Projekt:Besuch in der Stratosphäre

Fünf Schüler des Carl-Spitzweg-Gymnasiums Germering bauen eine Sonde, die mit Hilfe eines Heliumballons 35 Kilometer hoch steigen soll. Sie wollen darüber einen Film drehen und die Radioaktivität in großer Höhe messen

Von Andreas Ostermeier, Germering

Für einen Film wollen fünf Elftklässler des Carl-Spitzweg-Gymnasiums richtig hoch hinaus. Stephan Eberle, Laura Faber, Donald Hermes, Clemens Herrmann und Nico Tedeski bauen einen Wetterballon. Der soll in eine Höhe von etwa 35 Kilometer steigen. Diverse Messgeräte sollen dabei Daten übers Wetter und die Radioaktivität in großer Höhe sammeln. Auf- und Abstieg des Ballons werden von mehreren Kameras an Bord festgehalten. Deren Bilder sollen in einem Kurzfilm zu sehen sein. So lautet der Plan für das ambitionierte Vorhaben der Gymnasiasten. Seit Beginn des Schuljahres befassen sie sich mit ihrem Projekt, mithilfe eines Prototypen haben sie die Ballonfahrt schon einmal geprobt.

Der weiße Styroporkasten, umwickelt mit vielen Klebebändern und versehen mit Stabilisatoren, ebenfalls aus Styropor, sieht alles andere als spektakulär aus. Und doch hat er eine spektakuläre Reise hinter sich. Etwa 21 Kilometer hoch ist er gestiegen. An Bord haben sich eine kleine Kamera und ein Ortungsgerät befunden. Das Gerät ist nötig gewesen, um den Ballon nach seiner Landung wiederzufinden. Schließlich kommt er nicht dort herunter, wo er gestartet ist. Denn während seiner Fahrt ist er vielen Luftströmungen ausgesetzt. Die haben ihn in diesem Fall bis Weitnau getragen, ein Ort in der Nähe von Kempten. Dort, mehr als 100 Kilometer Luftlinie vom Startpunkt entfernt, konnten ihn die fünf Germeringer Gymnasiasten aufsammeln.

Projekt: Germering von ganz weit oben.

Germering von ganz weit oben.

(Foto: Nico Tedeski/oh)

Das Unternehmen der Schüler, die allesamt den naturwissenschaftlichen Zweig besuchen, hat viel mit Wissen und Geschicklichkeit zu tun, ist aber auch ein Abenteuer. Davon erzählt der Film von der Fahrt des ersten Ballons. Der Besuch der Stratosphäre beginnt in Oberpfaffenhofen. Auf dem Flugplatz dort startet der Styroporkasten mit Kamera und Ortungsgerät. In die Höhe gezogen wird er von einem mit Helium gefüllten Ballon. Den Treibstoff spendiert das deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen. Der Ballon saust in die Höhe, Bilder zeigen den Flugplatz von oben, dann das gesamte Fünfseenland, dann einen Überblick über Oberbayern, den gekrümmten blauen Horizont am Rand. Einige Zeit lässt sich die Position des Ballons noch orten, dann verschwindet er aus dem Funkbereich des Smartphones. Nun ist er sich selbst überlassen. Wie kommt er wieder zurück? Und wo?

Die Rückkehr haben die Gymnasiasten natürlich vorbereitet. In etwa 21 Kilometer Höhe platzt der Heliumballon. Das Material kann der durch den abfallenden Außendruck verursachten Ausdehnung nicht standhalten. Nun beginnt der Abstieg zum Erdboden. Gebremst wird er durch einen Fallschirm, der sich automatisch öffnet. Im Internet gibt es, basierend auf Wetterbericht und Luftströmungen, eine ungefähre Angabe, wo der Himmelfahrer landen wird. Die Schüler machen sich, noch während der Ballon in der Luft ist, auf nach Kempten. Im Allgäu heißt es erst einmal warten. Bis sich das Ortungsgerät des Ballons meldet.

Germering: Teilnehmer P-Seminar / Jungforscher schicken Sateliten / Ballon in die Stratosphäre / Wettersattelit

Von links: Clemens Herrmann, Laura Faber, Stephan Eberle, Nico Tedeski und Donald Hermes.

(Foto: Johannes Simon)

Nach einigen Stunden ist es so weit. Der Prototyp des Erkundungsgeräts ist im Gemeindegebiet von Weitnau im Allgäu gelandet. Jetzt müssen die Schüler ihn noch finden. Sie suchen einige Zeit, denn das GPS-Gerät, das sie verwenden, ist nicht genau genug. Schließlich entdecken sie den Rückkehrer aus der Stratosphäre. Der Fallschirm ist in einem Baum hängen geblieben, der auf dem Gelände der Kirchengemeinde steht. Clemens Herrmann klettert hinauf, die Filmaufnahmen wackeln, dem Zuschauer wird mulmig. Doch dann ist der Styroporkasten geborgen.

Damit ist das Abenteuer für die Jungforscher aber nicht beendet. Der zweite Flug in die Ozonschicht steht bevor. Diesmal soll der Ballonkorpus aus Styrodur sein. Das sind grüne Hartschaumplatten, die zum Dämmen von Hausfassaden verwendet werden. Von diesem Material versprechen sich die Elftklässler eine bessere Isolierung für die Geräte. Denn bevor der Ballon die Stratosphäre erreicht, in ungefähr 15 Kilometern Höhe, wird es empfindlich kalt. Erst dann steigt die Temperatur wieder langsam an. Der Ballon soll neben dem Ortungsgerät und mehreren Kameras auch Messgeräte in die Höhe befördern, mit denen die Schüler die Radioaktivität feststellen wollen. Weil die Ladung schwerer wird, muss auch der Ballon größer werden, mit zwei Metern Durchmesser rechnen die Gymnasiasten. Der Ballon kostet mehrere Hundert Euro. Laura Faber kümmert sich um die Suche nach Sponsoren. Unterstützt werden die jungen Forscher und Filmer vom Elternbeirat und den Spitzwegianern, früheren Schülern des Gymnasiums, sowie der Firma Docuware.

Projekt: Die am Ballon befestigte Kamera hat spektakuläre Bilder gemacht.

Die am Ballon befestigte Kamera hat spektakuläre Bilder gemacht.

(Foto: Nico Tedeski/oh)

Einen Starttermin für den richtigen Wetterballon gibt es schon. Am 8. Juli wollen Eberle, Faber, Hermes, Herrmann und Tedeski wieder nach Oberpfaffenhofen fahren. Sie hoffen, dass sich das Wetter bis dahin beruhigt. Starker Wind oder Gewitterböen, wie derzeit, können den Start verhinder oder zumindest verzögern. Dann ist die Gefahr zu groß, dass der Ballon weit abgetrieben wird. Wenn alles klappt, soll der Styrodurkorpus mit den Messgeräten etwa 35 Kilometer hoch steigen. Die fünf Gymnasiasten hoffen, ihn nach der Rückkehr nicht wieder aus einem Baum holen zu müssen. Noch schlechter wäre es, würde der Stratosphärenrückkehrer in einem See landen. Dann könnten sie ihn wohl nur mit Hilfe bergen. Das große Film- und Wissenschaftsabenteuer der fünf Schüler geht also weiter.

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