Predigt in Aufkirchen:Philosoph im Weihrauch

ÖDP-Bundesvorsitzender Sebastian Frankenberger predigt in der Pfarrkirche Aufkirchen über die Verantwortung der Christen.

Stefan Salger

Als rebellischer Ort ist das kleine Aufkirchen in der Gemeinde Egenhofen nicht bekannt. Bestenfalls der Burschenverein lässt es mal auf Gartenfesten oder bei Faschingsumzügen krachen. Nicht mal eine Wirtschaft gibt es. Für Sebastian Frankenberger, Buchautor und seit November 2010 Bundesvorsitzender der Ökologisch Demokratischen Partei (ÖDP), ist das vielleicht besser so.

Nachdem er sich unermüdlich für einen strengeren Nichtraucherschutz eingesetzt hat und 2010 einen letztlich erfolgreichen Volksentscheid in die Wege leitete, ist er überregional bekannt. Auch bei Gastwirten, die ihm vereinzelt schon mal Hausverbot erteilt haben.

In Sankt Georg besteht da am Sonntagvormittag keine Gefahr. Sankt Georg heißt die Pfarrkirche in Aufkirchen. Und der Hausherr ist Pfarrer Josef Heiß. Der ist Frankenberger wohlgesonnen, auch wenn die dichten Nebelschwaden des Weihrauchs dem Raucherrebellen möglicherweise etwas im Hals kratzen. Es ist kurz nach 10 Uhr, als Heiß die Kanzel räumt und Frankenberger das Feld überlässt. Der 30-jährige Passauer ist auf Einladung des Katholischen Landvolks gekommen. Er hat Theologie studiert und ist auch schon zeitweise als Religionslehrer eingesprungen. Wer also könnte an diesem Tag in Aufkirchen besser über die Verantwortung eines Christen in der aktiven Bürgergesellschaft referieren.

Keine Rede sei das gewesen, betont er später, "sondern eine Predigt". In der Pfarrkirche, in der sich mehr als 150 mit dicken Jacken, Schals und Mützen gegen die Kälte gewappnete Menschen eingefunden haben, trifft er augenscheinlich auf offene Ohren. Die Leute in der 3400-Seelen-Gemeinde Egenhofen halten viel auf Tradition. Die sonst so übermächtige CSU aber, die hier gerne Ansprüche geltend macht, hat nicht viel zu Sagen: Sie stellt nur drei von 15 Gemeinderäten, der Rest und der Bürgermeister gehören den zwei Bürgervereinigungen und der Wählergruppe Egenhofen an.

Für Frankenberger könnte das ein Stückchen heile Welt sein, mahnt er doch dazu, den großen Politikern nicht blind zu vertrauen und für die Bürgerrechte auch einmal die Stimme zu erheben. Ebenso wie bei ernsten Krankheiten sei es sinnvoll, "eine zweite Meinung einzuholen". Die parlamentarische Demokratie lobt der Passauer zwar. Doch die hat Schwächen und kommt nur dann richtig zur Entfaltung, wenn mündige Bürger nicht alles als gottgegeben hinnehmen und auf die Einhaltung der Werte pochen - etwa mit Bürgerbegehren als Form direkter Demokratie.

Über Frankenberger hängen Engel, vor ihm Tafeln, auf denen der Kreuzweg dargestellt ist. Und mit seinen langen Haaren wirkt er fast wie das Bild eines Apostels oder zumindest wie ein Philosoph. So will er sich selbst wohl nicht sehen. Aber etwas bewegen, das will er doch. Mit der Einladung habe man "nicht provozieren", sondern einen Denkanstoß geben wollen, sagt Hans Müller vom Katholischen Landvolk, früher selbst Pfarrgemeinderat in Aufkirchen.

Beim Sektempfang im Pfarrheim, kurz vor dem gemeinsamen Mittagessen mit Pfarrer Heiß, deutet Frankenberger noch an, welches Feld der direkten Demokratie er als Nächstes zu beackern gedenkt: Rauchverbot war gestern - Euro-Rettungsschirm ist morgen.

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