Puchheim:Helligkeit für eine dunkle Ecke

150 Erwachsene und Kinder feiern auf der Kennedywiese in Puchheim ein Lichterfest und werben dabei für ein respektvolles Miteinander von Einheimischen und Migranten in der Planie

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Die Stimmung auf der Puchheimer Kennedywiese war nach Einbruch der Dunkelheit sehr anheimelnd. 150 Erwachsene und Kinder hatten sich auf der Wiese zusammengefunden, um ein Lichterfest zu begehen. "Das Fest soll ein Zeichen setzen für Respekt und ein freudvolles Miteinander gegen Gewalt und Rassismus", hatten die Organisatoren vom Puchheimer Stadtteilbüro in der Einladung formuliert. Die Veranstaltung war schon vor den Terroranschlägen von Paris terminiert worden. Vor allem ging es darum, an diesem Ort Licht zu machen. Ist doch dieser Abschnitt des Fußweges zur S-Bahn nicht beleuchtet. "Wir wollen für drei Stunden den Tag zurückerobern", sagte Thilo Klöck von der Hochschule München.

Klöck ist seit einem Jahr Kooperationspartner des Stadtteilbüros. Damit Licht werden konnte, hatte der Hochschullehrer Licht und vor allem Kunst mitgebracht. Da wehten gleich mehrere bunte Fahnen auf der Wiese und ein riesiges Tuch, "eine rote Brücke auf blauem Grund", sagte Klöck, in Anlehnung an ein Gemälde von Paul Klee. Das Tuch hatten von Klöck betreute Schüler aus Milbertshofen bemalt. An den vielen Porträts auf den fünf Lichtsäulen, die den dunklen Weg beleuchteten, war der Puchheimer Kulturverein um Barbara Saatze beteiligt. "Sie hat kräftig mitgesprüht", erzählte Klöck. Zu sehen sind unter anderem ein arabisches Paar und ein syrisches Mädchen. Letztlich soll ein Kinderteilhabeprojekt aus der Siedlung daraus werden.

Lichterfest Puchheim

Helle Flammen: Alt und Jung halten sich an einem der beiden Lagerfeuer auf der Kennedywiese auf. Dort können sie über dem Feuer auch Stockbrot backen.

(Foto: Günther Reger)

Die Kinder stehen dann auch im Mittelpunkt der Stadtteilarbeit. 14 Projekte sind mit Kindern angestoßen worden. 2800 Menschen aus hundert Nationen wohnen in der Hochbebauung der Kennedy- und Adenauerstraße. In den nahen Kindergarten gehen 80 Prozent Kinder aus Migrantenfamilien. "Die Kinder sprechen schon ganz gut Deutsch", sagte Aveen Khorschied, seit fast zwei Jahren Sozialarbeiterin im Stadteilbüro. Sie stammt selbst aus dem Irak und möchte, dass auch die Eltern Deutsch lernen. Drei Deutschkurse laufen zurzeit mit Kleinkinderbetreuung durch den Germeringer Sprachträger Mukule. Es geht um wichtige Kleinigkeiten. Khorschied erfreut: "Jetzt können die Mütter ihre Kinder auch mal im Kindergarten bei den Erzieherinnen krank melden."

Wo es noch Sprachprobleme gebe, werden die durch Dolmetscher oder Sprachlotsen abgedeckt", erzählt Rahel Rose, die Kollegin Khorschieds. Rose müht sich schon lange mit den Immobiliengesellschaften, den Eigentümern der mehreren hundert Wohnungen um die Kennedywiese herum, in Verhandlungen einzutreten. Schon lange geht es um das Müllproblem, das deutschen Bewohnern schwer im Magen liegt, weil Menschen aus dem Irak, Georgien, Syrien oder Rumänien die Mülltrennung nicht so akribisch betrachten. "Es sollen zusätzliche kleine Wertstoffhöfe kommen", erzählte Rose, aber alles gehe sehr langsam voran, weil es jetzt auch wieder einen Eigentümerwechsel gegeben habe. "Kinder sind hier die treibende Kraft", betonte die Sozialarbeiterin, "sie wollen etwas verändern." Doch stocken die Verhandlungen mit den Hausverwaltungen, wenn es um die Verschönerung schmutziger Wände mit gesprühten Kunstprodukten geht.

Lichterfest Puchheim

Fünf Lichtsäulen beleuchten den dunklen Weg zum Bahnhof. Gestaltet wurden sie vom Kulturverein.

(Foto: Günther Reger)

Inzwischen haben die drei Mädchen Selin, Nauras und Nour ihr Lied mit einer eigens einstudierten Tanzchoreografie unter dem Beifall der Besucher vorgetragen, darunter viele Kinder mit selbst gebastelten Laternen. Andere Kinder hielten ihr Stockbrot über eines der beiden Lagerfeuer. Bürgermeister Norbert Seidl versprach in seinem Grußwort, dass der dunkle Weg bald heller wird. "Wir werden die Unsicherheit auflösen und demnächst Laternen aufstellen", sagte Seidl. Es gelte die Menschen, die dort wohnten, ins rechte Licht zu setzen. "Wir wollen keinen Platz lassen für Gewalt", ergänzte Seidl noch.

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