Puchheim:Lasziv und seriös

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Dem Tango verleiht Quadro Nuevo beim Konzert im Puchheimer Kulturzentrum etwas magisch Visionäres. (Foto: Günther Reger)

Quadro Nuevo brilliert in Puchheim mit ungewohntem Tango-Konzert

Von Jörg Konrad, Puchheim

Sie haben ihre unverwechselbare Art des Musizierens gefunden. Nur ein paar Töne von ihnen und man weiß unwillkürlich: Das können nur Quadro Nuevo sein, diese zwischen Tango, Flamenco, Walse Musette und mediterraner Melancholie pendelnde Formation. Man wird ihnen nicht voll gerecht, wenn man sie einfach als ein Quintett einordnet, das Weltmusik spielt. Dafür ist ihre Musik zu persönlich, widmen sie sich zu stark einzelnen geografischen und kulturellen Regionen. Das Dach, unter dem das alles geschieht, kommt dem Jazz vielleicht noch am nächsten, dieser freiheitlichen musikalischen Bewegung, deren Offenheit die tollsten Kombinationen und Einstellungen ermöglicht.

Ihr letztes Album nannten Quadro Nuevo schlicht und einfach "Tango". So auch der Titel ihrer momentanen Konzerttour, die sie nach Puchheim ins dortige Kulturzentrum führten. Es fiel den fünf Musikern nicht sehr schwer, das Publikum mit ihrer Musik zu erreichen und es in kurzer Zeit auch zu begeistern. Sie spielten eine Mischung aus der mehr lasziv klingenden Tangogeschichte wie er einst in den Bordellen und Hafenspelunken interpretiert wurde und eigenen Stücken, die den Tango mehr als eine seriöse Konzertmusik vermitteln. Auffällig jedoch immer ihr authentischer Ansatz, dieses Temperament und die Leidenschaft, deren Eleganz und Unbedingtheit unter die Haut gehen.

Mulo Francel an Saxofonen und Klarinette war vor kurzem erst im Landkreis mit seinem Quartett zu Gast. Bei Quadro Nuevo hält er sich mehr zurück, passt sich stärker in die knappen, manchmal wie gehackten Tangomelodien ein. Kann aber auch mit viel Schmelz im Ton die kurzen improvisatorischen Bögen kunstvoll ausfüllen. Andreas Hinterseher ist, zumindest in diesem Projekt, endgültig zum Bandoneon übergegangen. Es gestaltet den vielleicht typischsten "Tango-Sound", in dem die Sehnsucht und die innere Zerrissenheit so wunderbar zum Ausdruck kommt. Evelyn Huber bringt über ihre Instrumente, die Harfe und das Salterio, eine völlig neue Klangfarbe in den Tango. Er bekommt aufgrund des Sounds etwas Schwebendes, etwas magisch Visionäres. Chris Gall am Klavier atmet förmlich musikalische Toleranz, verpackt in Harmonien und Akkorde, die der Musik eine Frische und trotz ihrer Geschichte eine Unverbrauchtheit attestieren. Und D.D. Lowka am Bass steht für die Komplexität des Rhythmus, seine manchmal leicht gereizt und angespannt wirkende Grundierung, die atmosphärisch herausfordert und betörend wirkt.

Ausschlaggebend für dieses Programm der fünf Instrumentalisten war eine Reise nach Buenos Aires, um dort den argentinischen Tango vor Ort zu studieren. Zurückgekehrt sind sie mit jeder Menge Inspirationen, mit traditionellen Kompositionen und Ideen für neue Stücke. Und mit einer Spielfreude, die ansteckend wirkt und jedem Klischee des Tango erfreulich widerspricht.

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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