Politik:Die Kunst der Improvisation

Frauenunion

Gedanken und Lieder zum neuen Jahr: Katharina Plabst, Kreisvorsitzende der Frauen-Union (links), und der Landfrauenchor.

(Foto: Günther Reger)

Die Frauen-Union muss Ersatz finden für die erkrankte Gastrednerin des Neujahrsempfangs

Von Heike A. Batzer, Emmering

Die Bürgermeisterin von Lansing fehlt. Ausgerechnet. Sie wäre die Festrednerin gewesen beim Neujahrsempfang der Kreis-Frauen-Union. Doch die Schauspielerin Senta Auth, die in der Fernsehserie "Dahoam is dahoam" die Rolle der Bürgermeisterin Vroni Brunner spielt, ist krank. Dagegen ist wenig zu machen, Katharina Plabst aber hat als Kreisvorsitzende der Unionsfrauen ein veritables Problem am frühen Sonntagmorgen. Wer sollte nun ein paar kluge Worte zum neuen Jahr sprechen? Gut, dass die CSU ein paar Mandatsträger hat, denen das zuzutrauen ist und die sich das auch spontan zutrauen: Katrin Staffler, die neu gewählte Bundestagsabgeordnete, und der Landtagsabgeordnete Alex Dorow.

Katharina Plabst fällt ein Stein vom Herzen. Immerhin ist es für sie ein besonderer Tag, an dem sie, wie sie betont, "gemeinsam mit meiner Mama auf der Bühne steht". Die singt im Landfrauenchor, der den Vormittag im Emmeringer Bürgerhaus musikalisch begleitet. Plabst begrüßt die Prominenteren unter den etwa 70 Gästen, unter anderem Gabriele Dietrich, Benjamin Miskowitsch und Oliver Simon. Alle drei möchten für die CSU in den Landtag einziehen, die Entscheidung wird am Freitag fallen. Der vierte Kandidat, Andreas Hörl, fehlt. Dafür sind Martina Drechsler da als Stellvertreterin des abwesenden Landrats sowie die Bürgermeister von Alling und Maisach, Frederik Röder und Hans Seidl. Parteifremd als Freier Wähler zwar, aber Hausherr ist Michael Schanderl, der Bürgermeister von Emmering. Und auch die Maisacher SPD-Gemeinderätin Waltraut Wellenstein wird begrüßt als ein "seit Jahren treuer Gast bei uns".

Plabst stellt dann die Frage, "ob wir eigentlich noch bewusst wahrnehmen, wie gut es den meisten von uns geht"? und zählt ein paar Beispiele dafür auf. Es wird geradezu besinnlich, die Worte hätten auch gut in eine Kirchenpredigt gepasst. Alex Dorow wird später fordern, dass "wir mehr Vertrauen zueinander brauchen und eine neue Beweglichkeit im Denken". Der 53-Jährige, der früher beim BR Nachrichtenmoderator war, kann locker aus dem Stegreif sprechen, zumal das Einspringen für ihn an diesem Wochenende zur Hauptbeschäftigung wird. Erst am frühen Sonntagmorgen gegen vier Uhr sei er nach Hause gekommen, erzählt er, weil er in Nürnberg einen ausgefallenen Kollegen als Redner vertrat. Wenige Stunden später also Emmering im Kreis Fürstenfeldbruck.

Dorow mahnt eine stärkere Fähigkeit zur Differenzierung und "weniger Schubladendenken" an. Wer die Frage stelle, warum viel Geld für Flüchtlinge ausgegeben wird und Geld an anderer Stelle nicht da sei, "ist nicht gleich rechtsradikal". Es müsse erlaubt sein, zu fragen, "wer zu uns kommt und wer sich wo befindet". Dorow streift in seinen Ausführungen noch dies und das, kritisiert das "steigende Aggressionspotenzial in der Gesellschaft auch Rettungskräften gegenüber" und kommt später auf öffentliche Verkehrsmittel zu sprechen, die beispielsweise in der Region Bozen in Südtirol dergestalt auf Vordermann gebracht wurden, dass es dort nur noch einen Tarif gibt, und sie nun genutzt würden "wie selten zuvor". Seine Schlussfolgerung: "Es braucht flankierende Maßnahmen." Mit der Ertüchtigung einer zweiten Stammstrecke allein sei es nicht getan.

Katrin Staffler hat ihr I-Pad dabei, das ihre Gedanken für sie aufbewahrt. Sie empfiehlt, sich vom wirtschaftlichen Erfolg des Landes "nicht erdrücken" zu lassen. Es seien Zukunftsvisionen notwendig, "über das simple Bauen von Straßen hinaus". Auch müsse man stärker an der Weiterentwicklung der europäischen Idee arbeiten, fordert sie, ganz so, als ob CDU/CSU nicht seit vielen Jahren Regierungsverantwortung trügen. Beinahe beiläufig lässt sie fallen, dass sie im neuen Bundestag dem Bildungs- und dem Europaausschuss angehören werde. Der Vormittag zieht schnell vorüber, dann geht es ans Büffet. Zumindest in der CSU Puchheim dürfte man ob dieses Improvisationsstücks zumindest heimlich den Gedanken daran verschwendet haben, dass es manchmal gar nicht schlecht ist, wenn der eingeladene Referent nicht kommen kann.

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