Urteil:Ohrfeige für Olching

In seiner Urteilsbegründung rügt der Bundesgerichtshof, bei der Neuausschreibung des Stromnetzes seien Standards für Diskriminierungsschutz und Transparenz missachtet worden

Von Julia Bergmann, Olching

Seit Jahren streiten sich die Stadtwerke Olching und der Energiekonzern Eon um das örtliche Stromnetz. Nachdem der Bundesgerichtshof in Karlsruhe im Oktober die Klage der Stadtwerke auf Überlassung endgültig abgewiesen hat, liegt nun die Urteilsbegründung vor. Darin heißt es, das Vergabeverfahren, das die Stadt 2009 eingeleitet hatte, sei rechtswidrig. Der Konzessionsvertrag zwischen der Stadt und dem Olchinger Energieversorger sei deshalb nichtig. Die Stadt wird nun nicht umhin kommen, das Stromnetz erneut auszuschreiben.

In einem solchen Vertrag gewährt eine Stadt oder Gemeinde einem Versorger das so genannte Leitungsrecht - Kabel dürfen unter öffentlichen Flächen und Straßen verlegt werden - und erhält im Gegenzug Konzessionsabgaben. Kritik übt der Bundesgerichtshof vor allem an dem Auswahlverfahren, das zur Vergabe an die Stadtwerke geführt hat. Dieses sei nicht diskriminierungsfrei und transparent genug gewesen. Nachdem die Stadt 2008 ihre Absicht bekannt machte, einen neuen Vertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren abzuschließen, wurden Netzbetreiber zur Interessensbekundung aufgefordert. Allerdings, so bemängelt der Bundesgerichtshof nun, enthielt die Aufforderung keine Angaben über Vergabekriterien und Gewichtung.

Zudem sei es der Stadt damals nur um eine Beteiligung an einer kommunalen Gesellschaft gegangen, die den Netzbetrieb in Olching übernehmen sollte. Diese Vorgehensweise sei diskriminierend, weil sie den Kreis möglicher Interessenten auf kommunale Beteiligungsgesellschaften beschränkt habe.

Falk-Wilhelm Schulz, Geschäftsführer der Olchinger Stadtwerke, zeigte sich von der nun vorliegenden Urteilsbegründung wenig überrascht. Gegenüber der SZ strich er am Montag aber die großen Unterschiede im Vergleich zu den in erster und zweiter Instanz gefällten Urteilen heraus. Die beiden ersten Gerichtsinstanzen hatten kritisiert, dass in dem Vertrag Vorteile zu Gunsten der Stadt Olching vereinbart wurden. Dies habe der Konzessionsabgabeverordnung widersprochen. Der Bundesgerichtshof habe diese Tatsache jedoch anders bewertet, so Schulz. Er betont zudem, dass die Stadtwerke sich an einer erneuten Ausschreibung wieder beteiligen werden. Dieses Mal mit einer tadellosen Bewerbung.

Olchings Bürgermeister Andreas Magg (SPD) will sich momentan noch nicht zu der Urteilsbegründung äußern. Das Schriftstück liege der Stadt erst seit Kurzem vor und werde derzeit noch begutachtet. Die CSU-Fraktion im Stadtrat hingegen sieht sich vom Bundesgerichtshof in ihrer politischen Haltung bestätigt. Im Stadtrat hatte sich die CSU bereits bei der Gründung der Stadtwerke Olching dafür ausgesprochen, eine Kooperation mit Eon einzugehen, da der Konzern bereits damals im Besitz des örtlichen Stromnetzes war. Ein Übergang des Netzes auf eine neue Gesellschaft wäre viel leichter vonstattengegangen, wenn Eon Miteigner dieser Gesellschaft gewesen wäre, behauptet die CSU-Fraktion.

Weil SPD, Grüne und FWO diesen Vorschlag abgelehnt hatten, sei es überhaupt erst zu dem Rechtsstreit gekommen. So kritisiert CSU-Fraktionsvorsitzender Tomas Bauer: "Wegen der einseitigen Politik von Grünen, SPD und FWO haben die Olchinger Stadtwerke keine Stromkonzession, kein Stromnetz und können deshalb keine Dividende zahlen. Ganz zu schweigen von der halben Million Euro verlorener Prozesskosten." Bauer wirft den übrigen Parteien im Stadtrat vor, ihre Entscheidung aus rein ideologischen Gründen getroffen zu haben - hatten diese eine mögliche Kooperation doch mit dem Argument abgeschmettert, Eon betreibe nach wie vor Kernkraftwerke. Welche Art von Strom aber durch das Netz fließe, entscheide ohnehin nicht die Stadt oder der Netzbetreiber, sondern der Kunde.

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