Puchheim:Feinstes Sozialkabarett

Veri PUC

Ein Elefant mit Giraffenbeinen, ein schiefer Eiffelturm: Als "kabarettistisches Souvenir-Recycling" bezeichnet Veri sein Programm treffend.

(Foto: Günther Reger)

Der Schweizer Veri begeistert im Puc

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Ein Schweizer erklärt die Welt. Veri, alias Thomas Lötscher, aus Entlebuch in der Zentralschweiz oder der Innerschweiz, wie er sagen würde, breitet auch wunderbar aus, was das Alpenland mit seinen 26 selbstbewussten Kantonen ausmacht. Auf der Bühne im Puc erscheint er mit einer blauen Tasche mit dem Aufdruck "Swissair". "Survival Kit" nennt er die Tasche, wobei er das deutsch ausspricht. "Was ich spreche, ist eine hochdeutscher Versuch", sagt Veri mit dem schweizerischen Rachenkrachen, wenn ein "ch" in einem Wort auftaucht. Auf einem Tisch stehen Souvenirs: Ein schiefer Eiffelturm und ein Elefant, der mit seinen langen Beinen aussieht wie eine Giraffe. Veri betreibt programmatisch "kabarettistisches Souvenir-Recycling".

Neben den Souvenirs steht ein Flugzeug-Schiebewagen, aus dessen Schubladen Veri Requisiten, wie eine Schwimmweste oder einen Notfallbeutel für den menschlichen Urin zieht. Kontinuierliches Lachen erschüttert nicht nur das Zwerchfell: werden 57-Jährigen erlebt, gerät schnell in ähnliche Bedrängnis wie die vom Kabarettisten geschilderten Zugfahrenden, denen von der Deutschen Bahn der Toilettenzugang verwehrt wird. Eine intelligente, scharfsichtige Pointe des vermeintlich naiven Erzählers mit Schirmmütze jagt die andere. In zwei Stunden werden diverse Absurditäten des Lebens abgehandelt. Die allgegenwärtigen Anglizismen, die Veri durch hartnäckige Eindeutschung bewusst macht. Dem "Surwiewal - Kid" folgt der "Esel-Jed" für Easy Jet oder der Insider-Tipp in deutscher Aussprache.

Veri hat vor seinem Auftritt auch Puchheim erkundet. Die Kleinstadt fasst er zum Vergnügen der Besucher gekonnt zusammen: Eine Unterführung, die nur mit dem Fahrrad zu durchfahren ist, endlose Parkplätze um den Bahnhof und Apotheken an jeder Ecke. Dazu ein Friedhof in Bahnhofsnähe, "für die die nicht wegfahren können." Gekonnt webt er unzählige Geschichten ineinander. Mit dem wiederkehrenden "Jetzt bin ich aber ein wenig vom Weg abgekommen" greift er das vorige Thema wieder auf, vertieft es, nur um erneut - scheinbar - abzuschweifen und eine neues Fass der Heiterkeit aufzumachen.

Die Reaktion des Publikums ist nie schenkelklopfend, sondern sie zeigt sich im empathisch-sympathischen Lachen über all den Irrsinn, der es umgibt. Dazu gehören auch wahnwitzige Sicherheitsvorschriften, mit denen "zwölfjährige Riesen" in der Schweiz hinten in Autos in Kinderschutzsitze "angebunden" werden. Lacher zu provozieren, wie mancher seiner Kollegen, hat der Mann mit dem effektvollen Schweizer Akzent nicht nötig. Er versteht es, die Pausen so geschickt zu setzen, dass oft der Lacher vor der Pointe kommt, weil schon mit der Pause alles gesagt ist. Politisches Sozialkabarett vom Feinsten. Den Älteren rät er in der VHS Polnisch und Rumänisch zu lernen, um sich später mit denen unterhalten zu können, "die ihnen im Alter den Hintern abwischen." Und wenn Veri in Puchheim einen Mangel an Sehenswürdigkeiten feststellt, dann wünscht man ihm, er möge doch bald wieder einmal hier her kommen, denn er selbst ist eine Sehenswürdigkeit.

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