Olching:Sportvereine sind alarmiert

Eine Nachzahlung von Rentenbeiträgen, wie sie der SV Esting leisten soll, könnte auch andere treffen

Von Julia Bergmann, Olching

Der TuS Fürstenfeldbruck hat vorsichtshalber schon die Zahlen überschlagen. Angesichts dessen, was dem SV Esting gerade passiert - 150 000 Euro Sozialversicherungsleistungen soll der Verein für seine selbständigen Übungsleiter nachzahlen - graut es auch anderen Vereinen vor dem, was möglicherweise auf sie zukommen könnte. "Bei uns wären es vermutlich rund 10 000 Euro", sagt Herbert Thoma, der Vorsitzende des TuS. Zwar könne der Verein den Betrag aus seinen Rücklagen begleichen, aber in Zukunft müsse man anders wirtschaften. "Natürlich würden dann Mitgliedsbeiträge steigen, man müsste Angebote streichen", so Thoma. "Die machen langsam die Vereine kaputt", sagt er.

Die Aufregung ist groß, denn momentan kämpfe man ohnehin schon mit Themen wie etwa der Dokumentationspflicht, die der Mindestlohn mit sich gebracht hat. Es muss etwas geschehen, da ist sich Thoma sicher. Er werde zunächst den Kontakt zum Bayerischen Landessportverband (BLSV) suchen, sagt er. "Meiner Meinung nach, wäre die Angelegenheit sogar vom Deutschen Olympischen Sportbund zu klären."

In einem Brandbrief an alle Olchinger Sportvereine, die Volkshochschule und den BLSV hat sich gestern auch Tomas Bauer, der Sportreferent der Stadt Olching, zu Wort gemeldet, um noch einmal auf das Thema aufmerksam zu machen.

Auch in Puchheim sieht man die Angelegenheit kritisch. Bereits bei einem Pressegespräch des SV Esting, bei dem Andrea Aichinger, Beisitzerin im Vorstand des FC Puchheim anwesend war, betonte sie mit welcher Entrüstung man die Nachricht aus Esting aufgenommen hat. "Man ist ja bemüht, alles richtig zu machen und das ist das Schlimme", sagt sie. Das sehen auch die Vertreter des SV Esting so. Im Verein wurde die Abrechnungspraxis so weitergeführt, wie in den Jahren zuvor. Und bei vorherigen Betriebsprüfungen habe die Deutsche Rentenversicherung die Übungsleiter als selbständig anerkannt. Das betont auch Eva Brugger, die Steuerberaterin des SV Esting.

Ein Verein, der sich kaum Sorgen machen muss, ist der TSV Unterpfaffenhofen-Germering. Pressesprecher Volker Hanf erklärt, das liege daran, dass dort vor allem Ehrenamtliche beschäftigt seien. Von etwa 300 Übungsleitern sind nur vier bis fünf selbständig. Generell ist der Ärger unter den Vorsitzenden der Sportvereine aber groß. Es haben sich bereits die ersten vier Vereinsvertreter bei Steffen Enzmann, dem Kreisvorsitzenden des BLSV gemeldet. Wie viele der etwa 150 Vereine im Landkreis selbständige Übungsleiter einsetzen, wisse auch er nicht, deshalb könne er kaum abschätzen, was noch nachkomme.

Wie viel ein Übungsleiter verdiene, sei Verhandlungssache, sagt Enzmann. Gerade weil die Verträge der Selbständigen so unterschiedlich seien, gebe es keine allgemeine Aussage des BLSV dazu, wie sich die Vereine verhalten sollen. Dennoch wolle man sich weiter mit dem Thema auseinandersetzen. "Am Freitag und Samstag finden unser Verbandstag und die Verbandsausschusssitzung statt. Ich habe das Thema auf die Tagesordnung schreiben lassen", sagt Enzmann. Jörg Ammon, Mitglied des Präsidiums des BLSV verweist in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in einem ähnlichen Fall hin. "Der betreffende Verein hatte sogar eine Zusage der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung. Im Laufe der Zeit hatte sich die Rechtsmeinung innerhalb der Deutschen Rentenversicherung geändert, eine Betriebsprüfung dies aufgegriffen und die Mitarbeiter als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer eingestuft", erklärt er. Im wesentlichen gehe es bei der Einstufung um den Freibetrag von 2400 Euro pro Jahr. Nun müsse eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob Übungsleiter als selbständig tätig oder abhängig beschäftigt eingestuft werden, sobald diese den Freibetrag übersteigen. "Die Abgrenzungsmerkmale sind extrem schwierig", sagt er.

Der BLSV nehme seine Rolle als Dachverband sehr ernst. "Wir versuchen, durch stetige Gespräche mit der Politik und den Verantwortlichen auf die besondere Situation des Ehrenamtes und der Übungsleiter auf Freibetrags- und Minijobbasis hinzuweisen. Zum anderen aber bieten wir seit Jahren Schulungen und Workshops für unsere Mitgliedsvereine an", sagt er. Dabei weise man immer auf den rechtlich sichersten Weg über die Anmeldung als abhängig Beschäftigte hin.

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