Prozess:Vorwurf Kinderpornografie

Gerichtsverfahren gegen 52-jährigen Olchinger wird vertagt

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Für Wolfgang H. (Name geändert) steht an diesem Vormittag einiges auf dem Spiel: Muss er eine saftige Geldstrafe zahlen? Wird er - und das ist angesichts einer Mindeststrafe von drei Monaten sehr wahrscheinlich - wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften zu einer Bewährungsstrafe verurteilt? Das hätte für den verheirateten und bis dato vollkommen unbescholtenen Mann aus Olching einen Eintrag in sein polizeiliches Führungszeugnis zur Folge. Und das, obwohl der 52-Jährige nach der durchaus nachvollziehbaren Argumentation seines Verteidigers "meilenweit entfernt" ist vom klassischen Typus eines Konsumenten von Kinderpornos. Vermutlich ist das auch der Grund, weshalb der Vorsitzende Richter die Verhandlung nach den Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger letztlich zur Klärung einer Rechtsfrage vertagt.

Zwei Vergehen legt die Staatsanwaltschaft dem Angestellten zur Last - er lässt beide von Anfang an von seinem Anwalt einräumen: Es geht um das Bild einer etwa Zehnjährigen, welches der Angeklagte nach Weihnachten 2014 über seine Facebook-Seite weitergegeben hat. Und um die Darstellung der Vergewaltigung eines Kleinkindes. Ein Bild von Letzterem hat die Polizei bei der Hausdurchsuchung im März 2017 im Cache-Speicher des Laptops des Olchingers gefunden. Auf den Angeklagten aufmerksam geworden waren die Ermittler durch einen Tipp aus den USA.

Der Verteidiger unterstreicht vor Gericht, dass sein Mandant im zweiten Fall lediglich im Internet ganz allgemein nach Pornos gesucht habe. Dabei seien wohl auch vereinzelt strafbare kinderpornografische Inhalte im Sucherergebnis angezeigt worden. Den ersten Vorwurf entschuldigt er auf ähnliche Weise: Der Olchinger habe damals eine Affäre gehabt und mit der Frau über Facebook pornografische Inhalte ausgetauscht. Dabei sei wohl versehentlich das Bild des nackten Mädchens in dem ganzen Schwung von Bildern untergegangen. Sein Mandant habe durch die jetzige Anklageschrift gelernt, "dass die Computernutzung etwas Problematisches ist" und er zumindest ab und zu seinen Cache-Speicher löschen sollte. Ein IT-Sachverständiger hatte den Laptop und ein Tablet untersucht; beides benutzen der Angeklagte und seine Frau gemeinsam. Laut eines Kriminalbeamten verhielten sie sich bei der Durchsuchung "total kooperativ" und gaben alle verlangten Geräte sofort heraus. Im Gerichtssaal erläutert der Sachverständige nun, dass er nur auf dem Laptop strafrechtlich relevante Bilder gefunden habe. Und auch das nur relativ eingeschränkt. Der Experte erläutert, dass das Bild von der Vergewaltigung als Teil eines Videofilms im Cache-Speicher des Computers gespeichert worden war. "In den Cache-Speicher kommt es immer rein, wenn ich es mir ansehe", erklärt er, das könne auch schon passieren, wenn der Film nur als Sucherergebnis angezeigt wird. Heruntergeladen und auf dem Computer bewusst gespeichert worden sei dieses Bild aber nie. Er bejaht die Frage des Verteidigers ob der Cache-Speicher des Angeklagten schon sehr, sehr lange - und damit meint er einige Jahre - nicht mehr geleert worden ist. Da sich dort nur diese wenigen strafrechtlich relevanten Bilder befunden hätten, sei praktisch erwiesen, dass der Olchinger kein regelmäßiger Konsument von Kinderpornos sei.

Auch der Staatsanwalt hält den 52-Jährigen nicht für den typischen Fall, an den der Gesetzesgeber bei seinen Vorgaben gedacht hat. Aber Gesetz ist nun mal Gesetz. Deshalb beantragt er in seinem Plädoyer eine sechsmonatige Bewährungsstrafe und 5000 Euro Geldauflage. Der Verteidiger verweist auf seinem Mandanten, der so gar nicht ins Bild eines typischen Konsumenten von Kinderpornografie passt. Um diesen vor einem Eintrag ins Führungszeugnis zu bewahren, beantragt er, zwei jeweils geringere Einzelstrafen auszusprechen. Der Richter überlegt lange, dann setzt er die Verhandlung aus. Sie wird am Mittwoch fortgesetzt.

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