Flüchtlinge:Olchinger Ängste

400 Besucher kommen zur Diskussion um die mögliche Belegung der Gymnasiumsturnhalle mit Asylbewerbern. Dabei äußern manche Redner auch die Sorge vor Übergriffen

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Viele Menschen sind in Sorge ob der Ankunft der vielen Flüchtlinge. Vor allem wenn die Flüchtlinge das unmittelbare Lebensumfeld der Menschen berühren. Auch beim Informationsabend des Landratsamtes in der Aula des Olchinger Gymnasiums wurden die Ängste von einigen der etwa 400 Besucher formuliert. Sie befürchteten kriminelle Attacken auf Kinder, Männer und vor allem Frauen. Sexuelle Belästigung oder Sexualdelikte werden Asylbewerbern zugetraut. Entsprechende Gerüchte machen offenbar die Runde. Für ein, zwei Besucher waren Flüchtlinge per se kriminell.

Hartwin Lang, Chef der Polizeiinspektion Olching, räumte mit allen diesen Projektionen auf. "Übergriffe auf Dritte hat es nicht gegeben", teilte er mit. "Ein Sexualdelikt wurde nicht angezeigt." "Es gibt bei der Polizei eine Nachrichtensperre", rief eine Besucherin aufgeregt dazwischen. Auch das wies Lang als Gerücht zurück: "Wir geben alles an die Presse und die Medien weiter." Landrat Thomas Karmasin (CSU) sprang der Polizei bei: "Das wird im Landkreis von der Polizei überall referiert. Bitte keine Gerüchte erfinden."

Polizei Olching

Wehrt sich gegen Gerüchte, die Polizei würde etwas verschweigen: Hartwin Lang von der Olchinger Polizei.

(Foto: Reger)

Es gab an diesem Abend teilweise eine "aufgewühlte Stimmung", wie es eine Frau formulierte, doch die große Mehrheit der Anwesenden behielt klaren Kopf. Lautstarke Empörung und große Ablehnung löste die Bemerkung eines Mannes aus, dem das Abschieben von sogenannten Nichtasylberechtigten nicht schnell genug ging. "Schaffen wir die doch nach Dachau und ziehen einen Zaun herum", traute sich dieser Besucher zu sagen. Vereinzelte Forderungen nach einem Rauswurf wurden laut. Fortan blieb dieser Mann still.

Landrat Karmasin empörte sich nicht, wies aber auch an dieser Stelle darauf hin, dass alle Asylbewerber rechtsstaatlich behandelt werden. "Da legen wir großen Wert drauf", sagte Karmasin. Dafür gab es Beifall. Der CSU-Politiker musste bei einem hartnäckigen Fragensteller auch dafür herhalten, dass die Bundesregierung sich angeblich nicht an das Grundgesetz halte und Asylbewerber aus angeblich sicheren Herkunftsländern nicht schnell genug abschiebe oder erst gar nicht ins Land lasse. Auch diese Menschen hätten einen Anspruch auf rechtsstaatliche Klärung ihrer Lage, so der Landrat. In der Erstaufnahmeeinrichtung im Fürstenfeldbrucker Fliegerhorst würden Menschen aus sicheren Herkunftsländern dort bleiben und nicht auf dezentrale Unterkünfte verteilt. Martin Schuster vom Landratsamt bestätigte, dass von den momentan 1800 Flüchtlingen im Landkreis zehn Prozent aus Balkanländern stammen und fünf Prozent aus Senegal, das ebenfalls als sicher eingestuft werde. 20,8 Prozent kämen aus Afghanistan, 12,9 Prozent aus Eritrea und jeweils fünf Prozent aus Pakistan und dem Irak. 19 Prozent sind als Flüchtlinge aus Syrien gekommen, die eine Chance auf eine hundertprozentige Anerkennung als Asylbewerber hätten.

Junge Flüchtlinge

Die unbegleiteten jugendlichen Flüchtlinge, die in Olching untergebracht sind, erhalten laut Kreisjugendamtsleiter Dietmar König Deutschunterricht, ein Teil von ihnen besuche die Berufsschule. Die Beschulung oder der Deutschunterricht würden jedoch an Grenzen stoßen, weil die Bandbreite der Vorbildung von abiturähnlichen Abschlüssen einiger Syrer bis zum Analphabetentum reiche. Monika Grzesik, Asylbetreuerin der Caritas, würdigte das "Riesenengagement der Ehrenamtlichen" und hatte auch keine Kenntnis von Übergriffen auf Frauen. Beifall bekam Olchings Bürgermeister Andreas Magg (SPD), der die Anwesenden dazu aufrief, die Flüchtlings-Fußballmannschaft FC Refugees Olching mit Fußballschuhen zu unterstützen. Das Team wird von Fußballern des SC Olching trainiert und betreut. kwg

Natürlich kreisten die Fragen an diesem Abend auch um die Turnhalle des Gymnasiums, die der Landkreis im Rahmen der Notfallplanung der Regierung von Oberbayern für die Unterbringung von 150 Flüchtlingen vorbereitet hat, um im Falle "kurzfristiger Alarmierung diese schnell belegen zu können", so das Landratsamt in seiner Mitteilung von Mitte September. Karmasin beruhigte die Eltern an diesem Abend: "Vorläufig kommen keine Asylbewerber in die Halle." Direkt vor dem Gymnasium wohnen seit Anfang September 45 unbegleitete minderjährige männliche Flüchtlinge in einem Containertakt, der zuvor als Unterrichtsraum diente. Am Eingang sorgen vier Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma dafür, dass alles in geregelten Bahnen läuft. Gymnasialdirektorin Beate Sitek wandte sich entschieden gegen vereinzelte Panikmache. Eine Mutter hatte zuvor von angeblichen, offenbar lüsternen Blicken der Jugendlichen auf Schülerinnen des Gymnasiums gesprochen. Sitek deutlich: "Als Schule merken wir nicht, dass sie da sind. Eine Gefährdung für unsere Schule gibt es nicht." Dafür erhielt Sitek nachhaltigen Beifall.

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