Puchheim:Ein Unabhängiger für den Bundestag

Puchheim: Erststimmenkandidat ohne Partei: Christian Kreiß (Mitte) mit seinen Unterstützern (von links) Marianne Leitner, Helmut P. Krause, Michael Marek und Ludwig Andrione.

Erststimmenkandidat ohne Partei: Christian Kreiß (Mitte) mit seinen Unterstützern (von links) Marianne Leitner, Helmut P. Krause, Michael Marek und Ludwig Andrione.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Initiative "Vereinigte Direktkandidaten" präsentiert ihren bundesweit ersten Bewerber für die Wahl im Herbst. Der Ökonom Christian Kreiß aus Gröbenzell verspricht eine menschliche Wirtschaft

Von Peter Bierl, Puchheim

Die etablierten Parteien bekommen im Landkreis bei der Bundestagswahl ein bisschen Konkurrenz. Bereits im vergangenen Jahr formierte sich ein Bündnis Grundeinkommen um den Germeringer Ronald Trzoska. Am Dienstag haben die "Vereinigten Direktkandidaten" den Ökonomie-Professor Christian Kreiß als Bewerber für den Wahlkreis Fürstenfeldbruck-Dachau nominiert. Der 54-Jährige aus Gröbenzell will sich für mehr soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Die "Vereinigten Direktkandidaten" sind eine bundesweite Bürgerinitiative um den Puchheimer Rechtsanwalt Helmut P. Krause. Ihr Ziel ist es, ohne Parteienstatus im September in allen Wahlkreisen mit Direktkandidaten anzutreten. Ein solcher Bewerber muss zur Wahl zugelassen werden, wenn er oder sie eine bestimmte Anzahl von Unterschriften bei der Kommunalaufsicht, die als Wahlbehörde fungiert, einreicht. Vor vier Jahren lag die Hürde bei 200 Unterschriften, und Krause ist zuversichtlich, diese erste Hürde zu nehmen.

Die "Vereinigten Direktkandidaten" wollen nach Angaben von Krause die "dritte politische Kraft gegenüber dem Merkel- und Schulz-Lager" werden. Derzeit gibt es nach Angaben von Krause bundesweit nur drei bis fünf solcher Komitees, etwa in Altötting, Augsburg und Berlin. In Fürstenfeldbruck ist die Initiative durch ein achtköpfiges Bürgerkomitee vertreten, das wiederum einen "Fünferrat" benannte, dessen Mitglieder unter sich einvernehmlich einen Kandidaten kürten. Dabei fiel die Wahl auf Kreiß, der damit der erste offizielle Bewerber dieser Initiative im ganzen Land ist. Der Gröbenzeller will sich für eine "menschliche Wirtschaft", für Ökologie, weniger Verschleißprodukte und einen umweltfreundlichen Verkehr einsetzen.

An mehr als einen Achtungserfolg glauben aber nicht einmal Krause und Kreiß. Zehn Prozent wären schön, dann bekäme man eine Wahlkampfkostenerstattung von 2,80 Euro pro Stimme, sagte Krause. Kreiß rechnet sich Chancen aus, weil die altgediente Gerda Hasselfeldt nicht mehr für die CSU antritt und die SPD im Landkreis "noch nie etwas zerrissen hat". Sein Wahlkampf werde allerdings mangels Geld und Personal bescheiden ausfallen, kündigte Kreiß an. Die regionale Gruppe der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) werde ihn unterstützen.

Inhaltlich würden die "Vereinigten Direktkandidaten" keine Vorgaben machen, jeder Kandidat könne sein eigenes Profil entwickeln, sagte Krause. Seine persönlichen politischen Vorstellungen wolle er nicht in der Zeitung lesen. "Wir verstehen uns als Dienstleister", betonte er. Das Ziel sei es, "ehrliche, anständige, zuverlässige, gemeinwohlorientierte und von den etablierten Parteien unabhängige Kandidaten" in den Bundestag zu bringen. Weil der Gruppe vor allem der Fraktionszwang der Parteien ein Dorn im Auge ist, würden ihre Abgeordneten im Parlament keine Fraktion bilden, sondern "rückgekoppelt an die Bevölkerung" agieren, erklärte Krause. Außerdem stünden 67 Netzwerke der Initiative zu inhaltlichen Themen parat. Auf die Frage, was Abgeordnete seiner Gruppe bei Differenzen zwischen ihrem Gewissen und den Netzwerken oder der Bevölkerung täten, hat Krause ein einfaches Rezept: Man müsse streng zwischen Fakten und Meinungen trennen und sich im Konfliktfall um einen Interessenausgleich bemühen.

Krause war 1990 Spitzenkandidat einer Nichtraucher-Liste für den Münchner Stadtrat, später reichte der Arbeitsrechtler eine Popularklage gegen das Rauchen in Gaststätten ein. Eine Zeitlang war Krause in die Parteigründungsprozesse der Freien Wähler involviert, bevor er sich der Freien Union, einer Abspaltung um Gabriele Pauli, anschloss. Er saß im Bundes- und Landesvorstand dieser Partei, konnte aber mangels Unterstützer nicht zur Bundestagswahl 2009 in Fürstenfeldbruck antreten. Das gleiche Schicksal traf den Olchinger Volker Baumgärtl, der vorher viermal als Einzelkämpfer unter den Titeln Fußballreformer und "Bezwinger der Arbeitslosigkeit" kandidiert hatte. Lediglich Reimund Acker aus Puchheim brachte damals genügend Unterschriften zusammen, um als Direktkandidat für das Grundeinkommen zu werben.

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