Olching:Weltpolitik ganz nah

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Pfarrer Josef Aicher (von links) diskutiert auf dem CSU-Podium mit Katrin Staffler, Jeremias Schröder und Thomas Silberhorn. (Foto: Günther Reger)

CSU-Bundestagskandidatin Katrin Staffler lädt zur Diskussion über Fluchtursachen und Entwicklungspolitik ein

Von Peter Bierl, Olching

Unsere Aussichten sind nicht gerade rosig. Unter dem Titel "Flucht und Ursachen - Warum Hilfe vor Ort wichtig ist" hatte die CSU Olching zu einer Veranstaltung ins Kulturzentrum Kom eingeladen. Der frühere Olchinger Pfarrer und Ehrenbürger Josef Aicher berichtete von seiner Arbeit im Kongo, die immer schwieriger werde. Inzwischen würden dort Menschen ermordet, um ihr Blut abzuzapfen und zu verkaufen. Zwei Angehörigen seiner Gemeinde seien bereits umgekommen. Der Abtpräses der Missionsbenediktiner von Sankt Ottilien, Jeremias Schröder, schilderte die weltweiten Aktivitäten seines Ordens, der insbesondere im Gesundheits- und Schulwesen aktiv ist. Als letzter aus dem Trio auf dem Podium erklärte Thomas Silberhorn (CSU), parlamentarischer Staatssekretär aus dem Entwicklungshilfeministerium, wie wichtig Entwicklungshilfe ist.

Man müsse den Menschen eine Perspektive bieten, um sie vor der gefährlichen Flucht abzuhalten. Schlimm genug, dass im Mittelmeer allein in den vergangenen drei Jahren mehr als 10 000 Menschen ertranken, in der Sahara seien noch viel mehr umgekommen, sagte Silberhorn. Viele junge Männer würden in Lagern in Libyen gefoltert und fast alle Frauen vergewaltigt. Alle diese Menschen machten sich auf den Weg, weil sie zu Hause keine Perspektive hätten. Sie flüchteten vor Krieg, Bürgerkrieg, Hunger, Armut und den Folgen des Klimawandels. Umso wichtiger sei es, zielgerichtet die Entwicklung zu fördern, sagte Siberhorn. Besonders warb er für Bildung und Ausbildung von Mädchen und Frauen sowie die Nutzung erneuerbarer Energiequellen in Afrika, um den Klimawandel zu stoppen.

Eine Diskussion entspann sich über die Landwirtschaft. Nach Ansicht des Abtpräses ist ein Strukturwandel notwendig. Man brauche eine intensive und professionelle Landwirtschaft, das Faible für die Kleinbauern qualifizierte der Benediktiner-Obere als ideologisch ab. Silberhorn warnte dagegen vor einer industrialisierten Landwirtschaft "wie in den USA", räumte aber ein, dass Höfe mit nur einem oder zwei Hektar wenig Chancen hätten. Diese Leute würden in die Städte abwandern, wo sich riesige Slums bilden.

Er plädierte für eine Entwicklung, die bei uns mit dem Namen Raiffeisen verbunden ist, also einer Mechanisierung, dem Bau von Lagerhallen und Kühlräumen sowie dem Zugang zu Krediten. "Die Urproduktion reicht sicher nicht, sondern es braucht mehr Wertschöpfung durch Weiterverarbeitung", erklärte der parlamentarische Staatssekretär.

In der Diskussion, die von der CSU-Bundestagskandidatin Katrin Staffler moderiert wurde, gab es einige kritische Nachfragen aus den Reihen der knapp 60 Zuhörer. An der Textilindustrie sehe man doch, dass Gewinne von wenigen Firmen abgeschöpft werden, sagte eine Frau. Eine andere verwies darauf, dass große Konzerne riesige Flächen in Afrika aufkaufen. Dieses "Landgrabbing" sei ein großes Problem, antwortete der CSU-Politiker.

Eine Frau erinnerte daran, dass statistisch jeder in Deutschland im Jahr für neun Tonnen Kohlendioxid verantwortlich sei, während die Armen kaum zu den Treibhausgasen beitrügen. "Es gibt ganz andere Baustellen, als das, was Sie genannt haben. Unser Autoverkehr, unser Fleischkonsum, die Energieversorgung", sagte sie. Außerdem kritisierte sie die Freihandelsabkommen, die die EU afrikanischen Staaten teils regelrecht aufgezwungen habe. Silberhorn widersprach nicht. "Unsere Wirtschaftsweise überschreitet die planetarischen Grenzen", räumte der CSU-Politiker unumwunden ein. In seinem Ressort gehe es darum zu vermeiden, dass Entwicklungsländer Fehler wiederholen, "die wir gemacht haben".

Aber selbst wenn das Ziel des Pariser Klimagipfels erreicht würde, den Temperaturanstieg noch auf zwei Grad zu begrenzen, würde der Meeresspiegel um einen halben Meter steigen. Das bedeute, dass Inselstaaten im Pazifik untergehen werden, ebenso Küstengebiete etwa von Bangladesch, Indonesien oder Vietnam, sagte Silberhorn.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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