Platz für die Kleinen:Dauerbaustelle Kinderbetreuung

Von August an haben Eltern von unter Dreijährigen einen Anspruch auf einen Krippenplatz. Städte und Gemeinden bauen deshalb ihre Angebote aus. Dabei haben sie jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen.

A. Lindenbach, A. Ostermeier und E. Setzwein

Krippenplätze sind sehr begehrt. Seit Jahren nimmt die Zahl der Eltern im Landkreis zu, die ein Kleinkind in Betreuung geben. Städte und Gemeinden sind errichten deshalb laufend neue Kindergärten und Krippen. Für gut jedes dritte Kind im Alter zwischen einem und drei Jahren sollte von August 2013 an ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen. Doch im Landkreis ist diese Zahl längst überholt. Der tatsächliche Bedarf ist viel höher, in Olching liegt er beispielsweise bei 66 Prozent. Da Eltern einen Anspruch auf einen Krippenplatz haben, müssen weitere Plätze für Buben und Mädchen angeboten werden. Verschärft wird die Nachfrage nach Betreuungsplätzen durch den Zuzug in den Raum München, der sich auch im Landkreis auswirkt. So wächst beispielsweise Olching jedes Jahr um 250 Einwohner, also um rund ein Prozent.

Platz für die Kleinen: Die meisten Zuschüsse der Stadt bekommen Krippen, Kitas und Kindergärten.

Die meisten Zuschüsse der Stadt bekommen Krippen, Kitas und Kindergärten.

(Foto: Stephan Rumpf)

Fehlende Gebäude

69 Kindergarten- und 38 Krippenplätze fehlen in Olching. Um den Mangel zu verringern, will die Stadt eine Kindertagesstätte errichten, die im Herbst zwei Krippen- und drei Kindergartengruppen sowie eine Hortgruppe aufnehmen kann. Die Einrichtung soll in Modulbauweise, also aus Fertigteilen gebaut werden. Das geht am schnellsten. Errichtet wird das Gebäude auf städtischem Grund an der Wendelsteinstraße. In Maisach hat man sich aus Zeitmangel für die selbe Lösung entschieden. Wo genau das Provisorium mit zwei Kindergartengruppen stehen soll, ist noch unklar. 2015 soll dann der Erweiterungsbau des Kinderhauses Maisach-Ost fertig sein. Gebaut wird auch in Germering. 320 Betreuungsplätze für Kleinkinder will die Stadt im September anbieten. An der Augsburger Straße soll eine Tagesstätte entstehen. Doch der Beginn der Bauarbeiten verzögert sich. Nun soll dort ein Container aufgestellt werden, bis das Gebäude bezogen werden kann. Einen anderen Weg geht Eichenau. Die Gemeinde baut nicht neu, sie hat eine leer stehende Apotheke angemietet. Dort wird die Nachbarschaftshilfe im Mai eine Krippe für 24 Kinder einrichten.

Große Nachfrage

In Fürstenfeldbruck und Gröbenzell öffneten 1994 die ersten Kinderkrippen. Wie sehr sich die Gesellschaft seither gewandelt hat, sieht man daran, dass damals eine der zwei geplanten Gruppen mangels Bedarf in eine Kindergartengruppe umgewandelt wurde. Ähnlich war es in Germering. Das Interesse der Eltern war gering. Mit "acht oder neun" Kindern sei die Krippe gestartet, erinnert sich Germerings Sozialamtsleiter Bruno Didrichsons. Desinteresse und Skepsis sind längst gewichen. Didrichsons stellt eine "erhebliche gesellschaftliche Veränderung" fest. Momentan muss Germering jedes Jahr eine weitere Krippe eröffnen, um mit der Nachfrage Schritt halten zu können. Auch die Olchinger Stadtverwaltung spricht von einem "sich ändernden Erziehungsverhalten". Dazu kommt, dass Mütter und Väter rasch nach der Geburt eines Kindes wieder arbeiten wollen.

Personalmangel

Erzieherinnen und Erzieher werden von allen Gemeinden gesucht, doch allein schon die hohen Lebenshaltungskosten im Großraum München schrecken viele Bewerber ab. Didrichsons sieht in der Knappheit des Personals das größte Hindernis für den Ausbau der Kinderbetreuung. Germering hat daher auf der Internetseite unter den Stellenangeboten eine eigene Rubrik für die Kinderbetreuungseinrichtungen. Als Lockmittel bietet die Stadt Hilfe bei der Wohnungs- sowie der Stellensuche des Partners und übernimmt im Fall einer Bewerbung auch Reisekosten für bis zu zwei Übernachtungen. In Maisach drängt Amtsleiter Peter Eberlein mit Blick auf das schwer zu findende Personal für die vier neuen Krippen- und Kindergartengruppen die Gemeinderäte zum Handeln. Olching sucht direkt qualifiziertes Personal in Südeuropa. "Wir sind neugierig, was sich da tut", sagt Almut Wilhelm, die in Eichenau für die Kitas zuständig ist. Wilhelm berichtet von den Ausschreibungen, auf die es auch Anfragen aus europäischen Ländern gibt. Haupthürde bei der Qualifikation seien mangelnde Deutschkenntnisse. Es gibt aber auch überqualifizierte Bewerber, wie etwa Grundschullehrer, die nicht als Erzieher eingestellt werden können, weil ihre Stellen finanziell nicht gefördert werden. In Eichenau konnten sieben Kindergartenplätze nicht vergeben werden, weil laut Bürgermeister Hubert Jung zwar Personal vorhanden ist, die Erzieherinnen aber zu wenig Stunden haben.

Viele Schulrücksteller

In den letzten Jahren etablieren sich zunehmend Schulkindergärten. Sie sind für Kinder, die zum Einschulungs-Stichtag sechs Jahre alt sind und in die erste Klasse kommen sollen, die aber nach Einschätzung von Lehrern oder Eltern noch nicht schulreif sind. Für diese Gruppe, deren Zahl steigt, werden immer mehr Schulkindergärten eingerichtet. Dort kann ein anderes pädagogisches Konzept angeboten werden als in einem Kindergarten. Und die so genannten Schulrücksteller belegen dann nicht die Kindergartenplätze, die eigentlich die jüngeren Kinder bräuchten. Nach Einschätzung von Fachleuten hängt dieser Trend damit zusammen, dass die Kinder nach den Vorgaben des Kultusministeriums immer jünger eingeschult werden sollen. Gröbenzell hat 2009 die erste Kindergartengruppe für Schulrücksteller gegründet, 2012 mussten sie eine zusätzliche Gruppe aufmachen. Maisach startete so ein Angebot im Vorjahr für rund 25 schulpflichtige Kinder, heuer sind es 30 Schulrücksteller. Dort fehlen nun 26 Kindergartenplätze.

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