Preis:Herold der Weltmeere

Preis: Einer der Protagonisten in Florian Guthknechts Dokumentarfilm: ein rosafarbener Delfin.

Einer der Protagonisten in Florian Guthknechts Dokumentarfilm: ein rosafarbener Delfin.

(Foto: Bayerisches Fernsehen)

Der Brucker Dokumentarfilmer Florian Guthknecht wird mit der Umwelt-Staatsmedaille ausgezeichnet. Am Donnerstag strahlt Arte seinen Film über rosafarbene Flussdelfine aus. Diese sind vom Aussterben bedroht

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Es sind Geschichten wie jene, die sich um die rosafarbenen Delfine ranken, die Florian Guthknecht reizen. Die rosafarbenen Delfine, die im Amazonas leben und - geschieht nicht doch noch ein Wunder - wohl bald ausgestorben sind. Der gebürtige Fürstenfeldbrucker erzählt sie in eindrucksvollen und atemberaubenden Bildern. Der Taucher und Dokumentarfilmer hat in den zurückliegenden Jahren um die 50 Preise für seine Arbeiten erhalten. Am Donnerstag kam ein weiterer dazu: die Bayerische Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt. Und doch ist Guthknecht nicht wirklich zum Feiern zumute. Die Lage ist ernst.

Zum einen sieht der 47-Jährige einen ungebrochen großen Bedarf, rechtzeitig gerade auf die ganz langsam heraufziehenden Katastrophen dieser Erde aufmerksam zu machen. Auf Plastikmüll, der auch noch in die letzten Winkel der Weltmeere vordringt und damit bis in die Nahrungskette des Menschen gerät. Oder auf den Klimawandel, der kaum spürbar voranschreitet und doch im Laufe von Jahrzehnten irreversible Folgen für Pflanzen, Tiere und auch Menschen hat. Solche Entwicklungen erschließen sich nur dem, der einen langen Atem hat. Der sich Zeit nimmt und ihnen geduldig nachspürt. So sehr sich Guthknecht über die Würdigung seiner Arbeit freut, so sehr erfüllt ihn vor allem der Umstand mit Sorge, dass große Fernsehanstalten mit Blick auf schrumpfende Budgets immer weniger Raum lassen für profund recherchierte Geschichten. Denn Dokumentarfilme kosten mit bis zu hundert Drehtagen nun mal mehr als Talkshows oder Vorabendserien - gleiches gilt für Weltspiegel, Auslandsjournal und Co. Kamerateams werden im Zweifelsfall also lieber in den Spessart geschickt als zu Naturschauspielen im Polarmeer. Florian Guthknecht hat eine Produktionsfirma, arbeitet aber vor allem im Auftrag des Bayerischen Rundfunks, teilweise in Koproduktion mit Arte oder ORF. Doch auch dort wird die Luft dünner. Daran ändert auch der exzellente Ruf, den der frühere Dozent für Dramaturgie und Fernsehjournalismus an der Fachhochschule Salzburg in der Branche genießt, wenig.

Guthknecht ist bekannt für seine ganz eigene Erzählweise. Er taucht schon mal an der Seite attraktiver Wissenschaftlerinnen oder entkräftet erst im Verlauf des sechs Millionen Mal geklickten Youtube-Videos über Welse den bewusst provokanten Titel "Das Monster im Badesee". Immer das erklärte Ziel: über den doku-affinen Kreis hinaus auch Menschen als Zuschauer zu gewinnen, denen Dokumentarfilme eigentlich zu fad sind. Für seine im Auftrag von Arte und BR produzierte 43-minütige Tierdokumentation "Quallen - schreckliche Schönheiten" wurde er 2005 mit der Goldenen Palme von Antibes und damit dem höchsten Preis des internationalen Unterwasserfilms ausgezeichnet.

Am Donnerstag, 26. Oktober, zeigt Arte von 19.30 Uhr an Guthknechts Regiewerk "Die Kinder des rosa Flussdelfins". Es ist eine Geschichte mit ungewisser Fortsetzung, die künftig vielleicht mit "Es war einmal . . ." beginnt. Denn die rosafarbenen Flussdelfine werden abgeschlachtet, sind akut vom Aussterben bedroht. Guthknecht ist kein Schwarz-weiß-Maler. Und er ist auch kein Mann der einfachen Wahrheiten. Dass die Fischer die bis zu zweieinhalb Meter langen Tiere harpunieren und dahinmetzeln, um ihr Fleisch als Köder an Welse zu verfüttern, folgt dem Gebot der Not und ist dem Überlebenskampf der Urwaldbewohner geschuldet. Aber vielleicht lässt sich diese tödliche Abhängigkeit durchbrechen, vielleicht stößt der Film einen Bewusstseinswandel an. Würde der Armut entgegengewirkt, ließe sich der Delfin vielleicht noch retten. Auf die Flussdelfine wurde Guthknecht aufmerksam, als er von den Legenden hörte, die sich um die eleganten Tiere ranken. Diese, so heißt es in Überlieferungen der Ureinwohner, stiegen manchmal mit weißem Anzug und Hut aus dem Wasser und verführten junge Indianerinnen. So wurde die Existenz besonders hellhäutiger Kinder erklärt. Auf diese Weise kam mancher westliche Missionar nicht in Erklärungsnot.

Preis: Florian Guthknecht (hinten, 2. von links) bei Dreharbeiten

Florian Guthknecht (hinten, 2. von links) bei Dreharbeiten

(Foto: Bayerischer Rundfunk)

Natürlich gibt es auch so etwas wie die kleine heile Welt. Diese wird Florian Guthknecht von Januar an bei einem echten Heimspiel vor die Linse nehmen. Dann will er für die BR-Reihe "Bayern erleben" (montags, 20.15 Uhr) ins Ampermoos eintauchen. Gewiss laufen ihm dabei auch ein paar Miniaturmonster, über die sich spannende Geschichten erzählen lassen, vor die Linse seines Makroobjektivs.

Florian Guthknecht wurde 1969 in Bruck geboren. Der Schüler des Graf-Rasso-Gymnasiums spielte für den TuS in der Bayernliga Volleyball. Mit zwölf Jahren war er jüngster Fischerkönig des Bezirksfischereivereins. In dieser Zeit wurde sein Interesse an Naturthemen geweckt. Dem Studium der Germanistik und Geschichte folgten historische Dokumentationen. 1998 brachte Guthknecht die ersten Filmaufnahmen des weltweiten Korallensterbens in Folge des El Niño nach Deutschland.

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