Olching:Zachmann ist die Nummer eins

25 000 Besucher kommen nach Olching, um die Faschingswagen zu sehen. Die Jury favorisiert das Gefährt des Motorsportclubs, das die Figur des Stadtrats der Freien Wähler zeigt

Von Julia Bergmann, Olching

Dicht gedrängt stehen Piraten neben Prinzessinnen, Teletubbies neben Tigern und Fliegenpilze neben Funkenmariechen. Der warme Atem der Besucher bildet kleine Wölkchen in der kalten Luft und während ein Punk und eine Ameise noch einen Kasten Bier über die Straße hieven, tanzen Herr und Frau Marienkäfer auf der Stelle, um die beißende Kälte beim Warten auf den 62. Olchinger Faschingszug zu vertreiben. "Wo bleiben's denn heut?", fragt eine Clown-Dame und tritt alle zwei Minuten nach vorne, um Ausschau zu halten. Mindestens genau so aufgeregt ist der kleine Leoparden-Junge, der auf dem Arm seine Raubtier-Mama mit großen Augen und rotgefrorenen Wangen immer wieder Richtung S-Bahnhof schaut.

Etwa 25 000 Narren sind an diesem Tag gekommen, um den legendären Faschingszug zu feiern, von dem manch einer behauptet, er sei der größte, schönste und längste in Oberbayern. So zumindest hallt es aus den Lautsprechern des ersten Wagens, der am Horizont auftaucht. Langsam kommt Aufregung in die versammelte Meute. "Jetzt geht's los. Komm schnell", ruft die zottelige Hexe dem kleinen Drachen zu, der sich mit wackeligen Schritten seinen Weg zwischen den Beinen der Erwachsenen bahnt. Und dann regnet es auch schon Kamellen. Überall Kinder in hellster Aufregung, die Hände können nicht schnell genug nach den süßen Geschenken greifen.

Nachdem der Zug sich bereits ein gutes Stück voran gearbeitet hat, zeigt sich, dass einer der Wagen in der langen Kolonne besonders viel Aufmerksamkeit genießt. Es ist der Wagen des Motorsportclubs Olching. Auf dem giftgrünen Gefährt ist aus der Ferne nur "Olchings Bremser" zu lesen. Je näher er kommt, desto deutlicher zeichnen sich die beiden Anwaltsfiguren am Horizont ab, die mahnend ihre Zeigefinger in die Höhe strecken. "Der Zachmann bin i, schauts mi o, i brems was i nur bremsen ko", steht in leuchtend pinkfarbener Schrift auf einer Seite des Wagens. Auf den ersten Gesichtern im Publikum zeichnet sich ein Schmunzeln ab. Und dann taucht Zachmanns Abbild aus Hasendraht und Pappmaché auf. Gebückt steht die Figur mit einem breiten Grinsen auf dem Wagen. Beide Hände sind weit zur Seite ausgestreckt, die Daumen zeigen nach oben.

Das pikanteste Detail zeigt sich erst allmählich, als sich der Wagen seinen Weg immer weiter durch die Menge bahnt - es ist der entblößte Hintern des FW-Stadtrats. Dahinter dreht sich ein Kreissägeblatt mit der Aufschrift "Mehrzweckhalle, Umgehungsstraße, Kindergarten-Blechdach". Während einige der Besucher mit weit aufgerissenen Augen die Schrift auf dem Wagen lesen, können sich andere angesichts der Karikatur vor Lachen fast nicht mehr auf den Füßen halten. Als der Wagen fast schon aus dem Blickwinkel der Besucher verschwunden ist, zeigt sich hinten noch ein gut gemeinter Ratschlag: "Herr Zachmann, ham's mehr Spaß am Leben, Probleme dad's doch gnua scho geben." Natürlich, so lässt es sich auf den Spraydosenverkleidungen der Mitglieder lesen ist der Inhalt zu hundert Prozent Spaß. Mit der Wahl des Mottos, der Ausführung und Darstellung konnte der MSC die Jury überzeugen und heimste mit 140 von 150 möglichen Punkten den ersten Platz unter den Wagen ein. Während das Urteil der Jury relativ einheitlich ausfällt, gehen die Meinungen des Publikums auseinander. Einige bezeichnen die Umsetzung als gelungen, andere empfinden sie als unangebracht.

Die Aufregung unter den Zuschauern legt sich jedoch bald wieder. Immerhin schließen die nächsten Wagen bereits auf. Die Faschingsfreunde "Spechtranch" etwa widmen sich mit ihrem kunterbunten Wagen dem Thema Erzieherinnen-Notstand. Zwischen Hängebrücke und Klettergerüst befindet sich sogar eine Rutsche. Ebenfalls auf dem Wagen zu sehen ist das strahlende Konterfei von Bürgermeister Andreas Magg. Darunter steht in großen Lettern: "Der Retter". Auf den Zaunlatten, jede in einer anderen Farbe gestrichen, breitet sich eine Banderole aus, darauf geschrieben steht: "Wegen Krankheit geschlossen". Mit ihrer Idee sicherten sich die Faschingsfreunde Spechtranch den zweiten Platz mit 127 Punkten. Lediglich einen Punkt weniger und damit den dritten Platz erreichte der SV Frischauf Graßlfing mit dem Wagen "Fracking - das Tor zur Hölle". Ein besonders schönes Detail des Wagens ist die leuchtend rote Teufelsfigur, die in regelmäßigen Abständen von wabernden Rauchschwaden umnebelt wird.

Die Stimmung unter den 25 000 Besuchern bleibt gut. Auch Hartwin Lang, der Leiter der Polizeiinspektion Olching, zieht ein positives Fazit. "Der Faschingszug ist recht friedlich verlaufen", sagte Lang. Lediglich als es bei einem Streit zwischen drei jungen Männern zu Handgreiflichkeiten kam, musste die Polizei eingreifen. Und auf einem der Wagen fiel den Einsatzkräften ein stark betrunkener Jugendlicher auf, der zu seiner eigenen Sicherheit in Gewahrsam genommen und anschließend seinen Eltern übergeben wurde. Auch der Malteser Rettungsdienst konnte sich über einen ruhigen Verlauf der Feier freuen. Einsatzleiter Michael Frieß sprach von zehn Patienten, die an Ort und Stelle versorgt werden mussten. Das seien weniger als im Vorjahr. Josef Gigl, der Kommandant der Olchinger Feuerwehr kann die positive Bilanz des Faschingszuges nur bestätigen. "Alle Maßnahmen, die wir treffen mussten, wie etwa die Absperrung der Straßen, wurden problemlos von den Besuchern akzeptiert", sagte Gigl. "Alles verlief wunderbar."

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