend auf Widerstand in der Bevölkerung. Zur ersten Protestkundgebung gingen nur die Anwohner, die die Belastung durch die Baustelle fürchten. Doch das könnte sich ändern - wenn die S-Bahn-Nutzer zu dem Schluss kommen, dass der neue Tunnel ihre Situation nicht entscheidend verbessern wird.

Zumindest für die Pendler auf der S4 ist diese Einschätzung sicher richtig. Solange die Strecke in die Buchenau nicht ausgebaut wird, werden sie nicht in den Genuss eines Zehn-Minuten-Taktes kommen, wie er auf vergleichbaren Linien zur Stoßzeit inzwischen selbstverständlich ist. Sie hätten also allen Grund, gegen das Großprojekt Sturm zu laufen, das Milliarden verschlingt und für den überfälligen Ausbau der Außenäste nichts übrig lässt.

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