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Puchheim: GABRIELE SCHLÜTER - Kunstaktion vor evangelischer Kirche

Bereits im vergangenen Jahr hat Gabriele Schlüter die Pfosten vor der Auferstehungskirche in eine Kunstinstallation eingebunden.

(Foto: Johannes Simon)

Die Künstlerin Gabriele Schlüter will mit ihrer Installation aus Pfosten und Bibelversen Orientierung geben

Von Julia Bergmann, Puchheim

Am Sonntag fallen die Tücher. Dann gibt Gabriele Schlüter den Blick auf die erste, jetzt noch verhüllte Station ihrer Kunstinstallation vor der evangelischen Auferstehungskirche in Puchheim frei, auf die krummen, verbogenen Pfosten vor der Kirche, die früher einmal große Lichtkugeln trugen und im Dunkel der Nacht den Weg wiesen. Schon lange sind die Laternen außer Betrieb, aber Wege weisen sollen sie noch immer. Die Pfosten, mittlerweile weiß gestrichen, stehen völlig nackt da. Hinter ihnen zieren ausgewählte Bibelzitate bunt gestrichene Holzwände. Alle thematisch passend. "Stäbe und Stecken spielen an vielen Stellen in der Bibel eine wichtige Rolle", sagt Schlüter. Da ist der gute Hirte, der mit seinem Stab den Weg weist, Moses, der mit einem Stockschlag Wasser aus einem Felsen fließen lässt und Jesus der einst gesagt haben soll "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben". Über 80 solcher Stellen hat Schlüter bei ihrer Recherche im Alten und im Neuen Testament gefunden.

Hinter den einzelnen Laternenstangen also steht jeweils ein passendes Zitat aus der Bibel. Auf der Rückseite will die Puchheimer Werkpädagogin Denkanstöße geben, die zum jeweiligen Vers passen. Dort sollen Impulsfragen stehen. Schlüter möchte die Menschen zum Nachdenken bringen, darüber wer oder was ihr Stock, ihre Stütze im Leben ist. Sie will verdeutlichen, dass es etwa, wenn es im Buch Jesaja heißt "Das geknickte Rohr wird er nicht brechen", bedeutet, dass es in Ordnung ist, den Kopf einmal hängen zu lassen, vielmehr - es ist menschlich und es darf sein. Und sie will unterstreichen, was ihr selbst am Herzen liegt, nämlich dass es die Religion vermag, Menschen Mut zu geben. "Und dass wir weg vom Perfektionismus kommen", fügt sie hinzu, weg von der Maske der Sorglosigkeit, die wir nach außen hin aus Angst vor dem Makel immer wieder versucht sind, zu zeigen. "Durch diese Stäbe will ich das deutlich machen. Auch sie dürfen so schief und krumm bleiben, wie sie jetzt dastehen", so die Puchheimerin.

Rund um die einzelnen Stationen soll es immer wieder auch Elemente geben, die die aufgegriffenen Bibelzitate verbildlichen. In Anlehnung an Moses' Stockschlag gegen den Felsen hat Schlüter eigens einen Marmorfelsen vor die Kirche transportieren lassen. Auch ein echter Weinstock soll auf dem Areal seinen Platz finden.

Bereits im vergangenen Jahr hat Schlüter auf dem Areal eine Kunstinstallation gezeigt. "Die Pfosten kannte ich noch von früher, mit den alten Glaskugeln drauf", sagt sie. Die Form habe sie zu ihren Werken inspiriert. Auf den Stäben hat sie damals fragmentarische Gipsschalen montiert, deren Mitte eine Kerze erleuchtete. Die Gipsschalen sollten als Symbol für den Menschen in seiner Halbheit stehen, für seine Sehnsucht nach Vollkommenheit und seine Suche nach Ergänzung. Weitere Schalenfragmente hatte Schlüter auf dem Boden verteilt: "Man muss nach der Ergänzung suchen, sie liegt nicht direkt neben einem."

Tiefe Gedanken durch Kunst sichtbar zu machen, reize sie. Die grundlegende Idee zu ihren Installationen stammen allerdings von Markus Ambrosy, dem Pfarrer der Gemeinde. Er war es auch, der Schlüter dazu ermuntert hat, einen zweiten Teil zu planen. Im Hinterkopf immer den Gedanken, Altem eine neue Chance zu geben. Immerhin sollten die Überreste der Laternen schon längst abmontiert und entsorgt werden. Aber noch ein anderer Gedanke gefällt Schlüter. Nämlich der, dass die Installation unter freiem Himmel vor der Kirche stattfindet. "Dort kommen auch Menschen vorbei, die sonst vielleicht nicht in die Kirche gehen und dadurch vielleicht Hilfe bekommen, das Leben zu erspüren", sagt sie.

Am Sonntag, 6. September, wird um 10 Uhr die erste Station auf dem Platz vor der Evangelischen Auferstehungskirche in Puchheim enthüllt.

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