Puchheim:Künstlerwerkstätten scheitern am Brandschutz

Vor einem Jahr richteten Musiker, Theaterleute und bildende Künstler in der Sortierhalle der ehemaligen Müllverwertung Ateliers ein. Nun erklären sie das Kunst-Projekt Halle 11 für beendet und ziehen aus.

Von Peter Bierl

Das Kunst-Projekt Halle 11 im alten Puchheimer Gewerbegebiet am Bahnhof ist nach nur einem Jahr endgültig gescheitert. Künstler, Immobilienverwaltung und Behörden konnten sich über den Brandschutz nicht einig werden. Mindestens 50 000 Euro hätten in die alte Halle investiert werden müssen. "Zum Schluss wollten die uns bloß loshaben", warf der Sprecher der Gruppe Halle 11, Manfred Bogner, dem Eigentümer vor. "Die hatten völlig überzogene Vorstellungen", entgegnet Erich Pürkner, der als Anwalt des Eigentümers fungiert. Eine Umgestaltung des gesamten Areals der früheren Müllverwertung scheint derzeit in weiter Ferne

Halle 11 Puchheim

Ein Jahr lang Künstlerdomizil: die Halle 11 im Gewerbepark in Puchheim.

(Foto: Günther Reger)

Anfang Mai 2012 feierten die Künstler eine großes Einweihungsfest in der früheren Sortierhalle der Müllverwertung. Musiker, Theaterleute, Maler, Zeichner und Bildhauer richteten sich dort auf 750 Quadratmetern im ersten Stock der Hallen 11 und 12 Ateliers und Studios ein. Kurz vor der Eröffnung war nebenan eine Halle komplett abgebrannt. Am Jahresende monierte das Landratsamt, dass der Brandschutz nicht gewährleistet sei. Es fehle insbesondere an Rettungswegen aus dem Obergeschoss. Damit kam der Betrieb praktisch schon zum Erliegen. In diversen Gesprächsrunden suchten die Künstler, Kommunalpolitiker, Vertreter der Kreisbehörde sowie der Firma Bilfiger, die das Gebäude verwaltet, nach einer Lösung.

Bogner wirft nun dem Eigentümer der Halle, Alois Harbeck, vor, den Künstlern keinen Einblick in das Brandschutzgutachten gewährt zu haben. "Wir wussten nicht genau, was von uns verlangt wurde, wir wurden immer nur mit Zahlen abgespeist, rügt der Sprecher der Künstlergruppe. Zu einem letzten Gesprächstermin im Landratsamt seien Pürkner und Harbeck gar nicht erst erschienen.

Pürkner weist die Kritik zurück, zumal die Künstlergruppe mit seinem Mandanten, der Harbeck und Stiebler GmbH Grundbesitzverwaltungsgesellschaft und Co. KG, keinen Vertrag geschlossen habe. "Das gesamte Gelände ist seit 1948 verpachtet, die Firma Bilfiger ist Rechtsnachfolger des Pächters." Dieses Unternehmen handle völlig selbständig und darum habe er das Brandschutzgutachten auch dieser Firma Bilfiger und nicht den Künstlern übergeben, auf die Pürkner nicht gut zu sprechen ist.

Die hätten sich bloß an Harbeck gewandt, weil dieser einen Ruf als Kunstmäzen genießt. Die Künstler würden öffentliche und private Förderung verlangen, aber nichts für die Allgemeinheit tun. Ohne einen Nachweis der Gemeinnützigkeit gebe es aber keine Förderung, erklärte Pürkner der SZ, der lange Jahre für die CSU das Amt des Bürgermeisters in Puchheim ausgeübt hat. "Was die dort machen, ist eine rein private Veranstaltung. Da gehen Leute ihren künstlerischen Hobbys nach und sind nicht bereit, eine angemessene Miete zu zahlen", sagte er.

"Es gibt so viele Auflagen und Stolpersteine, dass es einfach nicht geht", sagte Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) der SZ. Mit 50 000 Euro hätte man sowieso nur die minimalen Anforderungen verwirklichen können. "Eine dauerhafte Nutzungsänderung von Gewerbe zu Kultur wäre damit sowieso zweifelhaft." Allenfalls wäre eine temporäre Duldung der Künstlerwerkstätten möglich gewesen. Für einen kompletten Brandschutz in der Halle hätte man etwa 150 000 Euro ausgeben müssen. "Schon der Betrag von 50 000 Euro wäre politisch für die Kommune nicht tragbar gewesen", sagte Seidl. Immerhin hätte es sich um eine öffentliche Investition für ein privates Gebäude gehandelt. Der Bürgermeister betonte jedoch, dass ein solches Ansinnen gar nicht an die Stadt herangetragen worden sei.

Die Künstler argwöhnen, dass Harbeck sie los haben wollte, weil er das gesamte Areal an der Josefstraße, das Betriebsgelände der alten Müllverwertungsgesellschaft, anders verwerten will. Das wiederum bestreitet Pürkner indirekt. Er erklärte, dass der Pachtvertrag von Bilfiger im Oktober 2014 auslaufe, dann werde Harbeck die Verwaltung wieder selbst übernehmen. Eine komplette neue Planung für das Gelände stehe jedoch "in den Sternen". Harbeck habe vor drei Jahren auf Bitten der Kommune rund 70 000 Euro für einen Bebauungsplanentwurf ausgegeben, dazu viel Geld für Bodenuntersuchungen wegen Altlasten, aber vergebens. "Mein Mandant ist nicht bereit, noch mal große Summen in die Hand zu nehmen." Man werde die einzelnen Gebäude wie bisher vermieten und verpachten.

Der Bürgermeister bestätigte, das keine Anträge oder Vorschläge von Harbeck im Rathaus vorliegen. Lediglich für das abgebrannte Gebäude hat Harbeck einen Neubau beantragt, den die Stadt genehmigte. Seidl ist darüber nicht betrübt, weil er momentan mit dem Umbau des Ortszentrums genug beschäftigt ist. "Mich drängt es nicht, jetzt dort auch noch einzusteigen, das Gelände hat in sieben bis zehn Jahren immer noch Potenzial", sagte Seidl.

Der Grafiker Miki Früh, der das Projekt mit initiiert hat, wird an diesem Mittwoch sein Atelier räumen. Als Symbol für die Verhinderung von Kunst wird Früh um 17 Uhr eine große leere Leinwand zu Fuß in einem Happening von Puchheim nach Haus nach Emmering tragen. Die Künstlergruppe will sich mit einer großen Abschiedsparty im Kulturzentrum Puc am Sonntag, 28. Juli, von 18 Uhr an von allen Freunden und Unterstützern in Puchheim verabschieden. Es soll ein lockeres Kulturfest mit Musik, Videoinstallationen, Gedankenaustausch, Aus- und Rückblicken werden .

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