Polizei:Ein Mann der Praxis

Ingbert Hoffmann, der neue Leiter der Polizeifachhochschule, hat viele Erfahrungen als Ermittler gesammelt. In der Inspektion Fürstenfeldbruck ist er vor Jahren auch Streife gefahren

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Die Fahrzeit ins Büro hat sich für Ingbert Hoffmann etwas verlängert. Doch der Blick aus seinem Büro in der Polizeifachhochschule in Fürstenfeldbruck hat einen wunderbaren Ausblick in den Park. Das könnte für vieles entschädigen, stünde Hoffmanns Stuhl nicht mit dem Rückenlehne zum Fenster. Der 52 Jahre alte Beamte im Range eines Polizeivizepräsidenten ist erst seit wenigen Wochen als Direktor in Fürstenfeldbruck. Da waren andere Themen und Termine wichtiger, als die Einrichtung des Chefzimmers. Kürzlich durfte der Nachfolger von Hermann Vogelgsang seine erste Diplomierungsfeier veranstalten, und wenige Tage danach in der Kutsche mit Landratsstellvertreterin Martina Drechsler und Alt-Oberbürgermeister Sepp Kellerer beim Volksfesteinzug mitfahren. Solche internen und öffentlichen Auftritte werden die Arbeitstage des Vaters von drei Kindern mitbestimmen, auch wenn der Alltag mit dem Job als Hochschulleiter nun ein wenig übersichtlicher geworden ist.

"Es gibt keine Schichtpläne mehr, keine unerwarteten Lagebesprechungen", sagt Hoffmann und gibt damit zu verstehen, dass sein Leben nun etwas planbarer geworden ist. Bis vor wenigen Wochen war das noch nicht so. Im bayerischen Innenministerium war der Jurist Hoffmann der Vertreter des Inspekteurs der bayerischen Polizei, Thomas Hampel, und für das Sachgebiet Einsatz zuständig. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagt über diese Stelle: "Die Leitung des Einsatzsachgebietes in der Polizeiabteilung des Innenministerium gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben bei der bayerischen Polizei." Und so kamen auch auf Hoffmann, wie auf jeden dort eingesetzten Beamten, Überstunden beim G-7-Gipfel zu. Oder aber bei sogenannten Großlagen.

Und dann gab es auch noch die Ankunft Hunderttausender Flüchtlinge zu bewältigen. Daraus und aus den Einsätzen, die Hoffmann seit seiner polizeilichen Ausbildung nach dem Studium erlebt hat, möchte der neue Schulleiter ein neues Unterrichtskonzept machen. Mehr Praxis für die Beamten, die in sieben verschiedenen Teilbereichen ihr Studium absolvieren. Hoffmann hat sich schon einiges dazu überlegt, und er wird dieses Konzept nicht nur in Fürstenfeldbruck, sondern auch an der zweiten Polizeifachhochschule in Bayern, in Sulzbach-Rosenberg, integrieren. Denn auch für diesen Hochschulstandort trägt der Direktor der Brucker Polizeischule Verantwortung.

Diplomierungsfeier

Zum Beweis mag ein Bild der Diplomierungsfeier im ehemaligen Kloster Fürstenfeld dienen, bei der auch die jüngsten Familienmitglieder dabei waren.

(Foto: Günther Reger)

Eine wichtige Erkenntnis hat sich für Hoffmann nach der Ankunft der Flüchtlinge an der bayerischen Grenze im vergangenen Jahr gebildet: "Wir müssen die Begrüßungskultur, die wir dort gezeigt haben, fortsetzen." Eine Möglichkeit, diesen Gedanken zu verankern, ist die Ausbildung in Fürstenfeldbruck. Hoffmann sieht den Schulbetrieb und die Lehrpläne nicht als statisch, als unveränderbar an, er möchte den Unterricht den aktuellen Erfordernissen anpassen. Dass die 40 hauptamtlichen Dozenten und 100 nebenamtlichen Polizeilehrer da mitmachen, davon geht der Direktor aus. Geht es ihm doch um die Sensibilisierung der Beamten. Diese sollen lernen, dass es sehr wohl einen Unterschied zwischen Islam und Islamismus gibt, sie sollen etwas über die Kulturen erfahren, über die Gründe, warum sich Menschen auf die Flucht begeben. Gleichzeitig sieht er das Fachgebiet Sozialwissenschaften gefordert, den Studierenden mehr über die politisch motivierte Gewalt beizubringen - ob sie nun von links oder von rechts kommt.

