Polizei warnt vor steigender Gefahr:Mehr Wild, mehr Unfälle

In diesem Jahr sind bisher schon mehr Autofahrer mit frei lebenden Tieren kollidiert als in den Jahren zuvor. Grund ist nach Angaben des Forstamtes die steigende Zahl der Rehe und Wildschweine.

Peter Bierl

- Die Zahl der Wildunfälle im Landkreis steigt bedrohlich an. Während 2010 noch 452 und 2011 485 Autofahrer mit frei lebenden Tieren kollidierten, waren es in diesem Jahr bisher schon 502. Heuer wurden dabei bereits vier Menschen verletzt. Der Leiter des Forstamtes Fürstenfeldbruck, Hans Jürgen Gulder, führt den Trend darauf zurück, dass es mehr Wildschweine und Rehe in der Region gibt. Wie die Polizei empfiehlt er, in der Dämmerung auf den Landstraßen sehr vorsichtig und langsam zu fahren.

Wildwechsel

Ein unbekanntes Wild sei ihm in den Wagen gelaufen, wollte ein Germeringer der Polizei weismachen. Doch am Ende war es ein Betonkübel, der beim Ausparken im Weg stand.

(Foto: Günther Reger)

Gulder war selbst schon in einen Wildunfall verwickelt. Vor zwei Jahren erwischte er beim Germeringer Ortsteil Nebel ein Reh mit seinem Wagen, als er in der Nacht aus dem Wald herausfuhr. Das Tier blieb schwer verletzt am Rand liegen und wurde von der Polizei mit einem Schuss erlöst. An Gulders Auto entstand bloß eine kleine Delle. "Das Reh kam ganz unvermittelt, ich konnte nicht reagieren", erzählt der Leiter des Forstamtes. Und Martin Bosch von der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck konnte gerade noch bremsen, als er vor einigen Tagen plötzlich in der Dämmerung zwei Rehe vor sich sah. Auf Straßen, die durch den Wald führen oder an Waldrändern verlaufen, ist höchste Vorsicht geboten, vor allem frühmorgens und abends in der Dämmerung. Meistens sind es Rehe, die gerade auf einer Wiese geäst haben, oder Wildschweine, die sich in Maisfeldern tummeln. Die Nähe von Siedlungen schreckt sie nicht ab. Gulder ist neulich ein paar Rehen kurz vor dem Ortsschild von Puch begegnet. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Wildschweine durch Grafrath laufen", prognostiziert der Forstmann. Die Wildunfälle ereigneten sich keineswegs bloß im Westen des Landkreises, wo es noch mehr Wald gibt, meint Gulder.

Zahlen über den Wildbestand für den Landkreis hat Gulder nicht. Er schließt aber aus den Abschusszahlen, dass dieser zunimmt. Die milderen Winter, die Winterfütterung der Jäger, die Zunahme des Maisanbaus zugunsten von Biogasanlagen sowie die Abkehr der Forstwirtschaft von der Monokultur haben die ökologischen Bedingungen für das Wild verbessert. Der Leiter des Forstamtes verweist auf Zahlen aus dem Nachbarlandkreis Dachau, wo der Wildbestand sehr hoch ist und jedes vierte getötete Reh einem Auto zum Opfer fällt.

Die Statistik bei der Polizeidirektion Oberbayern-Nord für den gesamten Landkreis Fürstenfeldbruck weist eine klare Tendenz nach oben auf. Im Bereich der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck, zu der der Westen des Landkreises gehört, sprechen die Zahlen hingegen nicht so eine eindeutige Sprache: Laut Bosch gab es in den letzten fünf Jahren sogar einen leichten Rückgang der Wildunfälle. Das Problem der Statistik ist, dass auch Füchse, Hasen, Dachse und Greifvögel enthalten sind. Der Polizist mag nicht ausschließen, dass die Zahl bei Rehen und Wildschweinen nach oben gegangen ist. Gulder verweist darauf, dass sich auch Unfälle ereignen, die nicht gemeldet werden, oder solche, bei denen ein Fahrer dem Tier noch ausweichen konnte, aber danach von der Straße abkam oder schleuderte und verunglückte.

Unfallschwerpunkte im Gebiet der Polizeiinspektion sind die Verbindungen von Moorenweis nach Steinbach und Türkenfeld, die Bundesstraße 2 zwischen Althegnenberg und Hattenhofen sowie die Straße von Aich nach Fürstenfeldbruck und der ganze Bereich um den großen Staatsforst Rothschwaige. Während die Unfälle im Bereich Fürstenfeldbruck für die beteiligten Autofahrer meist glimpflich ausgingen, kamen deutschlandweit 2011 laut offizieller Statistik 22 Menschen bei Wildunfällen ums Leben.

Der Leiter des Forstamtes verweist auch auf den volkswirtschaftlichen Schaden, der durch Kollisionen mit Wildtieren entsteht. Eine Vorstellung von der Dimension bekomme man, wenn man jeden Fall mit einem Durchschnittsbetrag von 3000 Euro ansetze, wobei die Spanne vom leichten Blech- bis zum Totalschaden reiche. Für Fürstenfeldbruck kommt man nach dieser Rechnung heuer bereits auf einen Schaden von mehr als 1,5 Millionen Euro. Der Forstamtschef sieht die Jäger in der Pflicht, lobt aber auch deren Engagement. Mit Staniolpapier, CD-Scheiben und Duftschaum würden Jäger versuchen, das Wild von den Straßen fernzuhalten - das sei teuer, aber nicht sehr effektiv. "Bei Rehen stellt das nur im ersten Jahr eine Sperre dar, bis sie gelernt haben", sagt Gulder. Und: "Die Wildschweine sind sehr schlaue Tiere."

Bei seinem Beinahe-Unfall kürzlich erlebte der Polizist Bosch genau das, was ihm viele Autofahrer schon erzählt hatten. Die Tiere blieben einfach mitten auf der Straße stehen. "Ich war nur mit etwa 70 Stundenkilometern unterwegs und konnte ausweichen", erzählt er.

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