Olching:Vorbild Ironman

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Schülerseminar orientiert sich an Triathlon-Langstreckenwettbewerb

Von Elisa von Grafenstein, Olching

Kurz bevor die Schwimmer die blaue Rettungsinsel erreichen, klingen leise Gesänge herüber ans Ufer. Die Jugendlichen scheinen bester Laune zu sein, trotz der 125 Kilometer, die sie am Vortag auf dem Fahrrad zurückgelegt haben, der 2,8 Kilometer, die sie geschwommen und der 18 Kilometer, die sie gelaufen sind. Innerhalb von nur zwei Tagen wollen die Olchinger Gymnasiasten im Rahmen ihres Projekt-Seminars die Distanzen des Ironman zurücklegen. Ein frischer Wind weht über den Olchinger See, das Wasser hat angenehme 22 Grad. Die Schüler hätten trotzdem gegen ein paar Grad mehr nichts einzuwenden. "Hey, das ist saukalt" mault einer von ihnen, bevor er ins Wasser springt. Wenig später scheint die Kälte vergessen. Mit kräftigen Zügen schwimmen die Jugendlichen um Sportlehrer Simon Tschochner zum Nordufer und zurück, motivieren sich mit Schlagern, Fußballliedern und Scherzen.

Die Jogger am Ufer nehmen wenig Notiz von der Gruppe. Nur eine Mutter steht auf dem Steg beim Wasserwacht-Haus und schießt Fotos. Claudia Hippe-Krafczyk ist optimistisch, dass ihre Tochter Jana den Ironman schafft. "Man macht sich schon Sorgen", räumt sie ein. Aber das Seminar sei "ein toller Ausgleich zu dem ganzen Stress in der Oberstufe".

Da kann Ulrike Girtner nur zustimmen. Die Sportlehrerin, schlank, braune Haare, sonnengebräuntes Gesicht, ist mir dem Rad vorbeikommen. Der Triathlon sei eine unglaubliche Herausforderung, Simon Tschochner "ein wahnsinnig engagierter Kollege", der einen tollen Draht zu den Schülern habe. Überhaupt sei das ganze Projekt-Seminar, bei dem die Schüler 180 Kilometer radeln, knapp vier Kilometer schwimmen und gut 40 Kilometer laufen müssen, "ein Riesending". Immerhin verbrächten Jugendliche heutzutage mehrere Stunden am Tag im Internet, statt sich zu bewegen. "Stressresistenz, Organisationstalent, Zusammenhalt - all das können sie nicht in der Theorie lernen, das müssen sie erleben."

Eine halbe Stunde später, Mittagspause im Basislager. Laute Musik schallt aus dem Essensraum, "Dabadee dabada" von Eiffel 65. In den Abiturienten-Containern am Gymnasium haben die Schüler ihr Lager aufgeschlagen. Auf den Schreibtischen stapeln sich Essensvorräte, Müsli, Bananen, Wassermelonen, Energy-Drinks und Kuchen, den Eltern und Lehrer vorbeigebracht haben. Das Restaurant "Rosmarino" spendiert die Hauptmahlzeiten. Nach einer großen Portion Nudeln sind alle zufrieden - und müde. Der erste Tag liegt noch in den Knochen. "Aber irgendwann spult der Körper einfach alles von alleine ab", sagt einer der Schüler. Es sei ein tolles Gefühl, nach einem Jahr Vorbereitung den Ironman endlich durchzuziehen, findet Estelle Bruckner. "Die Gruppe zieht einen mit, das motiviert sehr." Das Seminar hat die 17-Jährige sogar in ihrer Studienwahl bestärkt. Sie will Sportwissenschaften studieren.

Nach rund 27 Stunden kommen aber doch alle gleichzeitig im Ziel an: Die allerletzten fünf Kilometer joggen selbst die vier Schüler, die am zweiten Tag die Laufstrecken nur noch auf dem Fahrrad zurücklegen konnten, mit. "Die Stimmung war einfach super", sagt Tschochner am Tag danach. Der 33-jährige Sportler hat die Schüler auf allen Strecken begleitet und ist erleichtert, dass alles gut geklappt hat - ohne größere Verletzungen. "Ich bin total stolz auf den Kurs." Feierlaune sei am Samstagabend aber nicht mehr aufgekommen. "Wir wollten einen Film mit dem Beamer anschauen, aber nach 75 Minuten war jeder einzelne von ihnen tief und fest eingeschlafen."

Einige der Schüler wollen trotzdem noch einen Schritt weiter gehen - und mit ihrem Lehrer im Herbst den Ironman im Originalmodus machen: alle Etappen am Stück und möglichst innerhalb von 17 Stunden. Ein gutes Repertoire an Motivations-Gesängen haben die Schüler jetzt schon drauf.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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