Das neue praxisnahe Studium kommt nicht von ungefähr. Hoffmann ist der erste Vollzugsbeamte auf dem Stuhl des Hochschuldirektors. Sein äußeres sichtbares Zeichen ist die Uniform, auf dessen Schulterklappen sich jeweils ein gesticktes goldenes Eichenlaub mit Stern befindet. So hohe Dienstgrade sind sonst selten in der Öffentlichkeit zu sehen. Bis Hoffmann diesen Rang erreichte, hat er vom Streifendienst in Fürstenfeldbruck bis zur Jagd auf Mafiosi ein großes Spektrum polizeilicher Arbeit kennen gelernt.

1992, nachdem er das Jura-Studium in Regensburg abgeschlossen hatte, begann er seine Karriere in der Personalabteilung des bayerischen Innenministeriums. Hoffmann liebäugelte aber mit dem Polizeiberuf und begann 1997 seine polizeifachliche Ausbildung. Die führte ihn unter anderem nach Erding - und in die damals noch bestehende Polizeidirektion Fürstenfeldbruck, wo er in der Inspektion auch mal Streife fuhr, ansonsten aber lernte, Führungsaufgaben wahrzunehmen. Später war er dann den Gangstern in München auf der Spur, erst im Polizeipräsidium, von 2008 an im Landeskriminalamt, wo er zum Dezernatsleiter Organisierte Kriminalität aufstieg. Das "personalstärkste Dezernat", wie Hoffmann anmerkt. Die Mafia in ihren vielen Ausprägungen hatten er und seine Leute auf dem Schirm, ein Job, der wegen der verflochtenen Strukturen der Kriminellen nicht immer erfolgreich ist.

Polizei: Die Polizei in Bayern sieht Ingbert Hoffmann, Leiter der Fachschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Fürstenfeldbruck, als große Familie.

Die Polizei in Bayern sieht Ingbert Hoffmann, Leiter der Fachschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Fürstenfeldbruck, als große Familie.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Noch mehr Mitarbeiter hatte Hoffmann im LKA als Abteilungsleiter unter sich, als er die Zielfahnder und den Erkennungsdienst verantwortete. 300 Leute, die sich um "einen breit gefächerten Bereich" kümmern, wo die Fahnder schon ein ganz besonderes Gespür brauchen, wenn sie einer Zielperson hinterjagen. Dort verbirgt sich aber, wie auch beim Erkennungsdienst, viel kriminologische Forschung.

Bevor Hoffmann zurück ins Innenministerium wechselte, verbrachte er viele Überstunden damit, sich durch Datenfluten zu quälen. Daten, wie sie nur bei der Wirtschaftskriminalität anfallen. Sie zu sichten, zu ordnen und auszuwerten, diese Tätigkeiten erfordern Kompetenz. In Hoffmanns Zeit beim LKA fallen unter anderem die Ermittlungen gegen Banken, als größter Fall die Bayerische Landesbank.

Neben seiner Tätigkeit als Schulleiter in Uniform will Hoffmann vom Beginn des Wintersemesters an auch lehren. Strafrecht werden Studierende bei ihm hören. Hoffmann kennt die Situation an der Schule ziemlich gut. Zwar war er nie als Hörer dort, aber oft genug als Prüfer in der mündlichen Prüfung. Strafrecht, was sonst.

Und dann ist da noch der Herr über das ehemalige Klostergebäude, das für Hoffmann einen "außerordentlichen kunstgeschichtlichen Wert" hat. Dass es ein großes öffentliches Interesse an der Nutzung des Klosters gibt, weiß der leitende Polizeidirektor inzwischen, und er arbeitet auch schon an einem Konzept. "Wir wollen offen sein", lautet sein Motto, doch muss diese Offenheit für Hoffmann auch vereinbar sein mit der Schutz der polizeilichen Einrichtung und dem ihm anvertrauten Kulturgut. In wenigen Wochen wird man den Barockgarten betreten dürfen, wenn er zu den Gartentagen von Fürstenfeld ausnahmsweise geöffnet wird. Am Tag des offenen Denkmals wird Hoffmann vielleicht einen Teil des Schulgebäudes aufsperren, so dass Foyer, Aula und Churfürstensaal auch denjenigen zugänglich werden, die "sonst immer draußen vorbeigehen und sich fragen", so Hoffmann, "was ist dort drinnen los?"

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