Protest gegen Marktsonntag:Vorgezogene Mai-Kundgebung

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Rund 50 Betriebsräte protestieren auf dem Brucker Marktplatz gegen eine Ladenöffnung am Tag der Arbeit.

Stefan Salger

Mit einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert haben am gestrigen Montag rund 50 Betriebsräte gegen den am 1. Mai geplanten verkaufsoffenen Sonntag protestiert. Vor dem Rathaus übergaben Mitglieder von Verdi anschließend rund 1000 Postkarten. Falls die Stadt nicht doch noch einlenkt, will Verdi-Bezirkssekretär Orhan Akman gerichtliche Schritte prüfen lassen.

Gellendes Pfeifkonzert: Die Gewerkschafter protestieren gegen offene Läden am 1. Mai. (Foto: Johannes Simon)

Der Brucker Stadtrat hatte sich am vergangenen Dienstag mehrheitlich dafür entschieden, es beim verkaufsoffenen Marktsonntag am Tag der Arbeit zu belassen. Die SPD forderte vergeblich die Verschiebung um eine Woche-auf den Sonntag, an dem auch in Olching die Geschäfte geöffnet sind. Als einziger Vertreter der Brucker Politik war denn auch SPD-Stadtrat Simon Sperger auf den Platz vor der Sparkasse gekommen.

Christoph Frey, beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) für die Region München zuständig, sieht die Terminnöte zwar, die das späte Osterfest der Stadt beschert. Gleichwohl warnte er bei der Kundgebung am Nachmittag auf dem Marktplatz vor Lösungen auf Kosten der Arbeitnehmer. "Menschenwürde geht über Profit", sagte er in Anspielung auf die Argumentation der Brucker Geschäftsleute, die auf den verkaufsoffenen Sonntag im Frühjahr als einen der umsatzstärksten Tage im Jahr nicht verzichten wollen.

Dass OB Sepp Kellerer dem verkaufsoffenen Sonntag am Tag der Arbeit zugestimmt habe, sei "eine Schande". Und mit dem Anspruch der CSU lässt sich dies nach Auffassung Freys auch nicht vereinbaren-"das ist unchristlich und unsozial."

Auf Transparenten der mit Verdi-Fahnen und Trillerpfeifen ausgerüsteten und im Bus aus München angereisten Demonstranten hieß es: "Wer Läden rund um die Uhr öffnet, kann nicht ganz dicht sein". In Sprechchören wurde skandiert: "1. Mai, arbeitsfrei!"

Die evangelische Pfarrerin Ursula Leitz-Zeilinger bezeichnete den ersten Sonntag nach Ostern als "bedeutenden kirchlichen Tag" und bestätigte damit die auch von SPD-Fraktionschef Axel Lämmle im Stadtrat vertretene Linie. Konfirmation und Kommunion würden an diesem Tag gefeiert, so Ursula Leitz-Zeilinger.

Zudem äußerte sie grundsätzliche Zweifel an verkaufsoffenen Sonntagen. Wer an solchen Tagen zum Shoppen gehen wolle, müsse sich darüber klar sein, dass er dadurch anderen Menschen zusätzliche Arbeit beschere.

War die Kundgebung auf dem Marktplatz noch angemeldet, so bewegten sich die Gewerkschaftsmitglieder bei ihrem Zug an der Hauptstraße entlang zum Rathaus auf dünnerem Eis. Zwar sah ein Vertreter der Polizei "kein größeres Problem", wollte aber ein Nachspiel für die Organisatoren nicht ausschließen. Bei nasskaltem Wetter nahmen nur wenige Passanten Notiz von der Aktion, als einziger Vertreter der Brucker Politik brachte Simon Sperger die Solidarität der SPD-Stadtratsfraktion zum Ausdruck.

Für die Stadt nahmen die Ressortleiter Fritz Cording und Christian Kieser die Postkarten von Orhan Akman entgegen und versicherten, Oberbürgermeister und Stadtrat zu unterrichten. Auf Nachfrage der SZ bezweifelte Rechtsamtsleiter Kieser am Montag, dass die Gewerkschaften den verkaufsoffenen Sonntag am 1. Mai juristisch verhindern können: "Da dürften wir auf sicheren Füßen stehen." Akman hatte der Verwaltung zuvor vorgeworfen, gegen die Richtlinien des bayerischen Sozialministeriums verstoßen zu haben:Gewerkschaften und Kirchen seien nicht zu dem Termin für den verkaufsoffenen Sonntag gehört worden. Der für städtische Veranstaltungen zuständige Joachim Huber hat zwar offenbar Gespräche mit einem evangelischen Pfarrer geführt. Unklar ist allerdings, ob dies formal ausreichend war.

Kiesers Auffassung zufolge würde das Versäumen einer Anhörung aber schlimmstenfalls einen minder schweren Verfahrensverstoß bedeuten. Kieser wies nochmals auf den geringen Spielraum der Stadt hin. Ein verkaufsoffener Sonntag könne nicht nach Belieben verschoben werden, er sei in der Regel nur in Verbindung mit einer anderen städtischen Veranstaltungzulässig-in diesem Fall das Frühlingsfest.

© SZ vom 05.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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