Puchheim:Sache des Blickwinkels

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Gute und schlechte Orte im Wohnviertel Planie sollten die Puchheimer mit dem Fotoapparat dokumentieren. (Foto: Günther Reger)

Bewohner des Wohnviertels Planie gehen auf Fotostreifzug

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Alles ist natürlich eine Sache des Blickwinkels und der bisherigen Lebenserfahrung. Drei gute und drei schlechte Orte sollten am Samstagvormittag die Bewohner der Planie in Puchheim fotografieren, hatten sich die Mitarbeiter des Stadtteilzentrums "Soziale Stadt" ausgedacht. "Sie bekommen von uns Fotoapparate und sollen in Gruppen als Forscherteams unterwegs sein und ihre Sichtweise an dem Ort, in dem sie leben, widerspiegeln", erklärt Organisator Martin Kulzinger vom Stadtteilbüro. Die Fotostreifzüge durch das Puchheimer Manhattan sollen dann ausgewertet und diskutiert werden.

Etwa 3000 Menschen aus 70 Nationen wohnen im Areal der Adenauer- und Kennedystraße. Das Interesse an der Aktion, die im Rahmen des Tages der Städtebauförderung in ähnlicher Form in der gesamten Republik stattfand, hielt sich in Grenzen. Gekommen waren nur ein Dutzend Bewohner der 3000. Darunter waren zwei syrische Familien mit ihren Kindern. Für die Familie von Schams Alnajar, einem 44-jährigen Ingenieur für Öl- und Wassertechnologie, der vor sieben Monaten aus dem zerbombten Homs nach Puchheim kam, stand sowieso fest: "Deutschland ist schön." So suchte seine Ehefrau Manal Endawy, die den Fotoapparat bediente, zunächst auch die schönen Orte am Rand der Planie. Als erstes fotografierte sie die Pappelallee, die zur Marienkappelle am Gröbenbach führt. "Das ist schön", sagte sie und ihr Mann ergänzte zustimmend lächelnd "super".

Die Familie hat vier Kinder, Jungen im Alter von zehn bis 14 Jahren. Der elfjährige Noor spricht schon erstaunlich gut Deutsch und übersetzt während des Fotostreifzuges für seine Eltern. Noor geht in die dritte Klasse der Grundschule Süd. "Deutsch und Mathematik sind meine Lieblingsfächer", erzählt er. Die Familie wohnt in einer Wohnung in der Adenauerstraße. "Freunde habe ich schon viele", sagt Noor. "Ich spiele mit ihnen Fußball und Basketball." Seine Eltern besuchen einen Deutschkurs, aber mit der Sprache geht es nicht so recht voran. Deshalb hätten sie zusätzlich gerne noch einen Privatlehrer, um schneller Deutsch zu lernen. Kurz vor der Schule fotografiert die Mutter eine Reihenhaussiedlung in der Primelstraße als zweiten schönen Ort. "In Homs gab es nur Hochhäuser", erklärt Noor die Tatsache, dass sie alle diese kleinen Häuser sehr schön finden. Drittes Schönheitsobjekt ist die Grundschule Süd.

Einen nicht so schönen Ort konnte die syrische Familie kaum finden. Schließlich fotografiert der große Sohn Abdul Magid den kleinen Ententeich an der Ringpromenade. Das Biotop sei ihnen etwas zu schmutzig im sonst so sauberen Deutschland. Der zweite etwas unwirtliche Ort für sie war der Hof einer Firma an der Bahnhofstraße. Andere Fotostreifzügler hatten einen umgeworfenen Stromkasten und Sperrmüll fotografiert, der aufgeräumt gehört. Andere lichteten den Entenweiher wiederum als schönen Ort ab. Die Fotos wurden ausgedruckt und zu Collagen zusammengefügt. "Der Müll im Areal ist ein ständiges Thema", resümiert Quartiermanager Kulzinger. Er lob das Engagement der Forscher. Die Pappelallee tauchte auf den Fotos oft als schöner Ort auf, so Kulzinger. "Den großen Grünraum in der Planie fanden alle gut."

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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