10 Porträts:Erste Wahl

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Junge Erwachsene und Eingebürgerte erzählen, wie sie sich vor ihrer ersten Stimm­abgabe bei einer Bundestagswahl informiert haben, was sie von den Parteien halten und welcher ihre Sympathie gehört

Von Viktoria Großmann

Die erste Stimme gibt man noch ganz gern. "Das stellt man sich vielleicht auch so besonders vor", sagt der noch 17-jährige Ferdinand Weigl aus Pfaffenhofen an der Glonn. Er geht sicher zur Bundestagswahl und weiß längst, für wen er stimmen will. Damit ist er eine Ausnahme: Die Wahlbeteiligung der 18- bis 30-Jährigen liegt traditionell weit unter dem Durchschnitt. Am höchsten ist sie noch unter den Erstwählern - danach scheinen die Wahlbenachrichtigungen zwischen Umzügen, Auslandsaufenthalten, Examensvorbereitungen und erster Jobsuche verloren zu gehen - oder hat die Politik den Jungen nichts zu sagen?

Schaut man sich die Statistik an, müssten sich alle Parteien deutlich mehr um die Aufmerksamkeit junger Wähler kümmern. Vor vier Jahren gaben nur 62,6 Prozent der 18- bis 21-Jährigen in Bayern ihre Stimme ab. Erst ab 30 wächst das Pflichtgefühl stetig an, bis es zwischen 60 und 70 einen Höchststand erreicht: 78,5 Prozent der Wahlberechtigten in diesem Alter machten bei der Bundestagswahl 2013 ihr Kreuz. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung in Bayern bei 70,9 Prozent.

Besonders scheinen sich die Grünen auf die jungen Wähler zu verstehen. Sie erreichten sowohl 2009 als auch 2013 überdurchschnittliche Werte bei den Jüngeren - und zwar den Jüngeren bis 60. Das Ergebnis zerstörten die Über-60-Jährigen. Ginge es nur nach denen, säßen die Grünen nicht mal im Bundestag. Das umgekehrte Problem hat die CSU. Ihr sterben die Wähler weg. Es gilt: je älter, desto konservativer. Bei den 18- bis 25-Jährigen lagen die Werte bei den vergangenen beiden Wahlen jeweils um zehn Prozentpunkte niedriger als im Durchschnitt.

Liegt es daran, dass die Grünen die Besucher ihrer Homepage konsequent duzen? Oder daran, dass sie selbstironische Gesinnungstests anbieten, die sogar inhaltlich recht informativ sind? Andererseits: die SPD duzt jeden, wird aber laut Statistik erst von 45 Jahren aufwärts mit Leidenschaft gewählt. In der Alterskohorte von Dachaus 30-jährigem SPD-Oberbürgermeister Florian Hartmann wählten 2013 gerade mal 16,8 Prozent die SPD. Insgesamt waren es damals 20,8 Prozent. Der SPD würde es also nicht viel nützen, wenn Jugendliche - wie in Österreich - bereits mit 16 Jahren wählen könnten. Sie befürwortet das jedoch, wie die Grünen.

Darüber, wie Zuwanderer in Deutschland wählen, führt das Landesamt keine Statistik. Unklar ist auch, wie viele Neubürger in diesem Jahr erstmals an die Urne gehen. Seit der letzten Bundestagswahl wurden im Landkreis Fürstenfeldbruck 733 Menschen eingebürgert, darunter auch Kinder. Wie viele von ihnen nun wählen dürfen, ist nicht bekannt. Mehr als 40 Prozent von ihnen aber würden wohl die SPD wählen. Von den Türkischstämmigen sogar fast 70 Prozent. Das legt eine Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen zu Integration und Migration nahe. Auch die Linke schneidet überdurchschnittlich ab, CDU/CSU viel schlechter. Nur Spätaussiedler bekennen sich zu mehr als 45 Prozent zur CDU/CSU.

Dass Jugend- und Migrationsthemen unterrepräsentiert erscheinen, ist wohl kein Zufall: Die größte Wählergruppe sind die Über-60-Jährigen.

© SZ vom 18.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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