Polizei Germering:Ermittler mit gutem Riecher

Germerings Polizei hat sich auf die Drogenfahndung spezialisiert. Jüngst spürte sie erneut eine Cannabis-Plantage auf. Präventionsbemühungen scheitern freilich oft an fehlendem Problembewusstsein

Von Stefan Salger, Germering

Fahnder brauchen Spürsinn, bei Drogenfahndern kann manchmal auch eine gute Nase nichts schaden. So auch an einem Freitagabend in Germering: da "erschnüffeln" Beamte der dortigen Inspektion buchstäblich eine veritable Marihuana-Plantage. Eigentlich sind sie wegen einer ganz anderen Sache in die Nachbarschaft gerufen worden. Doch dieser Geruch, der da in der Luft liegt, der kommt den beiden Beamten ziemlich bekannt vor. Immer der Nase nach geht es zu einem 150 Meter entfernten Mehrfamilienhaus an der Sudetenstraße. Dort öffnet ein 35-Jähriger die Wohnungstür. Auf den Geruch angesprochen räumt er ein, einen Joint geraucht zu haben. Weil ein Joint aber nicht 150 Meter weit zu riechen ist, lassen sich die Polizisten nicht so schnell abwimmeln - und werden fündig: in der Wohnung stoßen sie auf ein "grünes Zimmer", das der Aufzucht von Cannabis und der weiteren Verarbeitung dient. Die Männer in den grünen Uniformen transportieren 19 Pflanzen sowie vier Kilogramm verschiedener Betäubungsmittel ab. Die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck nimmt die Ermittlungen auf. Der 35-Jährige wird vorläufig festgenommen und tags darauf dem Ermittlungsrichter vorgeführt, der Haft anordnet. Den Wohnungsinhaber erwartet nun ein Verfahren wegen illegalem Anbau und Handel mit Betäubungsmitteln. Für zwei Gäste des 35-Jährigen hat der unangekündigte Besuch der Polizei ebenfalls ein rechtliches Nachspiel. Auch in ihrem Besitz befanden sich kleinere Mengen an Drogen - ebenfalls ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Profi-Drogenplantage

Immer wieder stößt die Polizei in Wohnungen auf Marihuana-Plantagen, so wie 2014 im bayerischen Oberau.

(Foto: dpa)

Dass dieser Fund mal wieder in Germering aufgetaucht ist, ist kein Zufall, weist aber mitnichten auf ein besonders schwerwiegendes "Drogenproblem" der Stadt hin. Für die Drogenkriminalität gilt: wer viel sucht, ermittelt und kontrolliert, der findet auch viel und die Fallzahlen steigen. Das bestätigt Germerings Polizeichef Jürgen Dreiocker, der über 20 Jahre Erfahrung im Bereich Rauschgiftkriminalität verfügt. Vier seiner Beamten kümmern sich um den Bereich Jugend-, Straßen- sowie Drogenkriminalität im Bereich Germering, Gilching und Alling. Sie sind in Zivil unterwegs. In Germering ist die Lage zwar nicht ganz so prekär wie in Fürstenfeldbruck, doch auch dort ist Personal knapp. Dennoch blieb Luft, um den zusätzlichen Schwerpunkt einzurichten. "Wir leisten uns das halt" sagt Dreiocker. Neben ihm sitzt Peter Berger (Name geändert). Er trägt ausgewaschene Jeans, eine graue Kapuzenjacke und einen Dreitagebart. Nur die umgeschnallte Dienstwaffe lässt darauf schließen, dass Berger sich nicht in das Büro an der Waldstraße verirrt hat, sondern einer der Drogenspezialisten ist. Sein Büro einen Stock tiefer ist eine wahre Fundgrube, fast so etwas wie ein Museum: dort stehen Wasserpfeifen Spalier, dazwischen Marihuana Crusher, Feinwaagen. Auch eine Schwipp-Schwapp-Dose steht da, die ein kreativer Dealer als Drogenversteck genutzt hatte. In einem Tresor werden Pillen und Pulvertütchen aufbewahrt, die jüngst sichergestellt worden sind und auf die Weitergabe ans Kriminalamt warten. An einer Pinnwand hängen Statistiken. Statistiken, die auch jenseits des "Kontrolldelikts" durchaus besorgniserregend sind. So wurde am Donnerstag bekannt, dass 2015 bundesweit die Zahl der Drogentoten zum vierten Mal in Folge gestiegen ist. 1226 Menschen starben, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Bayern ist da keine Ausnahme. Dreiocker und Berger werten solche Zahlen als Beleg dafür, dass auch der Konsum der sogenannten weichen Drogen kein Kavaliersdelikt ist. Mit Strafverfolgung alleine sei das Problem aber nicht in den Griff zu bekommen, auch deshalb wird der Kontakt zu Schulen und Streetworkern gesucht.

Polizei Germering: Die Sammlung auf dem Schrank eines Fahnders in der Inspektion an der Waldstraße zeigt Wasserpfeifen, Feinwaagen, Mühlen oder präparierte Transportbehälter.

Die Sammlung auf dem Schrank eines Fahnders in der Inspektion an der Waldstraße zeigt Wasserpfeifen, Feinwaagen, Mühlen oder präparierte Transportbehälter.

(Foto: Polizei Germering)

Crystal Meths, die Droge, die die geistige und körperliche Degeneration beschleunigt, spielt der Polizei zufolge keine allzu große Rolle in Germering, gleiches gilt für Heroin. Vor allem bei Jugendlichen seien Amphetamine und Ecstasy hingegen "extrem im Kommen", warnt Berger. Nicht selten werden bereits Zwölf- bis 14-Jährige damit aufgegriffen. In drei von vier Fällen freilich geht es nach wie vor um Marihuana oder Haschisch. 80 Festnahmen und 246 Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzt waren es 2015 in Germering.

Jürgen Dreiocker

Jürgen Dreiocker leitete das Kommissariat für Rauschgift- und deliktsübergreifende Kriminalität bei der Brucker Kripo, bevor er Chef in Germering wurde.

(Foto: Reger)

Viel Zeit verbringen die dortigen Drogenfahnder mit Warten und Beobachten. Man kennt die Plätze wie jenen vor der Stadthalle oder vor Schulen. Und man kenne "seine Pappenheimer", sagt Dreiocker. Manchem sehe man den Drogenkonsum an. So kommen "Aufgriffszahlen" zusammen, die deutlich über dem Schnitt anderer Inspektionen liegen. Dreiocker und Berger legen aber Wert darauf, dass die Jagd auf Drogendealer oder Konsumenten kein Selbstzweck ist: "Wir wollen nicht nur auf die Finger klopfen. Wenn man jemanden früh genug erwischt, dann kann man vielleicht noch etwas bewirken und die Gesellschaft profitiert langfristig davon." Nicht immer aber ist bei Betroffenen, Angehörigen, Eltern oder Lehrern Unrechtsbewusstsein zu spüren. Als die Fahnder einen 14-Jährigen zum wiederholten Male mit Haschisch erwischten und bei den Eltern ablieferten, da schalteten diese prompt einen Anwalt ein. "Ein vernünftiges Gespräch mit den Eltern" sei für ihn ein viel größeres Erfolgserlebnis als strenge Gerichtsurteile, sagt Berger.

Tipps für Eltern gibt es im Internet unter www.polizei.bayern.de/schuetzenvorbeugen/drogen/

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