Rundgang:Vom Taxiway zur Südumfahrung

Baustelle Südumgehung

Vom dichten Schneetreiben lassen sich die Teilnehmer der Baustellenbesichtigung nicht abhalten. Sie wollen von Bürgermeister Hans Seidl alles über die Umfahrungsstraße erfahren.

(Foto: Günther Reger)

Maisachs Bürgermeister Hans Seidl erzählt auf der Baustelle über Historie und Planung und erläutert, warum im Schutzgebiet aus ökologischen Gründen keine Bäume gepflanzt werden dürfen

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Die Südumfahrung von Maisach soll nicht nur einfach eine Entlastung bringen, sie wird dem Ort auch Erweiterungsmöglichkeiten bieten. Darauf hat Maisachs Bürgermeister Hans Seidl die 25 Teilnehmer einer Baustellenbesichtigung auf dem ehemaligen Fliegerhorst hingewiesen. Die Gemeinde hatte öffentlich zur Besichtigung eingeladen, um den Bürgern die Gelegenheit zu geben, die Trasse für die südliche Umfahrung von Maisach überhaupt kennenzulernen und das Gelände in einem Zustand zu sehen, der sich rasch verändern wird.

Was die Besucher unter der Führung Seidls sahen, lag zwar unter einer geschlossenen Schneedecke, aber es war gut zu erahnen. Baumaschinen haben die alte nördliche Startbahn des Flugplatzes abgefräst, Archäologen haben mit ihrer Arbeit begonnen und auch die Suche nach möglichen Bomben und anderen gefährlichen Überbleibseln aus dem zweiten Weltkrieg wurde gestartet. Seidl berichtet von ersten Kampfmittelfunden, auch größeren Teilen in bis zu fünf Metern Tiefe, von denen man aber bislang nichts Genaues wisse. Sehr gut dokumentiert ist dagegen, wo Bomben auf den Flugplatz gefallen sind, denn die britische Luftwaffe überflog nach den Angriffen die getroffenen Gebiete und schoss Fotos. Diese Aufnahmen können zur Auswertung und gezielten Suche herangezogen werden. Aber ausgeschlossen wird auch nicht, dass in der Zeit der Amerikaner auf dem Flugplatz oder danach irgendetwas anderes vergraben wurde. Die abgefräste Oberfläche des sogenannten Taxiways ist laut Seidl teerhaltig und muss entsorgt werden. Die darunterliegende Betonschicht, derzeit zwischen 18 und 28 Metern breit, wird entfernt und die Trasse für die Umfahrungsstraße auf sieben Meter verschmälert. Alles, was an Flächen nicht für den Straßenbau benötigt werde, werde den Ausgleichsflächen zugeschlagen. Insgesamt würden 13 Hektar, also 130 000 Quadratmeter, "entsiegelt".

Der Ausgleich ist auch nötig, da die Straßen durch das seit 1992 bestehende FFH-Gebiet führt. Noch vor dem Ende des militärischen Flugbetriebs in Fürstenfeldbruck waren 261 Hektar des 300 Hektar großen Geländes unter den Schutz der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union gestellt worden. Mit dieser FFH-Richtlinie sollen natürliche Lebensräume von wild lebenden Tieren und Pflanzen erhalten werden. Mit dem Geltungsraum innerhalb der EU soll eine europaweite Vernetzung dieser Schutzgebiete erfolgen. Laut Seidl hat die Fläche seither ökologisch an Wert gewonnen, so dass ein Eingriff - und das ist der Bau der Südumfahrung - nur aus "überwiegend öffentlichem Interesse" erfolgen dürfe und dafür aber umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen erforderlich seien.

Wie empfindlich das Schutzgebiet ist, erklärte der Bürgermeister am Beispiel des Plans, entlang der 3,2 Kilometer langen Umfahrung eine Allee zu pflanzen. Weil die Bäume Ansitz für Greifvögel sein könnten, musste diese Idee fallen gelassen werden. Auch die Zäune, die jetzt schon die Baustelle zum FFH-Gebiet und auch in Zukunft auch die Fahrbahn abgrenzen, dürfen nur eine bestimmte Höhe haben, damit von dort kein Bussard Jagd machen kann. Durchlässe wird es nur für die Tiere geben, Menschen sollen nicht in das Schutzgebiet gelangen. Auch einen Radweg wird es dort nicht geben, lediglich eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer, die aber außerhalb des FFH-Gebiets liegt und Maisach und Fürstenfeldbruck verbinden wird.

Eine deutliche Entlastung erhofft sich nicht nur die Gemeinde auf der Hauptstraße, auch die Anwohner der Frauenstraße erwarten, dass der Schwerlastverkehr die Umfahrung benutzt und sich nicht mehr ihre Straße als Schleichweg aussucht. Seidl machte auch deutlich, dass die wirklichen Profiteure der Straße die Fuhrunternehmer aus dem Fürstenfeldbrucker Gewerbegebiet Hasenheide sein würden. Sie erhalten damit eine schnelle Zufahrt zur Anschlussstelle Olching der Bundesstraße 471 und im weiteren Verlauf auch zur Autobahn 8.

Die Bürger erfuhren auf der Baustelle, dass die Kosten in Höhe von zehn Millionen Euro von der Gemeinde Maisach vorgestreckt werden müssen. Die staatliche Förderung werde bis zu fünf Millionen Euro betragen, so Seidl. Weil die Förderzusage nur für heuer galt, musste jetzt mit dem Bau begonnen werden. Welche finanzielle Auswirkungen die Straße einmal haben könnte, deutete Seidl an, als er von dem Gebiet sprach, das nördlich der Umfahrungsstraße jetzt noch als "pferdeaffine Fläche" bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um insgesamt 65 Hektar Grund am südlichen Rand Maisachs und nördlich der künftigen Umfahrungsstraße, von dem 25 Hektar bebaut werden können. Ursprünglich wollte die Karl-Gruppe als Eigentümerin dort die Traber mit ihrer Rennbahn ansiedeln, um das Traber-Gelände in München-Daglfing mit Wohnungen bebauen zu können, wie Seidl sagte. Die Traber würden nun aber nicht umziehen, und so stehe der Eigentümerin ein Gelände zur Verfügung, auf dem Wohnungen gebaut werden könnten. Damit könne sich Maisach zum ersten Mal wieder nach Süden ausdehnen. Die Lage sei schon deshalb ideal, weil es von dort zum Bahnhof Maisach nur acht Gehminuten wären. Seidl sagte aber auch, dass es nicht allein darum gehe, Wohnungen für Menschen zu schaffen, die von dort aus nach München zur Arbeit fahren. Es müsse in dem entstehenden Siedlungsbereich in den kommenden Jahrzehnten so geplant werden, dass es in der Nähe der Wohnungen auch Arbeitsplätze gebe. Ein Gewerbegebiet auf der Fläche schloss Seidl aber aus. Zu welchen überörtlichen Planungen die Anrainerkommunen des Flugplatzes gemeinsam kommen, dürfte sich laut Seidl erst nach dem einjährigen Moratorium zeigen, das in diesem Jahr zu Ende geht.

Um den Maisachern den Baufortschritt und die Veränderungen in der umgebenden Landschaft zu zeigen, ist laut Bürgermeister Hans Seidl im Mai eine weitere Besichtigung angedacht, zu der öffentlich eingeladen werde.

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