Politik im Internet:Live aus dem Sitzungssaal

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Um mehr Bürger für das Geschehen im Rathaus zu interessieren, wollen die Fürstenfeldbrucker Stadträte ihre Diskussionen im Internet übertragen lassen. Vorbild ist Pfaffenhofen an der Ilm.

Wolfgang Krause

Wenn die Fürstenfeldbrucker Stadträte mal wieder über den Bau einer Kinderkrippe oder den Haushalt diskutieren, ist die Zuschauertribüne meist spärlich besetzt. In Pfaffenhofen an der Ilm dagegen verfolgen regelmäßig um die 1000 Menschen die Stadtratssitzung oder schauen zumindest mal kurz rein. Allerdings nicht im Sitzungssaal, sondern im Internet. Auch in Fürstenfeldbruck könnten die Stadtratsdebatten bald per Live-Stream online gestellt werden: Der Hauptausschuss beschloss am Montag einstimmig, die Information und die Bürgerbeteiligung über die neuen Medien auszubauen. Vorbild ist die Stadt Pfaffenhofen.

Anlass für den Beschluss war ein Antrag der SPD-Stadträtin Claudia Calabro. Sie will durch eine bessere Internetpräsenz der Stadt mehr Menschen erreichen als durch traditionelle Medien, Informationsblätter und Bürgerversammlungen. Vor allem aber geht es ihr darum, die Bürger durch Chats oder Umfragen mitgestalten zu lassen. Damit rannte sie bei den meisten Stadtratskollegen offene Türen ein. FW-Fraktionschef Franz Neuhierl erinnerte etwa daran, dass frühere Vorstöße in dieser Richtung von der Verwaltung abgeblockt worden waren.

Inzwischen allerdings zeigt sich das Rathaus durchaus offen für neue Wege der Kommunikation. Hauptamtsleiter Roland Klehr schlug vor, bis zum Zusammentreten des neuen Stadtrats in einem Jahr ein Konzept für ein Bürger- und Ratsinformationssystem auf die Beine zu stellen. Das ging Neuhierl und Grünen-Fraktionssprecherin Karin Geißler zwar nicht schnell genug. Sie hätten lieber schon im Herbst begonnen. Trotzdem fiel der Beschluss am Ende einstimmig.

Darüber wie das Bürgerportal genau ausgestaltet werden soll, gibt es freilich unterschiedliche Meinungen. Klaus Wollenberg von der FDP ist vor allem das Instrument des Chats suspekt, weil er befürchtet, dass die Menschen dort anonym "Dampf ablassen". Calabro sieht dieses Problem nicht. Nach ihrer Aussage dürfen in Pfaffenhofen nur registrierte Bürger aus dem Postleitzahlengebiet der Stadt mitreden. Außerdem könne man die Beiträge prüfen, bevor sie öffentlich sichtbar werden. Das allerdings ist nach Angaben Klehrs mit relativ hohen Kosten verbunden.

Vergleichsweise günstig ist dagegen die Videoübertragung von Stadtratsdebatten im Internet, die demnächst auch die Landeshauptstadt München erprobt. Die Stadt Pfaffenhofen zahlt dafür nach Angaben ihres Sprechers und Marketing-Experten Marzellus Weinmann pro Sitzung etwa 1000 Euro. Der Brucker SPD-Stadtrat Walter Schwarz schwärmte aber vor allem von anderen Vorteilen, so denen eines Live-Streams: In Pfaffenhofen kämen die Stadträte viel besser gekleidet zu den Sitzungen, seit sie dabei gefilmt werden. Außerdem seien die Sitzungen kürzer, weil sich die Redebeiträge weniger wiederholen. Und Oberbürgermeister Sepp Kellerer scherzte: "Es wird auch weniger geschwätzt werden."

Die Stadt Pfaffenhofen begann nach Angaben Weinmanns im vergangenen Jahr mit der Übertragung von Stadtratssitzungen. Schon viel länger wendet sich Bürgermeister Thomas Herker (SPD) regelmäßig mit Videobotschaften via YouTube direkt an die Bevölkerung. Die Aktivitäten im Netz, zu denen auch das Anfang des Jahres gestartete Bürgerportal pafunddu.de unter dem Motto "Mitwissen, mitreden, mitgestalten" gehört, sind allerdings nur eine Facette des Projektes "PAF und Du", mit dem die Stadt seit einigen Jahren das Bürgerengagement durch Veranstaltungen und Workshops fördert und bündelt. Ende März erschien außerdem erstmals eine Printausgabe des Bürgermagazins "PAF und Du", in die Beiträge aus der Online-Plattform einflossen.

In Fürstenfeldbruck ist man von diesem Vorbild noch weit entfernt. Laut Hauptamtsleiter Klehr ist die Stadt gerade dabei, den Internetauftritt mit geringem finanziellen Aufwand übersichtlicher und ansprechender zu gestalten. Außerdem können die Bürger bereits jetzt öffentlich ausgelegte Bebauungspläne online einsehen. Alles weitere soll eine Arbeitsgruppe diskutieren, der neben Verwaltungsmitarbeitern auch interessierte Stadträte aller Fraktionen angehören sollen.

© SZ vom 24.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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