Protest in Puchheim bleibt folgenlos:Regierung hat ein Herz für Krähen

Lesezeit: 2 min

Die Anwohner des Friedhofs in Puchheim sind empört über Lärm und Dreck durch die Vögel. Die Tiere dürfen dennoch bleiben.

Peter Bierl

Die Regierung von Oberbayern lehnt eine Vertreibung der Saatkrähen vom Friedhof an der Allinger Straße in Puchheim ab. "Es handelt sich um seltene und geschützte Tiere, die nur verlagert, aber nicht völlig vertrieben werden dürfen", sagte Pressesprecher Heinrich Schuster der SZ am Freitag. Die Stadt will nun beantragen, dass die Nester im Frühjahr entfernt werden dürfen, sagte Zweiter Bürgermeister Wolfgang Wuschig (UBP). Aufgebrachte Anwohner des Friedhofs wollen die Tiere komplett vertreiben, sie forderten bereits im Sommer auf einer Versammlung im Rathaus, die Vögel abzuschießen, weil diese zu viel Lärm machten und überall Kot hinterließen. Bei dieser Gelegenheit hatte ein Vertreter der Regierung von Oberbayern empörte Zwischenrufe von Anwohnern hervorgerufen, als er sagte, die Kolonie könne nicht entfernt werden und benötige "störungsfreie Rückzugsräume". Mittlerweile hat die Stadt Klatschen installiert, die die Krähen verscheuchen sollen. "Die helfen gar nichts, das ist ein Witz", erzählte Eva Kremser der SZ. Kremser wohnt in dem betroffenen Viertel und hat ein solches Gerät bereits betätigt. Das Geräusch sei nicht lauter als Händeklatschen. Wenn sie könnte, würde sie selbst mit einer Flinte für Ruhe sorgen. Bürgermeister Herbert Kränzlein (SPD) hatte bei der Regierung den Einsatz von Falken beantragt, den die Behörde jedoch nur mit Auflagen erlaubt. Der Falkner dürfe nur zwischen September und 20. Februar gegen die Saatkrähen tätig werden, die in Puchheim überwintern wollen, nicht gegen die Brutvögel. Selbst Zugvögel dürfen nicht komplett vertrieben werden, sondern sollen in Puchheim überwintern können. Außerdem müsse bei jeder Maßnahme zwischen Saatkrähen, Dohlen und Raben unterschieden werden. "Das Saatkrähen-Management erfordert ein hohes ornithologisches Fachwissen", heißt es in dem Schreiben der Regierung vom 5. Oktober. Ein Fachgutachter müsse hinzu gezogen werden. Die Auflage, sich mit den Nachbarn abzustimmen, hat die Stadt erfüllt. Bei einem Treffen Wuschigs mit Umweltbeauftragten der Nachbargemeinden sowie Vertretern des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) wurde über das Vorgehen diskutiert. Vom Einsatz eines Falkners sei man nun abgekommen, weil der Erfolg ungewiss und diese Maßnahme teuer sei, sagte Wuschig der SZ am Freitag. Die Aktion würde etwa 10 000 Euro kosten. Statt dessen wolle man im Frühjahr die Nester "wegräumen", um das Brüten zu behindern, sagte der Zweite Bürgermeister. Die Stadt werde einen entsprechenden Antrag bei der Regierung stellen. Allerdings habe die Behörde bereits klargestellt, dass in jedem Fall nur eine Verlagerung der Tiere innerhalb des Gebietes statthaft wäre. "Die Saatkrähen müssen in Puchheim schlafen und brüten dürfen", sagte Wuschig. Der Pressesprecher der Regierung berichtete, dass man in Unterhaching die Astgabeln von Bäumen abgesägt habe, in denen die Krähen ihre Nester bauen wollten. "Man weiß aber nicht, wo die dann hingehen und brüten." Die Behörde warnt wie die LBV-Experten vor Splitterkolonien, wenn man versucht, die Krähen völlig zu verjagen. "Statt einer hat man dann vier Kolonien", erklärte Schuster. Inzwischen formieren sich in Puchheim Bürger, die verlangen, dass die Tiere in Ruhe gelassen werden. Zweiter Bürgermeister Wuschig berichtete von einer Liste mit 50 Unterschriften, die im Rathaus vorliege.

© SZ vom 12.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: