Premiere von Nabucco:Mit der Freiheit kommt die Farbe

Nabucco

Nabucco ist eine Chor-Oper. Die verschiedenen Gruppen des Volkes stehen im Mittelpunkt.

(Foto: Günther Reger)

In der Fürstenfelder Aufführung von Giuseppe Verdis Oper überzeugen der Philharmonische Chor, das Akademische Sinfonieorchester und die Inszenierung. Die Sänger der Hauptrollen zeigen dagegen stimmliche Schwächen

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Wer Giuseppe Verdis frühe Oper "Nabucco" auf der Bühne sieht, der erlebt ein Spektakel, in dem es vorrangig um Gewalt geht. Was sich handlungsdramatisch als Stoff hervorragend eignet, fußt auf Begebenheiten aus dem Alten Testament. Und doch scheinen die Konflikte wie aus unserer Gegenwart: Die Hebräer, heute Juden in Israel, stehen in Feindschaft zu den Babyloniern, den heutigen Irakern. Damit steht das ganze Spektrum des Nahostkonflikts auf der Bühne des Stadtsaals, angereichert mit der schönsten nur denkbaren Musik. Die Premiere des "Nabucco" war am Samstag in einer Aufführung des Philharmonischen Chores Fürstenfeld und des Akademischen Sinfonieorchesters München unter der Leitung von Carolin Nordmeyer zu sehen, für die Choreinstudierung zeichnete Andreas Obermayer verantwortlich.

Als sich der Vorhang zur Ouvertüre hob, blickte der Zuschauer auf eine weiße Kulisse mit einer schrägen Ebene und zahlreichen Bruchstücken von korinthischen Säulen. Die Szenerie, von Tamara Oswatitisch entworfen, war in kräftiges blaues Licht getaucht. Alle Veränderungen in den einzelnen Szenen ergaben sich durch variablen Einsatz der Beleuchtung und nicht durch ein neues Bühnenbild, doch blieben Farben dabei die Ausnahme. Die Kostüme waren großteils in Naturfarben gehalten, was einen einheitlichen Eindruck hinterließ.

Nabucco ist eine regelrechte Chor-Oper, weil den verschiedenen Gruppen des Volkes die eigentliche Hauptrolle zukommt. Insofern reihen sich die solistischen Nummern zwischen die Chorauftritte oder sind in diese integriert. An einen Laienchor sind hier hohe Anforderungen gestellt, denen der Philharmonische Chor Fürstenfeld ganz ausgezeichnet gerecht wurde: Kraftvoll, mit klarer Deklamation und auswendig harmonierten die über fünfzig Sänger mit dem Orchester. Dabei war der Klang homogen und litt nicht unter der Bewegung auf der Bühne. Birgit Kronshage, die für die Regie verantwortlich war, hatte hier eine absolute Meisterleistung vollbracht. Ihr gelang es, auf der nicht allzu großen Bühne eine große Zahl an Sängern so zu führen, dass nie ein statischer Eindruck entstand. So saß der Chor zu Beginn des dritten Aktes auf dem Boden, erst allmählich erhoben sich einzelne Sänger, bis dann ein Großteil der Sänger stand. Solche bewegten Bilder hatten ihr Pendant in der Handlung, die in der Spannung nicht nachließ und so optisch sichtbar wurde. Allein durch die Chöre im Zusammenspiel mit dem fabelhaften Orchester entstand für die Zuschauer ein höchst beeindruckendes Erlebnis.

Zwei Szenen wurden zu absoluten Höhepunkten: Beim berühmten Gefangenenchor im dritten Akt: "Va, pensiero, sull' ali dorate", dessen Melodien von großer Eingängigkeit geprägt sind, wurde der Bühnenraum nach hinten durch die Öffnung auf den Stadtsaalhof hinaus erweitert. Das war nicht nur optisch sehr ansprechend, sondern auch inhaltlich dadurch fundiert, dass die Gefangenen quasi die Freiheit bereits spüren konnten, auch wenn die Luft noch vernebelt war. Als im Finale diese Melodie angesichts der erhaltenen Freiheit wiederaufgegriffen wurde, banden sich die Chorsänger, von denen jetzt auch einige auf dem Balkon standen, farbige Tücher in allen Farben des Regenbogens um. Freiheit mit Buntheit zu assoziieren, ist eine im politischen Kontext unserer Tage oft genutzte Metapher.

Das Niveau, das Chor, Orchester und Inszenierung vorgelegt hatten, konnten die Protagonisten in den Hauptrollen stimmlich nicht erreichen, sie kamen über ein solides Mittelmaß nicht hinaus. Den stärksten darstellerischen Eindruck hinterließ Oxana Arkaeva in der Rolle der Abigaille, wenngleich ihr Sopran im unteren Bereich einen deutlichen Registerbruch aufwies. Nabucco (Attila Mokus) verkörperte, was er sang, und wirkte insofern überzeugend. Die jüngere Tochter Nabuccos, Fenena (Cornelia Lanz), zeigte hohe Bühnenpräsenz, hatte aber keine große stimmliche Ausdrucksbreite. Martin Js. Ohu alias Oberpriester Zaccaria verfügt über eine kräftige, aber nicht sehr flexible Bassstimme. Byoung-Nam Stefano Hwang blieb in der Rolle des Ismaele stimmlich blass. Am Ende gab es großen und lang anhaltenden Beifall. Die Gelegenheit, am letzten Juli-Wochenende "Nabucco" in Bruck zu erleben, sollte man sich nicht entgehen lassen.

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