Puchheim:Melancholie in Moll

Nicht nur die Argentinier, auch die Finnen tanzen mit Begeisterung Tango. Das passt eigentlich gar nicht zu ihrem Image. Wie sie das machen, zeigt der Deutsch-Finnische Club Puchheim bei einem speziellen Kurs

Von Viktoria Lack, Puchheim

Mit dem Tango tanzen verbindet man Buenos Aires, Leidenschaft und spanische Melodien. Doch nicht nur in Argentinien wird Tango getanzt, sondern auch in Finnland - und durch Zutun des Deutsch-Finnischen Clubs sogar in Puchheim. Es ist bereits der dritte finnische Tangokurs, den der Verein organisiert hat. Acht Tanzpaare versammelten sich am Donnerstagabend in der Alten Schule in Puchheim, um die Grundschritte des finnischen Tangos zu erlernen. Unterrichtet werden sie von Rolf Kajanne, einem finnischen Tänzer, der mit dem Tango aufgewachsen ist. Auch Vorstandsmitglied Ulla Williams, die "Vorzeigefinnin" des Vereins, tanzt seit ihrer Kindheit: "Jeden Samstag war bei uns Tanzabend. Es sind ja sehr einfache Schritte, aber finnischer Tango ist ganz anders als der argentinische", weiß Williams.

Zu den wesentlichen Unterschieden zwischen den beiden Tanzformen gehört die musikalische Zusammensetzung: Der finnische Tango ist eine vereinfachte und melancholischere Version in Moll statt Dur. Außerdem ist er weniger kompliziert, sondern basiert auf östlichen Melodien, die mit dem Takt des deutschen Militärmarsches verbunden wurden. "Dadurch wurde der Tango so einfach, dass sogar finnische Männer ihn tanzen konnten", erklärt Kajanne. Die finnischen Männer seien von Natur aus schüchtern und zurückhaltend - dank der engen Tanzform kamen die stillen Herren in sehr engen körperlichen Kontakt mit ihren Tanzpartnerinnen. "Ohne den Tango wären die Finnen vielleicht gar nicht auf die fünf Millionen Menschen gekommen, die sie heute sind", lacht der Tanzlehrer.

Tango

Wie Finnen Tango tanzen: In der Alten Schule Puchheim wollen das acht Tanzpaare ausprobieren.

(Foto: Günther Reger)

Die enge Tanzweise dürfen die Anwesenden beim Tanzkurs auch gleich ausprobieren. Als Hilfestellung dient die "Abschiedsszene": Mann und Frau liegen sich eng umschlungen in den Armen, dann werden zwei Arme ausgestreckt und die Tanzhaltung ist perfekt. Gegen den Uhrzeigersinn tanzen die Paare im Kreis, langsame, schreitende Schritte - der Mann vorwärts, die Frau rückwärts. "Der Mann muss wissen, was er mit der Frau vorhat, sonst kommt es zu Kollisionen auf der Tanzfläche", erklärt der Tanzlehrer.

Auch wenn der Tango eigentlich ein melancholischer Tanz ist, der das Leid der Tänzer ausdrücken soll, ist davon beim finnischen Tanzabend in Puchheim nichts zu spüren. Die Tanzpaare werden mit der Zeit immer mutiger, bauen schnelle und kurze Schrittpassagen ein. Wenn der Tanzlehrer von engem Körperkontakt und Tanzabenden als Partnerbörse spricht, wird zwischen den Paaren getuschelt und gekichert. Mit dabei ist auch Ingeborg Keil, Vorstandsmitglied und leidenschaftlicher Finnland-Fan. Die Germeringerin spricht selbst etwas finnisch und hat bei einer Busreise des Vereins schon live erlebt, wie bei einem sogenannten Tanzboden getanzt wird. "Da ist dann irgendwo im Wald eine große Tanzfläche. Die Männer auf der einen Seite, die Frauen auf der anderen. Dann wird getanzt - manche sind richtige Profis", erzählt Keil. Dieses Erlebnis bekräftigt auch Ulrike Wörner, die zweite Vorsitzende: "So etwas gibt es bei uns nicht. Eine tolle Show."

Tango

Der finnische Tänzer Rolf Kajanne (Mitte) leitet sie dabei an.

(Foto: Günther Reger)

Der Tango entstand Ende des 19. Jahrhunderts in Argentinien. Als er im Jahr 1913 nach Finnland kam, fühlten sich die Finnen durch den Tango in ihrem Leid unter der russischen Herrschaft verstanden. Besonders in den Vierziger- und Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts war der Tango in Finnland besonders beliebt - bis dann nach und nach der Rock'n'Roll zur Konkurrenz wurde.

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